Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
jemals verreisten. Das grüne Buckinghamshire reichte ihnen vollkommen. Doch sie liebten Sendungen über ferne Länder, besonders wenn dort irgendwelche unglückseligen Touristen gestrandet, von einem exotischen Virus infiziert, ausgeraubt oder - das gefiel ihnen am allerbesten - in einem schlecht belüfteten Hotelzimmer erstickt waren.
Reg legte die Zeitschrift beiseite und trat dann, wie es bei mildem Wetter seine Gewohnheit war um diese Zeit, durch die Verandatür in den Garten. Dort schlenderte er ein wenig umher, bis er dann Punkt sechs Uhr zu den Nachrichten und der (außer wenn sie Spätdienst hatte) ebenso pünktlichen Rückkehr ihrer Tochter Brenda wieder ins Haus kam.
Es war ein schöner Abend. Ein zarter Luftzug umspielte Regs rundliche Wangen und den steifen kleinen Schnurrbart. Ihm fehlte nur noch eine Pfeife aus Kirschholz und ein kupferroter Spaniel an seiner Seite, und er hätte ohne Zweifel einem Metroland-Poster entsprungen sein können.
Die Klematis der Nachbarn wucherte üppig über das Spalier hinaus und rankte auf der Seite der Brockleys wieder herunter. Reg und Iris hatten schon zahlreiche gewichtige Diskussionen über diese Pflanze geführt, obwohl sie sich natürlich jeden Kommentars den Nachbarn gegenüber enthalten haben. Das würde ja bedeuten, daß sie sich einmischten, und das kam überhaupt nicht in Frage. Eine Bemerkung über das Wetter, ein kurzes Lamentieren über den zunehmenden Vandalismus im Dorf, ein knappes, halbherziges Kompliment über den nachbarlichen Garten - darüber ging die Kommunikation zwischen den Hollingsworths und den Brockleys nicht hinaus.
Wenige Schritte von Reg entfernt wurde ein Türknauf gedreht, und jemand trat auf die Veranda. Vom Geräusch her nahm er an, daß es Alan sein mußte. Obwohl er als erster dort gewesen war, versetzte Reg sich sofort in die Rolle des unsichtbaren Lauschers. Er stand ganz still, atmete leise durch den Mund und hoffte, daß er nicht schlucken müßte.
Hollingsworth begann in einer Stimme, die Reg merkwürdig heiser erschien, nach Nelson, dem Kater, zu rufen. Als ob er erkältet wäre.
Reg schlich auf Zehenspitzen zurück ins Haus, um diese Information an Iris weiterzugeben. Sie war genau so erstaunt wie er, denn es war allgemein bekannt, daß Alan sich noch nie um das Tier gekümmert hatte, seit es da war. Simone hatte Mitleid mit dem getigerten Kätzchen gehabt, als sie es vor fast einem Jahr verlassen aufgefunden hatte. Sie hatte es gefüttert und gebürstet und mit sanften Rufen und Pfiffen jeden Abend wieder ins Haus gelockt. Die Brockleys unterhielten sich noch über die ungewöhnliche Begebenheit, als Brenda eintraf.
Während sie mit ihrem dunkelbraunen Mini Metro am Küchenfenster vorbeifuhr, um auf dem überdachten Einstellplatz zu parken, legte Iris ihre Rüschenschürze an, nahm einen Käsetoast von Marks & Spencer aus dem Ge-frierschrank und schaltete die Mikrowelle an.
Für Iris waren Fertiggerichte ein Segen. Sie war sich stets ihrer Pflicht als Hausfrau und Mutter bewußt gewesen und hatte sich bemüht, regelmäßig warme, schmackhafte Mahlzeiten auf den Tisch zu bringen. Dennoch mußte sie während ihres gesamten Ehelebens mit sich kämpfen. Sie hatte hochwertige Fleischstücke (niemals Innereien) gewaschen und Fische so lange abgespült, bis das Wasser klar war. Sie hatte sich gezwungen, Plätzchen zu backen, obwohl das Fett unter ihre Fingernägel geriet, und obwohl sie auch nach stundenlangem Schrubben noch überzeugt gewesen war, daß gewisse Rückstände blieben.
Als sie nun das kleine Aluminiumblech aus der Verpackung mit der verführerischen Abbildung rutschen ließ, dachte sie, wie äußerst angenehm doch tiefgefrorene Nahrungsmittel waren. Von einer glitzernden Kruste keimfreier Kristalle zusammengehalten, trieften und rochen sie nicht und mußten auch nicht irgendwie bearbeitet werden, sondern wurden rasch, wie durch Zauberei, in ein erfrischendes, schmackhaftes Gericht verwandelt. Iris zerschnitt eine Tomate, um ein paar Vitamine dazuzugeben, und setzte den Kessel auf.
Brenda betrat das Haus und lief flink nach oben. Niemals wich sie von ihren Gewohnheiten ab. Sie hängte ihren Mantel in den Schrank, kämmte ihre Haare und wusch sich die Hände. Shona, ein weißer Pudel, der in einem Korb zwischen Waschmaschine und Kühlschrank sein Dasein fristete, fing freudig an zu winseln, als die wohlbekannte Routine begann. Als die Toilettenspülung ging, wärmte Iris
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