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Inspector Jury besucht alte Damen

Inspector Jury besucht alte Damen

Titel: Inspector Jury besucht alte Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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zugänglicher würde, wenn er seinen Whiskey etwas auffrischte (wozu er Sodawasser nahm).
    Er ließ sich wieder auf dem kühlen, weißen Sofa nieder, das wie Diane Demorney außerstande wirkte, Körperwärme zu speichern, und fragte: «Was ist also mit seiner Frau?»
    Sie wandte sich mit einem Achselzucken ab. «Du liebe Zeit, Sie haben sie doch gesehen.»
    Mit anderen Worten, man brauchte Hannah Lean nur einmal anzusehen, und schon wußte man, warum ihr Mann fremdging «Sie ist nett; sie ist attraktiv.»
    Attraktiv? Ihr Glas verharrte auf halbem Weg in der Luft, dann schwenkte sie es leicht und tat die Bemerkung ab, als könnte einem Jury wegen seines Geschmack in bezug auf Frauen leid tun. «Sie kauft ihre Kleider vermutlich bei Army and Navy.»
    «Mmm.»
    «Der einzige Grund, daß sie Simon gekriegt hat, war ihr Vermögen. Sie hat Geld wie Heu.»
    Ob ihr nie der Gedanke gekommen war, daß auch sie ihn nur aus einem einzigen Grund gekriegt hatte, nämlich des Geldes wegen?
    «Sie sind mir auch noch eine Erklärung schuldig. Was haben Sie vorhin eigentlich mit Heimlichkeiten gemeint?» Sie warf ihm einen bedächtigen Blick zu. «Ich hatte den Eindruck, daß Sie mich der Geheimniskrämerei bezichtigten, falls das Wort noch gängig sein sollte. Sind Sie verheiratet, Superintendent?»
    «Würde es Sie stören, wenn Sie nicht die einzige Frau in seinem Leben gewesen wären? Abgesehen von seiner Frau, meine ich.» Bislang wußte Jury von drei Frauen in Simon Leans Leben. Zweifellos gab es mehr. Wie viele Frauen, überlegte er, braucht ein Mann? Alles was er wollte, war eine einzige.
    «Er könnte etwas mit Joanna der Wahnsinnigen gehabt haben, was weiß ich.»
    «Sie meinen Joanna Lewes? Wie kommt sie zu diesem eigenartigen Attribut?»
    Man merkte, daß sie es unendlich genoß, diese bruchstückhaften Informationen preiszugeben: die Augenbrauen hochgezogen, verharrte sie mit dem Glas an ihren Lippen. «Natürlich wegen ihres Ex-Mannes, wegen Philipp. Philipp von Spanien. Haben Sie etwa noch nie von ihm gehört? Der trieb seine Königin Joanna in den Wahnsinn. Sie selbst hat sich so genannt.»
    Man konnte fast glauben, sie hätte Geschichtsbücher gelesen, was Jury aber bezweifelte.
    «Warum lächeln Sie, Superintendent? Und das auch noch strahlend, möchte ich hinzufügen. Dieses Lächeln muß doch die Frauen absolut verrückt machen. Eine Antwort habe ich auch noch nicht bekommen. Sind Sie nun verheiratet? Oder leben Sie nur mit jemandem zusammen?»
    «Wie kommen Sie darauf?»
    «Wären Sie es nicht, würde ich mich für meine Geschlechtsgenossinnen sehr schämen. Also, was Simon angeht – tja, da hätte ich Ihnen wohl lieber mit einem Taschentuch vor den Augen und im alten Bademantel die Tür aufmachen sollen – die Geliebte, die vor Gram von Sinnen ist, die man außen vor läßt, die ihren Kummer allein tragen muß. Verdammt und zugenäht, so sehr mochte ich den Typen auch wieder nicht. Und nein, es würde mir auch nichts ausmachen, wenn er tatsächlich andere gehabt hätte; die Virilität dazu hatte er weiß Gott. Ihr Blick gefällt mir nicht. Obwohl Ihr Anblick mir durchaus gefällt. Glauben Sie, daß ich lüge?»
    «Wenn ja, dann kriegen Sie es bildschön hin.»
    «Ah. Solange ich etwas bildschön hinkriege, ist mir ziemlich egal, was ich kriege.»
    Jury beugte sich vor und drehte – liebkoste beinahe – den Krug. «Und Mord? Würden Sie den auch bildschön hinkriegen?»
    Wenn sie die Luft anhielt, dann nicht etwa aus Angst, das wußte er, sondern weil ihr die Starrolle zusagte.
    «Eins ist sicher, ich würde niemanden in einen Empire-Klappsekretär stopfen.»
    «Secrétaire à abattant.»
    «Wie?»
    «Kein Klappsekretär.»
    Das schien sie zu belustigen. «Ich verstehe durchaus etwas von Antiquitäten.»
    «Ich auch.» Um Jurys Mundwinkel zuckte es. Vielleicht war sie seicht und dumm, aber er entwickelte allmählich eine perverse Zuneigung zu Diane Demorney. «Wie würden Sie es also anstellen?»
    «Das hängt ganz von den Umständen ab.» Sie zog die Zigarette aus der Spitze.
    «Die Umstände sind vorgegeben.»
    «Simon? Welches Motiv hätte ich wohl –»
    «Die Rede ist nicht von Motiven, sondern nur davon, wie Sie es machen würden.»
    «Belaste ich mich damit?»
    Sollte er etwa sagen, ja, aber fahren Sie ruhig fort?
    «Nein. Ist doch nur ein Spiel.»
    «Ha! Wenn Sie mich fragen, dann haben Sie zum letztenmal gespielt, als Sie fünf waren.» Sie lehnte sich zurück und blickte zur Decke, als sei sie tief

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