Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
Irgendwo brannte immer Licht. Er nippte an seinem Drink, ohne sich zu beeilen, und hörte den Stones zu: Black and Blue . Schwarze Einflüsse, Blues-Einflüsse, kein großes Stones-Album, aber vielleicht ihr entspanntestes.
Allan Mitchison lag in einem Kühlschrank in Cowgate. Er war an einem Stuhl festgezurrt gestorben. Rebus wusste nicht, warum. Pet Shop Boys: »It's a Sin«. Überleitung zu den Glimmer Twins: »Fool to Cry«. Mitchisons Apartment hatte sich in mancher Hinsicht gar nicht so sehr von Rebus'
Wohnung unterschieden: wenig benutzt, eher ein Stützpunkt als ein Zuhause. Er kippte seinen Drink hinunter, goss sich einen neuen ein, kippte auch den hinunter und zog die Steppdecke vom Boden hoch, bis unters Kinn. Wieder ein Tag rum.
Er wachte ein paar Stunden später auf, blinzelte, stand auf und ging ins Bad. Duschen und rasieren, frische Sachen anziehen. Er hatte von Johnny Bible geträumt und dabei alles mit Bible John durcheinander gemischt. Am Tatort Bullen in knackengen Anzügen, schmalen schwarzen Schlipsen, weißen Nylonhemden, Deckeln wie Gene Hackman in French Connection . 1968, Bible Johns erstes Opfer. Für Rebus bedeutete das Van Morrison, Astral Weeks . 1969, Opfer zwei und drei; die Stones, Let It Bleed . Die Jagd setzte sich bis 1970 fort. John Rebus wäre gern zum Festival auf die Isle of Wight gefahren, schaffte es aber dann doch nicht. Aber natürlich war Bible John mittlerweile verschwunden gewesen ... Er hoffte, Johnny Bible würde sich einfach verpissen und krepieren.
In der Küche gab es nichts zu essen, nichts als Zeitungen. Der nächste Tante-Emma-Laden hatte dichtgemacht; zum nächsten richtigen Lebensmittelgeschäft war es auch nicht viel weiter zu laufen. Nein, er würde irgendwo unterwegs halten. Er sah aus dem Fenster, und da parkte ein hellblauer Kombi in zweiter Reihe und blockierte gleich drei Autos. Im Fond alles mögliche Gerät, auf dem Bürgersteig zwei Männer und eine Frau, die Kaffee aus Pappbechern schlürften.
»Scheiße«, sagte Rebus, während er sich den Schlips band.
Rein ins Jackett, raus auf die Straße und in die Fragestunde. Der eine der Männer wuchtete sich gerade eine Fernsehkamera auf die Schulter. Der andere Mann redete los.
»Inspector, hätten Sie einen Augenblick Zeit? Redgauntlet Television, The Justice Programme.« Rebus kannte den Typ: Eamonn Breen. Die Frau war Kayleigh Burgess, die Produktionsleiterin der Sendung. Breen war Autor und Moderator, selbstverliebt, OBS: Oberarsch, wie er im Buche steht.
»Der Spaven-Fall, Inspector. Nur ein paar Minuten, um mehr bitten wir Sie gar nicht, nur um unsere Zuschauer ins Bild zu setz-«
»Da bin ich schon.« Rebus sah, dass die Kamera noch nicht aufnahmebereit war. Er drehte sich rasch um, dass er fast Nase an Nase mit dem Reporter stand. Er dachte an Macken-Minto, und wie er »Schikane« geflüstert hatte, ohne überhaupt zu wissen, was das war - jedenfalls nicht so, wie es Rebus wusste.
»Sie werden denken, Sie liegen im Kreißsaal«, sagte er.
»Bitte?«
»Wenn die Chirurgen Ihnen diese Kamera wieder aus dem Arsch rausholen.« Rebus riss einen Strafzettel von seiner Windschutzscheibe, schloss den Wagen auf und stieg ein. Die Fernsehkamera war endlich soweit, aber alles, was sie aufs Band bekam, war ein ramponierter Saab 900, der sich im Rückwärtsgang mit Vollgas entfernte.
Rebus hatte an dem Morgen eine Besprechung mit seinem Chef, Chief Inspector Jim MacAskill. Das Büro des Chefs sah genauso chaotisch aus wie die ganze Wache: Umzugskartons, die noch darauf warteten, voll gepackt und beschriftet zu werden, halb leere Regale, uralte grüne Aktenschränke, in deren aufgezogenen Schubfächern Raummeter von Schriftstücken lagerten, die man in einem Anschein von Ordnung würde wegschaffen müssen.
»Das schwierigste Puzzle der Welt«, sagte MacAskill. »Dass alles seinen Bestimmungsort unversehrt erreicht, ist ebenso wahrscheinlich, wie dass die Raith Rovers den UEFA-Cup gewinnen.«
Der Chef, groß, gut gebaut und jünger als Rebus, war wie er ein Fifer, geboren und aufgewachsen in Methil, als die Werft noch Schiffe gebaut hatte und keine Ölbohrinseln. Sein Handschlag fühlte sich ziemlich schlapp an, und er war noch nie verheiratet gewesen, was zu den üblichen Gerüchten geführt hatte, der Chef sei vom anderen Ufer. Das kümmerte Rebus nicht weiter - er hatte persönlich keine Probleme damit -, aber er hoffte, dass der Chef, falls er tatsächlich schwul sein sollte, keine Schuldgefühle
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