Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen
betrifft.«
Ihre dunklen Augen waren tränenfeucht, als er ihr den Rest erzählte. Er versuchte, diesem Blick auszuweichen, verlor sich aber bald wieder in ihren dunklen Tiefen.
Sie schienen nicht länger Informationen auszutauschen, sondern etwas ganz anderes. Jury hielt mittendrin inne und sagte: »Was machen wir jetzt?«
»Gehen.« Lu schob den Riemen ihrer Tasche über die Schulter. Sie wollte gerade aufstehen, als Jury sie mit der Hand auf ihrer Schulter davon abhielt.
»Lu …«
»Pass auf, Richard, wenn du möchtest, können wir auch hier sitzen bleiben, bis der Klub zumacht, und dann gehen. Es ist egal, wir würden so oder so am gleichen Ort landen.« Sie stand auf. »Ich weiß, du hast Angst – aber nicht wegen der Arbeit, wegen des Falls, und ob alles professionell abläuft.« Sie machte einen Schritt und blieb stehen, als sie sah, dass er sich nicht rührte. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter. »Richard, das weiß ich doch alles, weil ich mich auch so fühle. Aber irgendwie kann ich nichts dagegen machen. Ich konnte gleich damals nichts dagegen machen, als ich dort im Zetter ins Zimmer kam. Und du kannst auch nicht anders. Wenn ich an Schicksal glauben würde, würde ich sagen, das ist es.«
»Du glaubst aber nicht, dass es Schicksal ist.«
»Ich glaube, wir können da nichts machen. Entscheidungsfreiheit ist einen Dreck wert.«
Er stand auf, warf etwas Geld auf die Theke – es war immer noch keiner gekommen, um es in Empfang zu nehmen – und ging mit ihr hinaus.
Schweigend gingen sie vom Dust zum St. James’ Green. Als sie vor seinem Wagen standen, warf Lu die Arme um ihn und umarmte ihn stürmisch. »So, schon besser.«
»Hm, hm. Bloß eins, könnten wir diesmal den Geräuschpegel etwas reduzieren? Meine Nachbarin von unten meinte, es hörte sich an, wie wenn die Möbelpacker immer wieder Sachen fallen lassen.«
Das Gesicht an seine Schulter gepresst, sagte sie: »Das warst du, du hast das Beistelltischchen und die Lampe umgeschmissen.«
»Na, von wegen.« Er gab ihr einen ziemlich langen Kuss.
Die Wohnzimmermöblierung blieb intakt und unberührt, bis auf das Sofa. Jury hatte sie beim Betreten der Wohnung so fest gegen die Rückenlehne des Sofas gedrückt, dass sie beide fast umkippten.
Danach gab es nur noch das Schlafzimmer – und das kaputte Nachttischchen, die kaputte Lampe, die zerrissene Jalousie, den umgekippten Papierkorb, vom Schreibtisch rutschende Autoschlüssel, Kleingeld und Kamm, ganz zu schweigen von der zerknüllten Bettwäsche und den Laken, die sich verdreht in der Bettmitte auftürmten, als wären sie aus einem Geysir hochgeschossen. Ein einziger Sturm!
Völlig erschöpft sanken sie schließlich aufs Bett zurück.
Jury schlief sofort ein.
Auch diesmal hörte er sie nicht weggehen. Auch diesmal war die ausgelegte Spur ihrer Kleider wieder eingesammelt worden, Stück für Stück.
Er hatte das traurige Gefühl, dass er sie ohne diese ausgelegte Spur womöglich nie wieder auffinden könnte.
40
Wehmütig betrachtete Father Martins längliches, betrübtes Gesicht Jury am nächsten Morgen, als sie neben dem Altar standen. »Ich freue mich, Sie wiederzusehen, Superintendent, doch es hat sich nichts geändert.«
Der Priester war noch im Messgewand, nachdem er soeben an einem kleinen Mädchen die Taufe vollzogen hatte. Aus den hinteren Regionen der Kirche hatte Jury dabei zugesehen. Bei der Berührung mit Wasser hatte das Baby laut geweint. Danach war die Kleine rasch zurück in die Arme ihrer Mutter gekommen, die sie nun auf und ab wiegte. Der Vater schaute ungerührt und unbeteiligt zu.
»Ich bin immer noch neugierig, Father, was an dem Abend war, als Sie mit mir und meiner Freundin unverhofft zusammenstießen.«
»Ich dachte, das hätten wir schon geklärt.«
»Geklärt? Das glaube ich nicht. Waren Sie gar nicht aus dem Dust, sondern vom Zetter gekommen? Die liegen ja ziemlich nah beieinander.« Jury merkte, dass Martin versuchte, seine Antworten nacheinander wie Scherben eines zersplitterten Spiegels zusammenzusetzen. Er wusste, dass er ihn nicht reparieren konnte. Bestenfalls konnte er erwidern: »Das ist wohl richtig.«
»Sie sind sich also nicht sicher?«
Irritiert meinte Father Martin: »Doch, natürlich bin ich mir sicher. Ich glaube, ich habe mich einfach nur in den Zeiten geirrt. Ich hatte im Zetter zu Abend gegessen. Es ist ziemlich bekannt für seine Küche.«
»Allein?«
»Ja. Es ist recht kostspielig. Ich esse nicht oft dort.«
»War das,
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