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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
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Martha, seine Köchin, zum Beispiel, sollte sich angewöhnen, für seine Tante nur im Laden gekaufte Feenküchlein auf dem Teetablett zu kredenzen. Mr. Blodgett, sein Eremit, sollte sich angewöhnen, immer dann am Wohnzimmerfenster aufzutauchen, wenn seine Tante zugegen war. Aghast, sein Ziegenbock, und Aggrieved, sein Pferd, sollten sich angewöhnen, seinem Erscheinen mit Karotten freudig entgegenzusehen.
    Und sein kleiner Freundeszirkel … ah ja, die sollten sich – gewohnheitsmäßig – um elf und um sechs im jack and Hammer versammeln.
    Und Theo Wrenn Browne sollte sich angewöhnen, ein Trottel zu sein.
    Die Liste ging weiter. Erst als die gute Mrs. Jessup es besonders hervorgehoben hatte, war ihm aufgegangen, was für eine große Rolle die Gewohnheit in seinem Leben spielte. O ja, die Gewohnheitsmäßigkeit war eine Tugend, solange sie nicht seine Tugend war. »Sie haben ganz recht, Mrs. Jessup, wohl wahr, wohl wahr …«
    Sie lächelte zum ersten Mal, seit das nervige Kind ihre Banbury-Törtchen und Eccles-Kuchen und mit Mandelpudding gefüllten Torteletts in der Gegend herumgeschmissen hatte.
    Er nahm sich ein Rosinenbrötchen und trat zum Fenster hinüber, das auf die weitläufige Rasenfläche hinausging. Es hatte aufgehört zu regnen, und der graue Nachmittag ließ den Garten schön und zugleich trostlos erscheinen. Die leuchtend rote Trompetenblume, die Rosen, der Jasmin, die miteinander die hohe alte Backsteinmauer hinankletterten, die Blumenbeete mit Lilien und Lavendel als Raseneinfassungen, dazu Bäume, Gesträuch und hohe Hecken: kein Wunder, dass Henry James so gern hier gelebt hatte, was für eine vollkommene, friedliche Stille für einen Schriftsteller!
    Er hielt den Blick nach draußen gerichtet. »Bestimmt hat Billy Maples diesen Flecken Erde sehr geliebt.«
    »Anscheinend schon, das ist wahr.«
    »Sehr seltsam, aber niemand kann sich vorstellen, weshalb er sich hier eingemietet hat. So ein städtisch orientierter junger Mann wie er und vergräbt sich in diesem Dorf?«
    »Na, weil er eben Henry James so gern mochte.«
    Überrascht wandte Melrose sich um und sah, dass sie den Kuchenteig ausgewellt hatte und nun die Apfelfüllung daraufgab, die sie zusammengemischt hatte.
    »Tatsächlich?«
    »Den hat er doch gelesen. Ständig las er eins von diesen Büchern. Wenn ich ihm das Frühstück oder den Nachmittagstee brachte, immer saß er mit einem Buch von Henry James da. Er sagte mir, seine drei größten Bücher hätte Henry James hier geschrieben. Ich weiß auch nicht … war eins davon Die goldene Schüssel ?«
    Mrs. Jessup schien aus dem gleichen Holz geschnitzt wie Diane Demorney. »Die goldene Schale« , sagte Melrose.
    »Ja, das ist es. Und dann noch zwei andere. Wie hießen die gleich?«
    » Die Flügel der Taube und Die Gesandten. «
    Sie drückte die Ränder des Kuchenbodens fest. »Einmal sagte er, so sind sie, so sind Familien. Intrigant und gemein.«
    »Meine Güte, das ist ja ziemlich scharf ausgedrückt. Glauben Sie, er meinte damit seine eigene Familie?«
    Sie lachte kurz und abrupt. »Aber klar doch!«
    »Sind Sie einem von denen einmal begegnet?«
    »O ja. Die Sorte kennen Sie doch: Denen fliegt alles im Schlaf zu, verwöhnt, reich, überheblich …« Und wieder war sie nicht zu bremsen. »Billy, muss ich schon sagen, war furchtbar verwöhnt. Manches hat er gegessen, das meiste aber nicht. Hat sich mit manchen abgegeben, mit anderen nicht. Ich wurde nicht schlau aus dem Jungen, so launisch, wie der war.« Sie kicherte.
    Nun, immerhin war ihre gute Laune wiederhergestellt, stellte Melrose erfreut fest. »Die beiden, also er und Mr. Brunner, waren doch mal bei dieser Tomatenwerferei – so ein Blödsinn, finden Sie nicht? – in dieser kleinen Stadt in Spanien. Sie wissen schon, wo man stundenlang Tomaten schmeißt, bis alle vollgekleckert sind.« Sie kicherte erneut. »Solange er lebte, wollte er nie wieder eine Tomate sehen. Ich durfte nicht mal Spaghetti machen – ich selber liebe ja Spaghetti, was ich von den meisten italienischen Gerichten nicht behaupten kann.« Sie schüttelte den Kopf und kicherte wieder. »Tomaten werfen. Können Sie sich vorstellen, dass Erwachsene ihre Zeit mit so was Läppischem verbringen?«
    »Ach, ich weiß nicht –«
    Sie unterbrach seine Tomatengrübelei. »Am schlimmsten war die Großmutter. Man hätte meinen können, sie wäre die Königin. Hat sich aufgeführt, als wäre er ihr Eigentum – na ja, seine Mutter war ja tot, also, Mr. Rodericks

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