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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
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triumphierend als vielmehr zur Einschüchterung gedacht. Du stellst dich besser gut mit mir, du Trottel. Sie wandte sich wieder dem Buch zu.
    Mr. Babcock sagte: »Was is denn das alles?« Er betrachtete die Karikatur von Henry James, gezeichnet von Cruikshank.
    »Ziemlich gut, nich?« Mr. Babcock hörte sich viel eher nach Tyne & Wear-Distrikt an als nach King’s Lynn. Er beugte sich so dicht über das Glas, dass es ganz beschlagen wurde. »Sagen Sie mir«, bat Melrose, »was interessiert Sie denn an Henry James ganz besonders?«
    Mr. Babcock fuhr zurück. »Mich? Ach, mich doch nich. Die Frau, die wollte herkommen. Mildred hat sich in Kopf gesetzt, sie muss alle hochherrschaftlichen Häuser besuchen, von allen berühmten Leuten die Häuser, und alle Denkmäler, alle Porträts, alle Statuen aus Bronze, Wachs oder Holz, alle Blumen in der Chelsea-Blumenschau. Und Buch führt sie drüber. Na, Sie verstehen.«
    Und ob Melrose verstand! »Ich bin ja schon erschöpft, wenn ich bloß die Auflistung höre«, erwiderte er.
    Mr. Babcocks Lachen klang wie Gebrüll, glücklicherweise leicht gedämpft.
    »Also, wirklich, Bob«, sagte Mrs. Babcock. Sie besaß ein verkniffenes kleines Frettchengesicht und bediente sich dieser gequält präzisen Diktion, wobei Mund und Wörter wie eine Reihe von Häkchen und Ösen an einem straffen Mieder aufeinandertrafen. »Und hat Mr. James seine Erdentage hier beschlossen?«
    »Nein«, versetzte Melrose ziemlich erschüttert, dass hier mit dem Tod des Autors begonnen wurde. »Nein, er starb in London, in seinem Haus am Cheyne Walk.«
    »War er denn so beliebt wie Mr. Dickens?«
    Nicht nur mit seinem Tod, sondern auch mit seiner Konkurrenz! »Oh, nein. Charles Dickens war der beliebteste Schriftsteller seiner Zeit. Eigentlich der beliebteste Schriftsteller auf der Welt. «
    »Darum kommt er auch immer im Fernsehen.«
    »Oh«, sagte Melrose, mit einer generösen Armbewegung den gesamten Raum umfassend, »Mr. James aber auch!«
    Wieder wurde dieser starre Blick auf ihn gerichtet. »Was denn, welches Buch war im Fernsehen? War’s eine Miniserie?«
    »Nun« – das musste es sein – »Die Drehung der Schraube.« Als sie ihn mit einem verständnislosen Blick bedachte, sagte er: »Ach, Sie erinnern sich bestimmt, da spielten doch diese beiden entsetzlichen Kinder mit.« Er wollte es schon weiter ausbreiten, stellte mittendrin jedoch fest, dass Minnie gar nicht da war, um es zu hören. »Wo ist denn Ihre Tochter?«
    Minnie war verschwunden. Wie lange war sie schon weg?
    Das war Mrs. Babcock aber anscheinend egal, sie grübelte über die Sache mit dem Fernsehen nach.
    Mr. Babcock wirkte doch etwas beunruhigt. »Na, wo is jetzt das Mädel wieder hin?«
    Die Antwort kam wie ein Donnerschlag. Klappern, Lärm von einer wahren Lawine aus Töpfen und Pfannen und Geschirr.
    »Die Küche!«, rief Melrose aus, der den Weg zeigte, Minnies Vater ihm dicht auf den Fersen.
    Mrs. Jessups Gesicht war dermaßen blut- und wutgetränkt, dass Melrose schon fürchtete, sie würde gleich einen Schlaganfall bekommen. Was da umgekippt war, war ein Kuchentisch, auf dem Kuchenformen, Plätzchenbleche, Schüsseln und Teller gestanden hatten, die zuvor alle voll gewesen waren und nun sämtlich auf dem Fußboden lagen. Minnie hatte den Mund voller Kuchenkrümel und Schokoladenglasur.
    »Ah, so was habe ich ja noch nie erlebt! Dabei wollte ich sie Ihnen bloß vom Leib halten mit Tee und Kuchen, und da richtet sie mir das hier an!« Mit ausgestrecktem Arm deutete die Köchin auf den Trümmerhaufen. »Alle meine schönen Kuchen und Torten auf dem Boden! Vom Tisch gewischt hat sie alles und dann den Tisch auch noch umgekippt!«
    »Oje, oje«, sagte Minnies Vater.
    Minnie selbst schien das alles jedoch völlig kaltzulassen.
    Mr. Babcock trat auf sie zu, riss sie am Arm und bugsierte sie rasch aus der Küche, nicht ohne sich bei der Köchin wortreich für das abscheuliche Verhalten seiner Tochter zu entschuldigen.
    Melrose richtete den Tisch wieder auf, während Mrs. Jessup unentwegt den Kopf schüttelte. »Ein Teufel, Lord Ardry, anders kann man es nicht sagen.«
    »Ich bin gleich wieder da«, sagte Melrose und verließ die Küche, um sich zum vorderen Teil des Hauses zu begeben. Dort hörte er Mrs. Babcock sagen: »… hätte das Kind doch nicht mit Kuchen füttern dürfen, wo ihr Blutzucker sowieso schon verrückt spielt … na, ist doch kein Wunder!«
    Melrose trat hinter ihr hervor. »Blutzucker?«
    Mrs. Babcock fuhr herum und

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