Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen
ging wieder hinein.
Lu machte gerade den Mund auf, um etwas zu sagen, als ihr Handy klingelte. Sie hörte stirnrunzelnd zu, bedankte sich mit tonloser Stimme, klappte das Gerät zu. »Das war das Labor. Die DNA braucht eine Woche. Mindestens.« Sie seufzte tief und lehnte sich gegen die Wand.
»Snow war’s, der hat das Sandwich gegessen«, sagte Jury. »Keiner sonst hätte es tun können. Keiner sonst hätte es tun wollen. Das erklärt auch das Jackett. Billy zog es nicht aus, weil er gar nichts gegessen hat. Jetzt müssen wir aus Snow nur noch ein Geständnis herausprügeln.«
»Ist das alles?« Sie lächelte matt und stieß sich von der Wand ab. »Ich habe schon ein paar Mal Ärger gekriegt wegen der Art, wie ich Verdächtige behandle, Teller auf ihrem Kopf zerbrochen, so in der Art, weißt du –« Sie zuckte die Achseln. »Trotzdem ist es natürlich noch ein langer Weg vom Essen verspeisen bis dahin, einen Menschen zu erschießen.«
»Was für einen Grund könnte Snow bloß gehabt haben, das Zeug zu essen, außer dem, dass es so aussehen sollte, als hätte Billy es gegessen?«
»Dafür haben wir aber noch keine Beweise.«
»Das weiß der aber nicht, oder?«
Eine Wachtmeisterin streckte diesmal den Kopf zu ihnen heraus. »Anruf für Sie, Superintendent.«
Jury nahm den Hörer. »Jury.«
»Gott!«, jammerte Melrose Plant.
»Nicht direkt, aber schießen Sie los.«
»Ich hatte jetzt fünfzehn von Ihren Spießgesellen an der Strippe, bis Sie endlich dran waren. Wieso so umständlich –?«
»So ist nun mal das Leben als Privatdetektiv, Digby. Und … gute Nachrichten?«
»Ja. Was ich allerdings nicht verstehe, wieso wissen Sie das nicht? Überprüfen Sie Ihre Verdächtigen und so weiter eigentlich gar nicht?«
»Wieso wir was nicht wissen? Was denn?«
»Gilbert Snow ist der Bruder von Billys Köchin.«
Jurys Mund ging auf, doch er sagte zunächst gar nichts. Dann: » Was? Die Jessup ist seine Schwester ?«
»So ist das normalerweise: Wenn er ihr Bruder ist, dann ist sie seine Schwester. Unweigerlich.«
Was , formulierte Aguilar stumm.
»Wie zum Teufel kann Angela Riffley das wissen?«
»Na, wie schon: Sie ist doch die talentierte Mrs. Ripley.«
»Danke.« Jury legte auf und sagte zu Lu: »Ich glaube, jetzt haben wir unsere Verbindung zwischen Snow und dem Opfer.« Er sagte es ihr.
Sie starrte ihn fassungslos an und stand immer noch wie angewurzelt da, als er wieder in den Verhörraum ging.
»Na los, Inspector. Zerschmeißen wir ein paar Teller.«
Snows Gesichtsausdruck war, als Aguilar ihm gegenüber Platz nahm, immens herablassend. Das Fräulein Spürnase. Paahh! Er musterte sie von oben bis unten und schürzte die Lippen.
Jury, der wieder gegen die Wand gelehnt dastand, spürte, wie ihm die Hand juckte, und wollte sie zur Faust ballen. Er fragte sich, wie oft Lu wohl mit dieser Art von Reaktion konfrontiert war.
Sie griff über den Tisch, stellte das Tonband ab, packte Snow mit ihren langen Fingern am Hemdkragen und hob sein Gesicht ganz dicht an ihres. »Hör zu, Gilbert, wir glauben nicht bloß, dass du der Schütze bist, wir wissen es.«
Er sah aus, als würde er ersticken, und packte ihre Hand.
Mit einem säuerlichen Lächeln ließ sie los und schaltete das Tonband wieder ein.
Er rieb sich den Hals und sagte: »Auch wenn die Knarre gar nicht meine ist? Auch wenn die diesem gottverdammten Brunner gehört?«
»Das Komische an dieser Waffe ist, dass gar keine Fingerabdrücke drauf sind.«
Gilbert hustete einen Lacher hervor. »Wohl kaum. Die hätte Brunner ja wohl abgewischt?«
»Und das Ding dann in eine Schreibtischschublade geschmissen?«
Snow wandte den Blick ab. »Manche Leute machen komische Sachen.« Er begutachtete seine Nägel, als hätte sie ihm gerade eine Maniküre verpasst.
»Nein. Sie machen dumme Sachen. Sie wollten Ihre eigenen entfernen und haben in der Eile sämtliche Fingerabdrücke abgewischt. Haben Sie Geschwister, Gilbert?«
Sie hatte den Kurs geändert, und er hob überrascht den Blick. Und verwirrt. »Wie meinen Sie das?«
»Geschwister. Brüder? Schwestern?«
Snow, das wusste Jury, kalkulierte nun, wie weit sie schon waren. Eine Tatsache, die von der Polizei leicht überprüft werden konnte, konnte er wohl kaum leugnen.
»Ja, schon, eine Schwester. Wieso?«
Lu fing an zu lächeln. »Reine Neugier.« Sie schlug den vor ihr liegenden Ordner auf und schien zu lesen. Sollte er ruhig schwitzen. »Noch mal zu der Waffe.« Sie blickte vom Ordner auf, beugte
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