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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
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Kellner war – abgesehen von dem erwarteten Gast – womöglich der Letzte gewesen, der das Opfer lebend gesehen hatte. Gilbert Snow wusste, was das zu bedeuten hatte. Und wer wollte so etwas schon auf sich sitzen lassen?
    »Sagen wir, der Tod trat vor anderthalb Stunden ein. Natürlich inklusive der Zeit, die wir für die Fahrt hierher brauchten.«
    »Phyllis?« Jury sah sie fragend an. »Über den Daumen gepeilt ungefähr?«
    »Kann ich nicht genau sagen. Der Zeitraum selbst lässt sich leicht eingrenzen. Vor und nach der Tat gibt es einen Zeugen –« Ihr Stirnrunzeln vertiefte sich. »Aber über den exakten Todeszeitpunkt kann ich erst etwas sagen, wenn ich – ich meine, wer eben die Autopsie durchführt –, wenn die also gemacht ist. Ich verstehe aber nicht, worauf Sie hinauswollen.«
    »Denken Sie an Ihren Sherlock Holmes, Jury«, sagte Chilten.
    »Der ist mir stets präsent. Wieso?«
    »Die einfachste Theorie ist die beste. Und meistens auch die richtige.«
    »Das ist nicht Holmes. Das ist ›Ockhams Rasiermesser‹, auch das Sparsamkeitsprinzip genannt.«
    Phyllis trat Jury auf den Fuß und warf ihm einen vielsagenden Blick zu. Dann meinte sie in die Runde: »Ich gehe dann jetzt. Und Benny nehme ich am besten mit, meinen Sie nicht?«
    »Nehmen Sie meinen Wagen.« Jury kramte in seiner Tasche nach den Schlüsseln.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich lasse uns ein Taxi kommen. Ich rufe unten beim Empfang an.«
    »Ich glaube, Benny sollte lieber auf Detective Inspector Aguilar warten«, meinte Ron.
    Jury seufzte. »Wo zum Teufel steckt denn dieser Kerl? Der lässt sich ja ganz schön Zeit –«
    »Direkt hinter Ihnen.«

3
    Jury hatte mit dem Rücken zur Tür gestanden. Rasch drehte er sich um und sah, dass Chiltens »Lu« in der Tat kein männliches Wesen war. Bei Detective Inspector Aguilar handelte es sich unbestreitbar um eine Frau.
    Und um was für eine! DI Lu Aguilar hatte der Luft förmlich sämtlichen Sauerstoff entzogen, als sie hereingekommen war. Hochgewachsen, gertenschlank, schwarzes Haar, dunkle Augen, bronze schimmernde Haut. Aguilar: Der Name könnte vieles sein – lateinamerikanisch oder spanisch, südamerikanisch, sogar indianisch. Lu konnte für Louise stehen, Lucille, Louella, ach was, seinetwegen konnte sie auch Lucrezia Borgia heißen. Mit diesen Formen, diesen Wangenknochen und dieser arroganten Pose wirkte sie so, als käme sie eben von einem Pariser Laufsteg und nicht von einer Islingtoner Polizeiwache. Er überlegte, ob sie auf ihre Mannschaft dieselbe Wirkung ausübte. Die stand wie atemlos abwartend da, bis auf Ron Chilten, bei dem Jury nie erlebt hatte, dass ihm irgendetwas den Atem geraubt hätte.
    Anstatt sich zu erkundigen, wer er war, hob DI Aguilar mit einer Geste äußerster Geringschätzung die Augenbrauen.
    Er musste beinahe lachen. »Richard Jury.«
    Dies stellte die Augenbrauen jedoch nicht zufrieden. Die blieben oben.
    »Superintendent, Kriminalpolizei New Scotland Yard.«
    Immer noch nicht zufrieden, bediente sie sich nun jedoch der Worte: »Wie kommt es, dass Sie sich an einem Tatort aufhalten, der in unseren Zuständigkeitsbereich fällt, Superintendent?«
    Chilten – den der kleine missliche Zwischenfall enorm amüsierte, was Jury sich schon hatte denken können – kam ihm zu Hilfe: »Der Junge, Benny Keegan, hat ihn verständigt. Benny fand die Leiche.«
    Sie nahm es zur Kenntnis. »Na, wen haben wir denn da?«
    Einer der Kriminaltechniker reichte ihr eine Brieftasche. »Billy Maples heißt er.«
    Sie sah alles durch, Führerschein, Kreditkarten, diverse andere dort hineingestopfte Siebensachen. Nahm dann den Führerschein heraus und gab Ron die Brieftasche.
    Nun wandte sich DI Aguilar an Benny, der zusammen mit Sparky gespannt neben Phyllis verharrt hatte. »Du bist also Benny«, sagte sie.
    »Ja, Sir – äh – Chefin.«
    »Und du?« Sie richtete sich an Sparky.
    »Der heißt Sparky«, kam es von Phyllis. »Und ich bin Doktor Phyllis Nancy. Pathologin.« jetzt machen Sie aber mal halblang , konnte Jury bei Phyllis heraushören.
    »Und hat der Hund etwas Brauchbares zutage gefördert?«
    Bennys Augen verengten sich zu Schlitzen. »Der hat heute Abend noch nicht mal sein Futter gekriegt. Wir sind nämlich schon seit ’ner guten Stunde hier.« Dann wiederholte er, was er Jury und Ron Chilten gesagt hatte.
    Lu Aguilar bedankte sich knapp. »Du kannst gehen, Benny, aber vielleicht möchte ich später noch mal mit dir reden. Und du hältst doch dicht, nicht

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