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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
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kurz bevor wir einander in der Jerusalem Passage begegneten?«
    Der Priester nickte.
    »Aber da war es ja schon fast elf. War der Speisesaal noch geöffnet?«
    »Nicht für neu ankommende Gäste, nein. Aber ansonsten war noch ziemlich viel los.«
    »Und Sie eilten davon.«
    »Nicht direkt. Ich hatte das Restaurant bereits verlassen, als mir einfiel, dass ich für einen Anruf zu Hause sein musste. Und bevor Sie jetzt fragen: Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht verraten kann, von wem der Anruf kam oder worum es sich handelte. Diese Information wurde mir vertraulich mitgeteilt.«
    »Was natürlich heißt, dass ich sie nicht nachprüfen kann?« Jury lächelte. »Das ist wie im Beichtstuhl, nicht wahr? Ich glaube nicht, dass Sie damit durchkommen, Father. Wir können Telefonaufzeichnungen nämlich unter Strafandrohung anfordern. Schade, dass wir das nicht auch mit Beichten können.«
    »Sie glauben mir also nicht.«
    »Nein.«
    Father Martin stand auf, Jury ebenfalls. »Mehr kann ich darüber nicht sagen, Superintendent. Aber vielleicht weihen Sie mich ja ein und sagen mir, was ich sonst getan haben sollte, da Sie nicht glauben, ich wäre zum Abendessen dort gewesen.« Er legte Stola und Soutane ab.
    »Keine Ahnung. Ich weiß bloß, dass Sie mit ziemlicher Sicherheit nicht so schnell liefen, um einen Anruf entgegenzunehmen. Sie rannten vor etwas weg, und da im Zetter soeben ein Mord passiert war, würde ich annehmen, Sie rannten davor weg.
    Ob Sie nun Billy Maples dort treffen sollten oder ob Sie aus eigenem Antrieb dort waren, weiß ich nicht. Sie gingen hinein, sahen die Leiche aber nicht. Der Zimmerkellner auch nicht, denn sie lag ja draußen auf der Terrasse. Sie gingen hinaus, und dort sahen Sie ihn dann. Tot lag er Ihnen zu Füßen. Ich kann mir vorstellen, dass Sie Angst bekamen. Schnell gingen Sie hinaus. Es gibt aber auch noch eine andere, weniger schöne Erklärung für Ihre Hast: Sie erschossen ihn selbst. Billy hatte jemanden erwartet, einen Besucher. Waren Sie das?«
    Father Martin lächelte. Es war ein entnervendes Lächeln, das zu besagen schien, Jury irrte sich so gewaltig, dass es einfach lachhaft war. »Glauben Sie tatsächlich, ich wäre imstande gewesen, Billy zu ermorden?«
    »Nicht unbedingt. Ich glaube aber, Sie waren dort, und würde gern wissen, warum. Hatten Sie eine Liebesbeziehung mit ihm?«
    Nun musste der Priester aber doch lachen. »Nein! Ich bin nicht schwul. Billy war es auch nicht, soweit ich weiß.«
    »Aber das ist es ja gerade. Wie ›weit‹ wüssten Sie es denn? Sie waren ja offensichtlich auch noch auf eine andere Art miteinander verbunden als nur als Priester und reuiger Büßer.«
    Father Martin seufzte schwer. »Nun gut. Ich war dort, aber Billy erschossen habe ich nicht. Ich hatte vorher mit ihm telefoniert, und er klang sehr niedergeschlagen. Ich dachte mir, ich komme vorbei, um zu sehen, wie es ihm geht. Ja, und dann sah ich ihn. Und das Blut. Meine Reaktion … kann ich gar nicht beschreiben …« Er verstummte und fuhr sich schwer atmend mit der Hand über die Stirn.
    »Ich sah nach, um sicherzugehen, dass es kein Lebenszeichen mehr gab – horchte auf den Herzschlag, sah nach seinem Puls, ja sogar – hm, das klingt jetzt lächerlich …«
    »Ich kann mir nicht denken, dass in dem Zusammenhang irgendetwas lächerlich sein könnte.«
    »Auf einem Regal lag ein kleiner Spiegel. Den hielt ich ihm an die Lippen. Sie wissen schon, wie König Lear bei Cordelia. Ich wusste, dass er tot war, sobald ich ihn sah, machte das alles aber trotzdem.«
    Jury fand, er hörte sich unendlich traurig an. »Er erwartete Sie also doch?«
    »Was? Nein, das tat er nicht.«
    »Er erwartete jemanden um zehn.«
    »Na, mich jedenfalls nicht. Ich war bloß einer plötzlichen Eingebung folgend hingegangen. Ich verließ das Zimmer und fuhr mit dem Lift nach unten, ohne mich sonderlich zu beeilen. Ich ging auch nicht hinaus. Stattdessen fragte ich am Empfang, ob das Restaurant noch geöffnet hätte. Die junge Frau bejahte, meinte aber, sie würden bald schließen. Ich wurde an einen Tisch geführt, bestellte, und das war alles, bis ich dann hinausging und Ihnen in die Arme lief. Ich lief aber nicht vor etwas weg , Superintendent. Zugegeben, ich ging mit recht flottem Schritt.«
    Jury musterte ihn kopfschüttelnd. »Und Sie haben nicht die Geschäftsführung verständigt, die Polizei, irgendjemanden. «
    »Nein, besonders stolz auf mein Verhalten bin ich nicht.«
    »Das kann ich mir denken. Und doch … was

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