Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
Vom Netzwerk:
unerwähnt gelassen.
    Doch sie hatte sich auf dem Sofa zwischen die Veilchen und Rosen zurückgelehnt und lächelte freundlich. Offensichtlich gefiel ihr die Vorstellung. Als sollte jeder Beamte von Scotland Yard – obendrein ein Superintendent ! –, der so unkonventionell war, wenn nicht Vertrauen, so doch Zustimmung erhalten. Nun blickte sie – aus Solidarität mit ihm – ebenfalls im Raum umher. Selbst in tiefster Trauer – ihre Kleidung, ihre ermüdeten Augen, ihre eigene Blässe deuteten darauf hin –, selbst da konnte sie sich offenbar doch sehr gut einfühlen.
    »Es tut mir wirklich leid, Mrs. Ames, aber ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen.«
    »Nun gut.« Ihre langen schmalen Finger zupften an dem schwarzen Ärmel an ihrem Handgelenk.
    »Sie haben sich mit Billy gut verstanden, nicht wahr?«
    »Ja, sehr gut, aber nicht immer.« Sie überlegte. »Er war manchmal viel zu ungestüm, und ich habe ihn deswegen ins Gebet genommen. Er fand, ich sei zu streng mit ihm.«
    »Inwiefern ungestüm?«
    »Zum einen verschenkte er oft ziemlich große Geldsummen, an Künstler, glaube ich, die natürlich große Summen gebrauchen konnten, weil sie ja nicht arbeiten.«
    Jury wollte lachen. Aber vielleicht meinte sie es ja ironisch. »Ein Künstler findet vermutlich schon, dass er arbeitet.«
    Sie blies zwischen geschürzten Lippen geräuschvoll den Atem aus. »Das konnte ich allerdings nicht erkennen. Seine bevorzugte Galerie scheint sich ja offenbar für Bilder von beglückt dreinguckenden Kühen zu erwärmen, und von einem farbenblinden Maler gibt es einen revisionistischen Mark Rothko. Waren Sie einmal in der Galerie?«
    »In der Melville? Ja, ich war dort. Ich weiß nicht, wie mir die Rothko-Imitation entgehen konnte. Die Kühe habe ich gesehen. Wenn das die Maler waren, die Billy unterstützen wollte, kann ich es Ihnen nicht verdenken, wenn Sie finden, er hätte sein Geld zum Fenster hinausgeschmissen. Ich glaube allerdings nicht, dass es sich um diese Maler handelte.«
    »Trotzdem – ich sagte ihm, es sei verrückt, einem Kunstbanausen Geld zu geben, der höchstens nach Schablone malen konnte. Seine Antwort war, es sei sein Geld und er würde damit machen, was er wollte.«
    »Aber so war es doch.«
    »Ja, schon. Einen Großteil dieses Geldes hatte er jedoch geerbt, und zwar nicht nur von seiner Mutter, sondern auch von seinem Großvater, meinem Mann James. Und es ärgerte mich maßlos zu sehen, wie Billy es verschwendete.« Sie beugte sich nach vorn. »Wenn dieser Künstler der nächste Manet oder auch David Hockney gewesen wäre, nun gut. Das würde ich sogar begrüßen.«
    »Das würde jeder. Manets und Hockneys gibt es aber nicht gerade wie Sand am Meer.«
    Sie dachte darüber nach. »Ja, das ist ein Argument. Ich habe wohl zu viel erwartet.«
    Jury wurde neugierig. »Sie glauben, es ging um einen ganz bestimmten Maler?«
    »Das würde eher einen Sinn ergeben, oder nicht? Vom künstlerischen Wert einmal abgesehen hätte er, der Maler, meine ich, für Billy doch eine gewisse persönliche Bedeutung gehabt.«
    Jury sah in ihre grauen Augen, unter denen die Haut von Tränen ganz gerötet war. Sie wandte sich ab. »Dann glauben Sie, dieser Künstler war ein ganz spezieller Freund von ihm?«
    »Ich bitte Sie, Superintendent. Wollen Sie damit sagen, er war bloß eine kleine Schwuchtel? Ich habe dieses ganze Imponiergehabe um der hehren Kunst willen als genau das interpretiert. Vielleicht war Billy sehr von ihm angetan, keine Ahnung.«
    »Dagegen hatten Sie nichts einzuwenden?«
    »Nun, und wenn schon, was tut denn das zur Sache? Sie fragen sich, ob ich ein solches Verhalten ganz allgemein gesprochen ziemlich daneben finde? Ja, vermutlich schon. Aber gegen seine sexuelle Orientierung kann man schließlich nichts machen, stimmt’s? Gegen idiotisches Finanzgebaren dagegen schon. Das ist angelerntes Verhalten, und das kann sich ändern.«
    »Haben Sie jemanden von Billys Freunden kennengelernt?«
    »Einmal, ja. Da brachte er eine äußerst attraktive Frau mit hierher. Sie hieß Anjelica, nein, Angela und noch was.«
    »Und Sie glauben immer noch, er sei vielleicht schwul gewesen?«
    »Vielleicht diente sie ihm als Fassade. Oder es geschah eher unbewusst. Oder vielleicht gehörte Billy ganz einfach zu denen, die es in beiderlei Richtung mögen.« Dabei strich sie sanft die Armlehne ihres Sessels glatt.
    Jury unterdrückte mit Mühe ein Lachen. »Was glauben Sie, weshalb er mit ihr Schluss gemacht hat?«
    Rose’ Augen

Weitere Kostenlose Bücher