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Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Titel: Inspektor Jury spielt Katz und Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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begutachtete, und weniger zu Jury sagte sie: «Er ist nicht da.»
    Jury deutete mit dem Kopf auf Racers Tür. «Das sehe ich. Die Met liegt jetzt in besseren Pfoten. Wann kommt er wieder?»
    Daß Racer überhaupt immer wiederkam, war der Metropolitan Police ein Geheimnis. Wenigstens zweimal im Jahr gab es Gerüchte, der Chef werde demnächst zurücktreten, sie bestätigten sich aber nie. Man munkelte sogar noch Schlimmeres, daß er nämlich die Karriereleiter nach oben stolpern und einer der stellvertretenden Polizeipräsidenten werden würde. Zum Glück für die Sicherheit Großlondons war auch das bisher nicht eingetreten.
    «Keine Ahnung. Er ist in seinem Club. Seit elf ist er weg.» Sie kniff die Augen zusammen. Inspizierte ihren Zeigefinger. Ein Kratzer. Sorgfältig betupfte sie den Nagel mit dem winzigen Pinsel. Zufrieden schraubte sie die Flasche wieder zu und wedelte mit den Händen, damit sie trockneten.
    Jetzt konnte sie sich darauf konzentrieren, Jury anzulächeln.
    «Donnerlittchen, wie Sie den Pinsel schwingen, Fiona. Matisse hätte gegen Sie keine Chance.»
    «Schon gegessen?» Das war eine rituelle Frage. Jury hatte immer eine Ausrede. Nicht, daß er Fiona nicht mochte; in vieler Hinsicht faszinierte sie ihn sogar. Im Augenblick stützte sie sich mit den Ellenbogen auf den Schreibtisch und ließ die Hände herunterhängen, die Nägel dunkelviolett, fast so schwarz wie Krallen. Ihr Lippenstift hatte dieselbe Farbe, wodurch ihre ohnehin blasse Haut noch fahler wirkte. Die silbrigen Strähnen in ihrem blonden Haar kamen angeblich vom Bleichen. Als ihre Nägel trocken waren, erhob sie sich und nutzte die Gelegenheit, Jury ein glänzend schwarzbestrumpftes Bein mit einer klitzekleinen Laufmasche am Knöchel zu präsentieren. Sie hielt es recht hoch für den Fall, daß seine Augen in den letzten drei Tagen schlechter geworden waren. «Dabei hab ich sie gerade erst gekauft.» Sie hatte ihre Hand auf der Hüfte und präsentierte sich ihm von der Seite, ihre Kurven in einem schwarzen Rock und einer Rüschenbluse. Jury liebte die Art, wie Fiona versuchte, sich mondän zu geben, dabei aber immer etwas Altbackenes hatte. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie sie abends ihre Dessous durchwusch, sich das Haar aufdrehte und das Gesicht eincremte. Er wurde plötzlich traurig.
    Er habe keine Zeit zum Mittagessen, sagte er. Das akzeptierte sie wie immer, ohne zu beharren.
    «Der ist vielleicht geladen», sagte sie und nickte mit ihrem blonden Lockenkopf in Richtung seines Büros. «Und wenn er den Kater da sieht, wird’s auch nicht besser. Cyril! » Racer sollte auf keinen Fall sehen, daß Cyril auf seinem Thron saß. «Er sagt, er erdrosselt ihn sonst eigenhändig.»
    Cyril ignorierte sämtliche Befehle und Morddrohungen. Egal, welches seiner neun Leben nun in Gefahr war, er genoß es sichtlich. Einmal hätte ihn Racer sogar beinahe mit dem Brieföffner erwischt.
    «Cyril weiß, was er tut. Hat die Polizei aus Hampshire angerufen?»
    «Ja, und sie haben sich nicht beschwert. Ich hab mitgehört. Natürlich wird er nachher behaupten, sie hätten getobt.» Fiona spannte ein leeres Blatt Papier in die Schreibmaschine und rief noch einmal nach Cyril, der sich einfach weiter putzte. Sie sah auf ihre winzige, juwelengeschmückte Uhr. «Jetzt ist er schon seit zwei Stunden im Club –»
    Genau in diesem Augenblick kam Racer herein, die winzigen roten Linien auf seinem Gesicht sahen auch aus wie Laufmaschen. Um die Nase herum ging das Rot in Blau über. Jury tippte auf drei doppelte Whisky. Und danach Kognak. Im Savile-Row-Anzug, ein Sträußchen im Knopfloch, sah Racer eher so aus, als gehöre er in ein Schaufenster von Burberry’s als in die Räume von New Scotland Yard.
    «Sieh an, Superintendent Jury. Sie haben doch nicht etwa meinetwegen Ihren Kurzurlaub in Hampshire unterbrochen?»
    Mit unbeweglicher Miene und nunmehr makellosen Fingernägeln hackte Fiona in die Tasten.
    «Die Briefe fertig, Miss Clingmore?» fragte er überfreundlich.
    «Fast fertig», sagte Fiona im selben Ton. «Muß nur hier und da noch einmal drübergehen.»
    «Na, dann sehen Sie zu, daß das Hier und Da schnell auf meinem Schreibtisch landet, Mädchen!» Er knallte die Silben raus, als ob er mit einem Schießgummi schösse: «Kommen Sie, Jury!»
    Kater Cyril war elegant aus dem Stuhl geglitten und lag jetzt in der Ecke unter dem Schreibtisch auf der Lauer.
    Kaum hatte Racer seine Füße dorthin gepflanzt, glitt Cyril um seine Hosenbeine mit den

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