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Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Titel: Inspektor Jury spielt Katz und Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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«Das schenken Sie sich besser, Carole-anne.» Er zog sie hoch.
    «Bei dem bin ich umgekippt. Dasselbe noch mal.» Bevor er sie davon abhalten konnte, hatte sie ihn in der Zange und versuchte, sich an ihn und in ihn zu pressen, wo es nur eben ging.
    Er zog ihr die Arme weg. «So küssen Sie Ihren Papa?»
    Schmachtend sah sie zu ihm hoch. «Hab keinen. Nur Sie.» Zweiter Versuch.
    Er schob sie zurück. «Wer sind die ganzen Männer, die sich hier die Klinke in die Hand geben?»
    Carole-annes rosafarbene Wangen wurden purpurrot, als hätte sie gerade Rouge aufgelegt. «Heißt das, sie hat Ihnen was erzählt?» Sie zeigte auf den Boden. «Na ja, auch egal. Aber ich hätte nie –»
    «Mrs. Wasserman hat mir nur erzählt, Sie hätten einen Bruder und einen Vater. Das fand sie sehr schön. Sie sagte, Sie seien gut aufgehoben.»
    Carole-annes Gesicht nahm wieder seine natürliche Farbe an. «Na ja, irgendwas mußte ich ihr ja erzählen, so verdammt naiv, wie sie ist. So eine nette alte Schachtel, aber an der Wohnung klebt sie wie Kleister. Und ich tu brav, was Sie sagen, und lad sie zu Tee und Keksen hier oben ein.» Carole-anne verzog den Mund. Tee war nicht ihr Ding. «Sie kommt aber die Treppen nicht gut rauf, also bin ich runter in ihre Bude. Versuche, sie mit in den ‹Engel› zu nehmen – aber da kann man ja gleich versuchen, Straßenlampen in Bewegung zu versetzen.»
    Jury lachte. Mrs. Wasserman in der Kneipe!
    Carole-anne war eingeschnappt. Ihre guten Werke verdienten mehr als ein Lachen.
    «Das haben Sie ganz großartig gemacht, meine Liebe. Sie freut sich, wenn Sie sie besuchen. Bringt ein bißchen Leben in die Bude, sagt sie.»
    «Na gut.» Carole-anne setzte sich neben ihn. «Lassen Sie mal ’ne Lulle rüberwachsen, ja? Meine sind alle.»
    Egal, was sie sagte, alles schien eine erotische Aufforderung zu sein. Er holte die Schachtel Player’s heraus, zündete für sie beide eine an und sagte: «Ich habe einen Job für Sie, Carole-anne.»
    «Wieviel muß ich ausziehen? Ich höre auf bei –»
    «Ich will gar nicht wissen, wo Sie aufhören. Übrigens, hierbei geht’s ums Anziehen.» Er packte die Pakete aus, und als sie den Zobel sah, schoß sie vom Sofa hoch. «Und Sie können sich ein bißchen Geld dabei verdienen, Carole-anne.»
    Die Augen klebten immer noch an dem Zobel, als sie sagte: «Es gibt ein paar Positionen, die ich nicht kenne, und mit Seilen und Fesseln kann ich auch nicht umgehen –»
    «Ruhe jetzt!» Er wußte, daß sie nur so redete, weil sie ihn provozieren wollte. Sie bekam wahrscheinlich immer eindeutige Reaktionen. Bei dem Gedanken war er etwas schockiert. Einen kurzen Augenblick lang hatte sein harsches Wort die Foxy-Maske durchdrungen, und er sah dasselbe wie Mrs. Wasserman, sosehr die sich auch von dem Anblick irreführen ließ. Carole-anne hatte etwas Unschuldiges.
    Er dachte an Carrie Fleet, und ihm stockte das Blut in den Adern.
    «An die Arbeit, meine Liebe.»
     
    Eine halbe Stunde später machte er an Mrs. Wassermans Tür das vereinbarte Klopfzeichen und mußte zugeben, er hätte Carole-anne Palutski an Mrs. Wassermans Stelle auch nicht erkannt.
    Natürlich sah sie hinreißend aus, das hatte er ja von vornherein gewußt. Das Kleid war weich gefältelt und schmeichelte der Figur, nur über dem Busen spannte es ein wenig. Jury dachte an Gillian Kendall und versuchte, den Gedanken zu verscheuchen. Carole-annes Make-up war ein wahres Wunderwerk. Nichts Aufwendiges, Carole-anne hatte sich den Tiegeln und Töpfen mit Chirurgenblick genähert, den Konturenstift wie ein Skalpell und den Lippenstift wie ein Messer geschwungen. Das Rot auf den Wangen sah echt aus. Absolut perfekt. Als Krönung des Ganzen sah sie zehn Jahre älter aus, als sie behauptete.
    «Französisch?» quietschte sie auf dem Weg nach unten. «Sonst geht’s Ihnen aber noch gut?» Sie war völlig begeistert von dem Zobelcape.
    «Mr. Jury! Was für eine Überraschung!»
    Mit zusammengekniffenen Augen, als ob sie sich an den Anblick erst einmal gewöhnen müsse, starrte Mrs. Wasserman Carole-anne an. «Guten Tag –»
    «Hallo, Baby», sagte Carole-anne, gnadenlos Kaugummi kauend. Jury hatte ihr gesagt, sie müsse es entweder unter einer Bank oder hinter ihrem Ohr parken.
    «Carole-anne?»
    Carole-anne freute sich, daß Mrs. Wasserman regelrecht schockiert war. «Ja, höchstpersönlich», sagte sie. «Ich komme zum Unterricht. Das einzige Wort Französisch, das ich kenne, ist bonjour .»
    Mrs. Wasserman lächelte. «Wenn

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