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Inspektor Jury steht im Regen

Inspektor Jury steht im Regen

Titel: Inspektor Jury steht im Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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ICHARD J URY MUSSTE AN Susan Bredon-Hunt vorbeifassen und gleichzeitig versuchen, sich aus ihren langen Armen zu befreien, die sich jedesmal, wenn das Telefon klingelte, noch mehr verknäuelten und Ähnlichkeit mit Schlingpflanzen bekamen.
    Sie klebte buchstäblich am Telefon. Sie ließ ihre Finger auf seiner Brust auf- und abmarschieren, zog Kreise um seine Ohren, streifte sein Gesicht mit den Wimpern, als ob sie Fingerabdrücke nähme, und machte so ein schlagfertiges Reagieren unmöglich.
    Glücklicherweise war gar keine schlagfertige Antwort nötig. Chief Superintendent Racer, den man gerade aus dem Bett gescheucht hatte, war entschlossen, Jury ebenfalls aus seinem zu jagen. «Viermal hab ich’s schon klingeln lassen, Jury! Was zum Teufel haben Sie denn getrieben?»
    Gut, daß es nur eine rhetorische Frage war, da Susan Bredon-Hunts Lippen gerade sein Gesicht liebkosten. Er hob die Hand, doch es war, als versuche man, Spinnweben wegzuschieben. Überall blieben winzige Fetzen von ihr hängen.
    «… störe Sie sehr ungern», sagte Racer, dessen Sarkasmus etwas genauso Bohrendes hatte wie Susan Bredon-Hunts Finger. «Könnten Sie sich vielleicht aus Ihrem Bett losreißen und nach Mayfair rüberkommen?»
    Sich losreißen mußte er sich allerdings schon, um sich von Susan Bredon-Hunt zu befreien. Als er schließlich auf der Bettkante saß, fragte er: «Wo in Mayfair?»
    «Charles Street. Berkeley Square. Hay’s Mews.» Racer bellte die Namen heraus wie ein Lokomotivführer der britischen Eisenbahn. «Eine Frau ist ermordet worden.» Der Hörer am anderen Ende krachte nieder.
    Jury entschuldigte sich bei Susan und war innerhalb von fünfzehn Sekunden angezogen.
    «Einfach so.» Sie schnalzte mit den Fingern. «Du verschwindest einfach so!»
    Er war müde. «So werden auch Leute umgebracht, mein Schatz. Einfach so.»
    Als er sich hinunterbeugte, um sie zu küssen, wandte sie das Gesicht ab. Jury nahm seinen Mantel und die Autoschlüssel und ging.
     
     
     
    D IE P OLIZEIAUTOS KAMEN aus allen Richtungen und peilten den Bordstein der Charles Street und den Bürgersteig vor dem Pub an. Unter dem beleuchteten Schild des I Am the Only Running Footman kritzelte Detective Sergeant Alfred Wiggins etwas in sein Notizbuch und stellte der kleinen molligen Frau, die die Leiche gefunden hatte, Fragen.
    Die surrenden, kuppelförmigen Blinklichter der letzten beiden Wagen, die in prekärer Schräglage vor das Pub gerollt waren, warfen blaue Streifen aufs nasse Trottoir und blaue Schatten auf die Gesichter von Wiggins und der Frau. Sie habe noch nachts ihren Hund auf den Platz ausgeführt, und jetzt seien sie beide völlig durcheinander, sagte sie. Der Schäferhund beschnüffelte Wiggins’ Füße und gähnte.
    Jury versicherte ihr, man werde sie nicht länger als absolut notwendig auf dem Revier behalten, wenn man sie mit dorthin nehme. Sie könne jeden gewünschten Anruf machen, sie schätzten ihre Hilfe wirklich ganz außerordentlich, und sie habe mit ihrem Anruf bei der Polizei etwas getan, das durchaus nicht selbstverständlich sei. Das hatte sie beruhigt, und im Moment beantwortete sie Wiggins’ Fragen. Überall in der kurzen Straße und um die Ecke herum stellten uniformierte Polizisten Fragen an die Bewohner von Hay’s Mews, die aus ihren schicken kleinen Häusern gekommen waren und jetzt im Nieselregen standen. Am Ende der Mews, der ehemaligen königlichen Marställe, hatte man Absperrgitter aufgestellt, damit die Schaulustigen nicht allzuviel zu sehen bekämen.
    Während die Leichenbeschauerin ihre Befunde auf einen Kassettenrecorder diktierte, stand Jury dabei und blickte auf den Leichnam der jungen Frau, die mit dem Gesicht nach unten, fächerförmig ausgebreitetem blondem Haar und gespreizten Beinen auf der Straße lag. Wiggins war neben ihn getreten.
    «Fertig damit?» fragte Jury den Mann, der für die Fingerabdrücke zuständig war, und deutete auf die kleine schwarze Handtasche, deren Riemen noch immer über ihre Schulter geschlungen war und sich mit dem langen Schal verheddert hatte. Der Mann nickte Jury zu, und Jury nickte Wiggins zu. Die Leichenbeschauerin sah genervt zu Jury hinüber. Sie mochte es nicht, wenn jemand mit seinen Fragen ihre Angaben unterbrach, die sie ihrem Assistenten wie ein Messerwerfer über die Schulter zuwarf. Jury blickte in ihre wachsamen grauen Augen und lächelte strahlend. Sie murrte.
    «Ivy Childess», sagte Wiggins und hielt den Führerschein hoch, den er aus der Tasche der toten

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