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Instrumentalität der Menschheit

Instrumentalität der Menschheit

Titel: Instrumentalität der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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die die Alte Zweiundzwanzig betreten hatten, waren sehr krank geworden, als sie die Geschehnisse rekonstruierten, die der Erweckung der Reservecrew gefolgt waren. Zwei von ihnen hatten um eine Gedächtnislöschung gebeten und den Dienst quittiert.
    Die beiden Techniker wußten Bescheid über die Alte Zweiundzwanzig, als sie das fünfzehnjährige Mädchen betrachteten, das auf dem Tisch schlief. War sie eine Frau? War sie ein Mädchen? Was erwartete sie, wenn sie während des Fluges aufwachte?
    Sie atmete sanft.
    Die beiden Techniker sahen über ihre Gestalt hinweg einander an, und dann sagte der erste: »Wir sollten besser den psychologischen Wächter herbeirufen. Das ist eine Aufgabe für ihn.«
    »Er kann es versuchen«, stimmte der zweite zu.
     
    Der psychologische Wächter, ein Mann, dessen Nummernname mit der Dezimale Tiga-belas endete, betrat eine halbe Stunde später frohgelaunt den Raum. Er war ein verträumt wirkender alter Mann mit einem scharfen, wachsamen Verstand, der sich vermutlich in seiner vierten Verjüngungsphase befand. Er blickte das wunderschöne Mädchen auf dem Tisch an und holte tief Luft.
    »Was ist mit ihr – soll sie auf das Schiff?«
    »Nein«, sagte der erste Techniker, »zu einem Schönheitswettbewerb.«
    »Halten Sie mich nicht zum Narren«, schnappte der psychologische Wächter. »Sie meinen, man hat tatsächlich vor, dieses wunderschöne Kind ins Auf-und-Hinaus zu schicken?«
    »Zu Zuchtzwecken«, erklärte der zweite Techniker. »Die Menschen draußen auf Wereld Schemering sind furchterregend häßlich, und sie haben dem Großen Leuchtfeuer signalisiert, daß sie besser aussehende Neusiedler brauchen. Die Instrumentalität kommt ihrer Forderung nach. Alle Passagiere dieses Schiffes sind hübsch oder schön.«
    »Wenn sie so wertvoll ist, warum friert man sie nicht ein und legt sie in eine Kapsel? Auf diese Weise wird sie entweder dort ankommen oder nicht. Ein Gesicht, das so schön ist wie dieses«, erklärte Tiga-belas, »kann überall für Ärger sorgen. Auch allein auf einem Schiff. Wie lautet ihre Namensnummer?«
    »Sie steht dort auf der Tafel«, antwortete der erste Techniker. »Alles steht auf der Tafel. Sie werden sich auch um die anderen kümmern müssen. Sie sind bereits eingetragen und bereit, auf der Tafel aufgeführt zu werden.«
    »Veesey-koosey«, las der psychologische Wächter laut vor, »oder Fünf-sechs. Das ist ein alberner Name, aber gleichzeitig auch recht hübsch.« Er warf einen letzten Blick auf das schlafende Mädchen und studierte dann weiter die Fallgeschichten der anderen Menschen, die zur Ersatzmannschaft gehörten. Nach weniger als zehn Zeilen wurde ihm klar, warum das Mädchen für Notfälle bereitgehalten wurde, anstatt die ganze Reise durchzuschlafen. Sie besaß ein Tochterpotential von 999,999 und das bedeutete, daß jeder normale Erwachsene beiderlei Geschlechts sie nach ein paar Minuten Bekanntschaft als Tochter akzeptieren konnte und würde. Sie besaß keine Fähigkeiten, keine Gaben, keine ausgebildeten Talente. Aber sie konnte fast jeden, der älter war als sie, motivieren, und sie war in der Lage, diese motivierte Person dazu zu bringen, mit aller Kraft um sein Leben zu kämpfen. Um ihretwillen. Und erst in zweiter Linie für sich selbst.
    Das war alles, aber dies war einzigartig genug, um ihr einen Platz in der Kabine zu verschaffen. Sie war die fleischgewordene Wahrheit des alten poetischen Verses: »Die schönste aller Töchter der guten alten Erde.«
    Als Tiga-belas die Aufzeichnungen durchgesehen hatte, war seine Arbeit fast beendet. Die Techniker hatten ihn nicht dabei gestört. Er drehte sich, um noch ein letztes Mal das liebliche Mädchen anzusehen. Sie war fort. Der zweite Techniker war hinausgegangen, und der erste säuberte seine Hände. »Sie haben sie nicht eingefroren?« rief Tiga-belas. »Ich muß sie auch behandeln, wenn die Sicherung wirksam bleiben soll.«
    »Natürlich müssen Sie das«, meinte der erste Techniker und nickte. »Wir haben dafür zwei Minuten reserviert.«
    »Sie haben mir zwei Minuten reserviert«, entfuhr es Tiga-belas, »für den Schutz einer Reise von vierhundertfünfzig Jahren!«
    »Sie brauchen mehr?« sagte der Techniker und es klang nicht einmal wie eine Frage.
    »Ja!« brummte Tiga-belas. Er lächelte. »Nein. Das Mädchen wird in Sicherheit sein, wenn ich schon lange tot bin.«
    »Wann werden Sie sterben?« fragte der Techniker höflich.
    »In dreiundsiebzig Jahren, zwei Monaten und vier Tagen«,

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