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Instrumentalität der Menschheit

Instrumentalität der Menschheit

Titel: Instrumentalität der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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herauszufinden, daß der junge Mann, der hier im Krankenhaus lag, während einer intergalaktischen Reise mit einem Experimentalschiff verschwunden war. Verschwunden!
    Kein Schiff und keine Spur von einem Schiff.
    Und hier war er nun.
    Sie befanden sich am Rande des Weltraumes und wußten nicht, was sie vor sich hatten. Sie waren Ärzte, und es war ihre Aufgabe, Leute zu heilen oder wiederherzustellen, und nicht, sie in Schiffen herumreisen zu lassen. Wie sollten solche Männer etwas über den Weltraum 3 wissen, wo ihnen sogar der Weltraum 2 unbekannt war, bis auf die Tatsache, daß Menschen die Planoformschiffe bestiegen und ihn durchflogen? Sie suchten nach Krankheiten, obwohl sie sich ungeheuren technischen Problemen gegenübersahen. Sie behandelten ihn, auch wenn ihm nichts fehlte.
    Alles, was er brauchte, das war Zeit, um über den Schock der schrecklichsten Reise hinwegzukommen, die je ein Mensch gemacht hatte, aber die Ärzte wußten nichts davon und versuchten, seine Genesung zu beschleunigen.
    Als sie ihn ankleideten, erwachte er aus seinem Koma und wurde von mechanisch wirkenden Anfällen geschüttelt und riß sich die Kleidung vom Leib. Sobald er wieder nackt war, ließ er sich schwer zu Boden fallen und weigerte sich, zu essen oder zu sprechen.
    Sie ernährten ihn künstlich, während die gesamte Energie des Weltraumes in veränderter Form von seinem Körper abgestrahlt wurde, ohne daß sie auch nur das geringste davon ahnten.
    Sie verlegten ihn in einen verschlossenen Raum und beobachteten ihn durch das Guckloch in der Tür.
    Er war ein gutaussehender junger Mann, auch wenn sein Bewußtsein erloschen und sein Körper starr und steif war. Seine Haare waren hellblond und seine Augen leuchtend blau, und sein Antlitz war ausdrucksvoll – ein kantiges Kinn, ein hübscher resoluter, eigensinniger Mund, tiefe Linien im Gesicht, als hätte er einst viele Tage oder Monate am Rande der Raserei gelebt.
    Auch am dritten Tag seines Aufenthaltes im Krankenhaus hatte sich der Zustand ihres Patienten nicht im mindesten verändert.
    Er hatte sich wieder seinen Schlafanzug vom Leib gerissen und lag nackt, mit dem Gesicht nach unten, auf dem Boden.
    Sein Körper war genauso starr und verspannt wie zuvor.
    (Ein Jahr später wurde dieser Raum als Museum hergerichtet und mit einer Bronzetafel mit der Inschrift versehen: »Hier lag Rambo, nachdem er die Alte Rakete verlassen und den Weltraum 3 betreten hatte«, aber die Ärzte ahnten noch immer nicht, womit sie es zu tun hatten.)
    Den Kopf hatte er so weit nach links gedreht, daß seine Nackenmuskeln hervortraten. Sein rechter Arm stand starr vom Körper ab. Der linke Arm bildete mit dem Körper einen exakten rechten Winkel, und der linke Unterarm und die Hand deuteten stocksteif nach oben. Die Beine waren zu der grotesken Parodie eines Läufers verkrümmt.
    Doktor Grosbeck sagte: »Auf mich macht er den Eindruck, als ob er schwimmen würde. Werfen wir ihn in ein Wasserbecken und schauen wir zu, ob er sich bewegt.« Manchmal neigte Grosbeck zu drastischen Problemlösungen.
    Timofeyev nahm seinen Platz am Guckloch ein. »Noch immer Krämpfe«, murmelte er. »Ich hoffe, der arme Kerl fühlt keinen Schmerz, falls seine kortikalen Abwehrmechanismen zusammenbrechen. Wie kann ein Mensch den Schmerz bekämpfen, wenn er nicht einmal weiß, was ihm widerfährt?«
    »Und Sie, Sir und Doktor«, wandte sich Grosbeck an Vomact, »was meinen Sie?«
    Vomact brauchte ihn sich nicht anzuschauen. Er war früh gekommen und hatte lange und ernst den Patienten durch das Guckloch betrachtet, bevor die anderen Ärzte eingetroffen waren. Vomact war ein weiser Mann mit tiefem Einsichtsvermögen und reicher Intuition. Er konnte in einer Stunde mehr feststellen, als eine Maschine in einem Jahr diagnostizieren konnte; er begann bereits zu begreifen, daß dies eine Krankheit war, an der kein Mensch jemals zuvor gelitten hatte. Aber ihnen standen noch einige Therapiemöglichkeiten zur Verfügung.
    Die drei Ärzte probierten sie aus.
    Sie versuchten es mit Hypnose, Elektrotherapie, Massage, Subsonik, Atropin, Surgital, der gesamten Familie der Digitaline und einigen quasi-narkotischen Viren, die im Orbit gezüchtet worden waren, wo sie schnell mutierten. Die ersten Reaktionen zeigten sich, als sie es mit einer Kombination von Gas-Hypnose und elektronisch verstärkter Telepathie versuchten; dies bewies, daß die Bewußtseinsfunktionen des Patienten noch nicht vollständig erloschen waren. Andernfalls hätte

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