Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Instrumentalität der Menschheit

Instrumentalität der Menschheit

Titel: Instrumentalität der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
Vom Netzwerk:
prägte.
    »Es wäre nicht das erste Mal, daß so etwas in einem Krankenhaus geschieht.«
    »Was?« fragte Vomact, und seine Augen – diese gefürchteten Augen! – zwangen Grosbeck, das zu sagen, was er nicht sagen wollte.
    Grosbeck errötete. Er beugte sich nach vorn, so als wollte er flüstern, obwohl sich niemand in ihrer Nähe befand. Als er sprach, besaßen seine Worte die nervöse Unanständigkeit einer unschicklichen Liebeserklärung.
    »Töten Sie den Patienten, Sir und Doktor. Töten Sie ihn. Wir besitzen von ihm genügend Aufzeichnungen. Wir können einen Leichnam aus dem Keller holen und ihn in ein überzeugendes Simulacrum verwandeln. Wer weiß, was wir auf die Menschheit loslassen, wenn wir erlauben, daß er wieder gesund wird?«
    »Wer weiß?« nickte Vomact mit ausdrucksloser, sachlicher Stimme. »Aber, Bürger und Doktor, was ist die zwölfte Pflicht eines Arztes?«
    »Nicht das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen, die Heilung dem Heiler und dem Staat oder der Instrumentalität das zu überlassen, was dem Staat oder der Instrumentalität zusteht.« Grosbeck seufzte, als er seine Worte überdachte. »Sir und Doktor, ich ziehe meinen Vorschlag zurück. Mir ging es nicht um die medizinischen Aspekte. Ich habe mich in die Politik und in die Angelegenheiten der Regierung eingemischt.«
    »Und jetzt …?« fragte Vomact.
    »Heilen Sie ihn, oder überlassen Sie ihn sich selbst, bis er von allein gesund wird.«
    »Und was würden Sie tun?«
    »Ich würde versuchen, ihn zu heilen.«
    »Wie?« fragte Vomact.
    »Sir und Doktor«, rief Grosbeck, »ziehen Sie mich nicht mit der Hilflosigkeit auf, mit der mich dieser Fall konfrontiert hat! Ich weiß, daß Sie mich mögen, weil ich ein kühner, selbstsicherer Mann bin. Aber verlangen Sie nicht von mir, ich selbst zu sein, wo wir noch nicht einmal wissen, woher dieser Körper gekommen ist. Wenn ich so kühn wie gewöhnlich wäre, würde ich ihm Typhoid und Condamin geben und ihm Telepathen zur Seite stellen. Aber dies ist etwas Neues in der Geschichte der Menschheit. Wir sind Menschen, und er ist vielleicht kein Mensch mehr. Vielleicht repräsentiert er eine mit neuen Kräften ausgestattete Rasse. Wie ist es ihm gelungen, von der anderen Seite des Nirgendwo hierher zu kommen? Wie viele Millionen Mal ist er vergrößert oder verkleinert worden? Wir wissen nicht, was er ist oder was er durchgemacht hat. Wie können wir einen Menschen behandeln, wenn wir dafür die Kräfte des Weltraums, die Hitze der Sonnen, den Frost der Entfernung behandeln müssen? Wir wissen, wie wir mit Fleisch umzugehen haben, aber dies hier ist kein richtiges Fleisch mehr. Überzeugen Sie sich selbst, Sir und Doktor! Sie werden etwas berühren, was niemand je zuvor berührt hat.«
    »Ich habe ihn bereits abgetastet«, erklärte Vomact. »Sie haben recht. Wir werden es einen halben Tag lang mit Typhoid und Condamin versuchen. In zwölf Stunden treffen wir uns hier wieder. Ich werde den Krankenschwestern und Robotern sagen, was sie in der Zwischenzeit tun müssen.«
    Beide warfen der rotbraunen, mit gespreizten Gliedern auf dem Fußboden liegenden Gestalt einen kurzen Blick zu. Grosbecks Antlitz verriet eine Mischung aus Abneigung und Furcht; Vomacts Gesicht war ausdruckslos, sah man von einem schiefen, müden, mitleidigen Lächeln ab.
    An der Tür erwartete sie die Oberschwester. Grosbeck wurde von den Anordnungen seines Vorgesetzten überrascht.
    »Madam und Schwester, gibt es einen sicheren Keller in diesem Krankenhaus?«
    »Ja, Sir«, bestätigte sie. »Wir haben darin unsere Aufzeichnungen aufbewahrt, bis wir alle Daten per Telemetrie dem Orbitcomputer einspeicherten. Jetzt ist er schmutzig und leer.«
    »Lassen Sie ihn saubermachen. Schließen Sie ihn an die Klimaanlage an. Wer ist Ihr militärischer Beschützer?«
    »Mein was?« rief sie erstaunt.
    »Jedermann auf Erden genießt militärischen Schutz. Wo sind die Streitkräfte, die Soldaten, wer beschützt Ihr Krankenhaus?«
    »Mein Sir und Doktor!« rief sie. »Mein Sir und Doktor! Ich bin eine alte Frau, und ich arbeite hier schon seit dreihundert Jahren. Aber niemals habe ich an etwas Derartiges gedacht. Warum sollte ich Soldaten benötigen?«
    »Stellen Sie fest, wer sie sind, und bitten Sie sie um Unterstützung. Auch sie sind Spezialisten, obwohl sie andere Künste als wir beherrschen. Versichern Sie sich ihrer Hilfe. Sie werden vielleicht gebraucht, bevor dieser Tag zu Ende geht. Berufen Sie sich ihrem Lieutenant oder Sergeanten

Weitere Kostenlose Bücher