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Instrumentalität der Menschheit

Instrumentalität der Menschheit

Titel: Instrumentalität der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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jetzt von mir? Möchten Sie wieder einmal mit mir über die Nancy-Routine sprechen?«
    »Die Nancy-Routine?« fragte der General dumpf.
    »Ja, Sir. Ich erzähle den jungen Leuten immer diese Geschichte. Sie haben sie gehört, und ich habe sie gehört, und es gibt keinen Grund, dies zu verheimlichen.«
    Der fremde Lieutenant erklärte: »Ich bin Karl Vonderleyen. Haben Sie je von mir gehört?«
    »Nein, Sir«, gestand der junge Lieutenant.
    »Aber das werden Sie«, sagte der alte Lieutenant.
    »Seien Sie nicht so verbittert, Karl«, verlangte der General. »Viele Leute haben Probleme, nicht nur Sie. Ich habe das gleiche wie Sie durchgemacht, und ich bin ein General. Sie könnten zumindest so höflich sein und mich beneiden.«
    »Ich beneide Sie nicht, General. Sie haben Ihr Leben gelebt und ich meines. Sie wissen, was Sie versäumt haben, oder Sie glauben es wenigstens, und ich weiß, was ich erlebt habe, und das weiß ich sicher.«
    Der alte Lieutenant ignorierte dann den kommandierenden General. Er wandte sich an den jungen Mann und sagte: »Sie werden hinaus in das All fliegen, und wir werden eine kleine Vorstellung organisieren, eine Varietévorstellung. Der General hat nie eine Nancy bekommen. Er hat nicht nach Nancy gefragt und nicht um Hilfe gebeten. Er flog in das Auf-und-Hinaus und durchkreuzte es. Drei Jahre lang. Drei Jahre, die drei Millionen Jahre dauerten, nehme ich an. Er ging durch die Hölle, und er kehrte zurück. Schauen Sie sich sein Gesicht an. Er hat Erfolg gehabt. Er hat schrecklichen, vollkommenen Erfolg gehabt, und nun sitzt er da, verbraucht, müde und, so scheint es, verletzt. Schauen Sie mich an. Schauen Sie mich sorgfältig an, Lieutenant. Ich habe versagt. Ich bin ein Lieutenant, und die Raumfahrtbehörde läßt mich Lieutenant bleiben.«
    Der kommandierende General sagte nichts, und Vonderleyen fuhr fort.
    »Oh, man wird mich als General pensionieren, glaube ich, wenn die Zeit kommt. Ich bin noch nicht bereit für die Pensionierung. Es ist gleich, ob ich im Dienst der Raumfahrtbehörde bleibe oder nicht. In dieser Welt gibt es nicht viel zu tun. Ich habe es hinter mir.«
    »Was haben Sie hinter sich, Sir?« wagte Lieutenant Greene zu fragen.
    »Ich habe Nancy getroffen. Er nicht«, antwortete der Alte. »Das ist doch einfach, oder?«
    Der General schaltete sich wieder in das Gespräch ein. »So schlimm und so einfach ist es an sich nicht, Lieutenant Greene. Mit Lieutenant Vonderleyen scheint heute nicht alles in Ordnung zu sein. Wir müssen Ihnen die Geschichte erzählen, und Sie müssen sich eine eigene Meinung darüber bilden.«
    Der General sah Lieutenant Greene scharf an.
    »Wissen Sie, was wir mit Ihrem Gehirn gemacht haben?«
    »Nein, Sir.«
    »Haben Sie schon von dem Sokta- Virus gehört?«
    »Dem was, Sir?«
    »Dem Sokta- Virus. Sokta ist ein altes Wort und entstammt dem Chosen-mal, der Sprache Altkoreas. Das war ein Land westlich von Japan. Es bedeutet ›vielleicht‹, und wir haben ihnen ein ›Vielleicht‹ in Ihren Kopf eingepflanzt. Es ist ein winziger Kristall von mikroskopischer Kleinheit. Er befindet sich in Ihrem Kopf. Auf dem Schiff gibt es eine Maschine. Sie ist nicht groß, denn es steht nicht viel Platz zur Verfügung, aber sie kann den Virus aktiv werden lassen. Falls Sokta aktiv wird, werden Sie so wie er sein. Falls nicht, dann so wie ich – vorausgesetzt, Sie überleben. Falls Sie nicht überleben und nicht zurückkehren, dann bleibt unser Gespräch rein akademischer Natur.«
    Der junge Mann faßte Mut und fragte: »Wie wirkt der Virus? Wozu all diese Umstände?«
    »Wir können Ihnen nicht zuviel verraten. Teilweise, weil es nicht wert ist, darüber zu reden.«
    »Sie meinen, Sie können wirklich nicht, Sir?«
    Traurig und weise schüttelte der General den Kopf.
    »Nein. Ich habe es versäumt, er hat es erlebt, und dennoch sprengt es irgendwie die Grenzen einer Unterhaltung.«
    Viele Jahre später, als mein Cousin mir diese Geschichte erzählte, unterbrach ich ihn an dieser Stelle und fragte: »Nun, Gordon, wenn sie behaupteten, nicht darüber reden zu können, wie kannst du es dann?«
    »Betrunken, Freund, betrunken«, erklärte mein Cousin. »Wie lange, glaubst du, habe ich gebraucht, um mich soweit zu bringen? Nie wieder werde ich davon erzählen – niemals wieder. Wie dem auch sei, du bist mein Cousin, du zählst nicht. Und ich habe Nancy versprochen, mit niemandem darüber zu sprechen.«
    »Wer ist Nancy?« erkundigte ich mich.
    »Nancy ist die

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