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Instrumentalität der Menschheit

Instrumentalität der Menschheit

Titel: Instrumentalität der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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Wahren Menschen seid. Bitte, vergeßt es.«
    »Also dürfen Unbefugte Menschen nichts davon wissen?« bohrte Bil weiter.
    Der Bär nickte unglücklich.
    Bil verstand. »Nun, wenn du es irgendwann erzählen darfst, wirst du es uns dann verraten?«
    »Natürlich«, versprach der Bär. »Ich denke, ich sollte jetzt besser meine Haushälterin bitten, sich um sie zu kümmern. Herkie, Herkie, komm her.«
    Eine blonde Frau erschien und sah sich ängstlich um. Offenbar stimmte etwas mit ihren blauen Augen nicht, aber das Leiden beeinträchtigte sie nicht allzu sehr.
    Bil wich von der Tür zurück. »Das ist eine Experimentelle Person«, stellte er fest. »Das ist eine Katze!«
    Der Bär wirkte völlig unbeeindruckt. »So ist es, aber wie du erkennen kannst, sind ihre Augen beschädigt. Deshalb ist es ihr gestattet, als meine Haushälterin zu arbeiten, und aus diesem Grund steht auch kein ›K‹ vor ihrem Namen.«
    Bil begriff. Die Fehler, die die Wahren Menschen bei ihren Versuchen machten, Untermenschen heranzuzüchten, wurden zumeist vernichtet, aber hin und wieder wurde es einem der Mängelexemplare erlaubt, weiterzuleben und Arbeiten zu verrichten. Der Bär besaß Verbindungen zu den Wahren Menschen. Wenn er eine Haushälterin benötigte, so stellte ein fehlerhaftes modifiziertes Tier eine ideale Lösung dar.
    Herkie beugte sich über Julis reglose Gestalt. Voller Verwirrung betrachtete sie Julis Antlitz. Dann blickte sie zu dem Bären auf. »Ich verstehe nicht«, sagte sie. »Ich begreife nicht, wie das möglich ist.«
    »Später«, mahnte der Bär. »Wenn wir allein sind.«
    Herkie äugte angestrengt in die Dunkelheit und entdeckte die Hundefamilie. »Oh, natürlich«, murmelte sie.
    Bil und Charls reagierten verlegen. Oda und Kae schienen die Geringschätzigkeit der Behandlung nicht bemerkt zu haben.
    Bil winkte. »Nun, auf Wiedersehen. Ich hoffe, daß du etwas für sie tun kannst.«
    »Dann danke ich dir, daß du sie zu mir gebracht hast«, antwortete der Bär. »Die Wahren Menschen werden sich dafür wahrscheinlich erkenntlich zeigen.«
    Bil spürte, wie sein Schwanz von allein wieder zu wedeln begann.
    »Werden wir sie jemals wiedersehen?« fragte Oda. »Glaubst du, daß wir sie jemals wiedersehen werden? Ich liebe sie, ich liebe sie …«
    »Vielleicht«, sagte ihr Vater. »Sie wird wissen, wer sie gerettet hat, und ich glaube, sie wird später nach uns suchen.«
     
    Juli erwachte zögernd. Wo bin ich? Was ist das für ein Ort? Teilweise kehrte ihre Erinnerung zurück. Die Wauwau-Menschen. Wo sind sie? Sie wurde sich bewußt, daß jemand neben ihrem Bett stand. Sie blickte auf und sah in trübe blaue Augen, die sie ängstlich musterten.
    »Ich bin Herkie«, sagte die Frau. »Ich bin die Haushälterin des Bären.«
    Juli hatte das Gefühl, in einer psychiatrischen Klinik erwacht zu sein. Alles war so absurd. Wauwau-Menschen und jetzt ein Bär? Und war etwa auch die blonde Frau mit den schlechten Augen kein Mensch?
    Herkie streichelte ihre Hand. »Natürlich bist du durcheinander«, sagte sie.
    Juli fuhr zusammen. »Du sprichst! Du sprichst, und ich verstehe dich. Du sprichst Deutsch. Wir unterhalten uns nicht telepathisch.«
    »Natürlich«, nickte Herkie. »Ich spreche gut Doych. Es gehört zu den Lieblingssprachen des Bären.«
    »Zu den …« Juli verstummte. »Alles ist so verwirrend.«
    Wieder streichelte Herkie ihre Hand. »Selbstverständlich ist es das.«
    Juli legte sich hin und starrte die Decke an. Ich muß mich auf irgendeiner fremden Welt befinden.
    Nein, übermittelte ihr Herkie gedanklich, aber dich trennen viele lange Jahre von deiner alten Welt.
    Der Bär betrat das Zimmer. »Fühlst du dich besser?« fragte er.
    Juli nickte nur.
    »Am Morgen werden wir entscheiden, was zu tun ist«, fuhr er fort. »Ich besitze einige Verbindungen zu den Wahren Menschen, und ich glaube, es ist das beste, wenn wir dich zur Vomact bringen.«
    Juli fuhr wie vom Blitz getroffen hoch. »Was meinst du mit ›Vomacht‹? Das ist mein Name, vom Acht!«
    »Das dachte ich mir schon«, brummte der Bär. Herkie, die neben dem Bett stand und sie anstarrte, nickte weise.
    »Ich war davon überzeugt«, sagte sie. »Ich denke, du brauchst eine gute heiße Suppe und viel Schlaf. Morgen früh wird sich alles klären.«
    Die Müdigkeit von Jahren schien sich in Julis Glieder zu schleichen. Ich brauche Schlaf dachte sie. Ich muß meinen klaren Verstand zurückgewinnen. So plötzlich, daß sie nicht einmal eine Chance hatte, darüber

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