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Instrumentalität der Menschheit

Instrumentalität der Menschheit

Titel: Instrumentalität der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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Abgeschiedenheit drangen Worte in ihr Bewußtsein:
     
    Mädchen, wenn ein Mann
    erscheint und macht dich an,
    dann denk blau,
    zähl bis zwei
    und schau nach einem roten Schuh …
     
    An Blau zu denken war nicht schwer. Sie stellte sich einfach vor, daß die gelben Lampen der Kabine blau wurden. »Eins-zwei« zu zählen war das einfachste auf der Welt. Und obwohl Talatashar mit ihr kämpfte und ihre freie Hand zu packen trachtete, gelang es ihr, sich an die wunderschönen, wundervollen roten Schuhe zu erinnern, die sie in Marcia und die Mondmenschen gesehen hatte.
    Die Lampen wurden für einen Moment trüb, und eine durchdringende Stimme dröhnte aus dem Kontrollpult.
    »Notfall, äußerster Notfall! Menschen! Menschen sind gestört!«
    Talatashar war so verblüfft, daß er sie losließ.
    Das Pult wimmerte wie eine Sirene. Es klang, als habe der Computer selbst zu weinen begonnen.
    Mit einer Stimme, die sich vollkommen von seinem gereizten, zornigen Geschrei unterschied, fragte Talatashar schlicht, während er sie offen ansah: »Dein Würfel. Habe ich denn nicht deinen Würfel entfernt?«
    Es klopfte an der Wand. Ein Klopfen, das von draußen drang, aus der Millionen Kilometer tiefen Leere. Ein Klopfen aus dem Nirgendwo.
    Eine Gestalt, die sie nie zuvor gesehen hatten, betrat das Schiff, durchschritt die Doppelwand, als sei sie nichts weiter als Nebel.
    Es war ein Mann. Ein Mann mittleren Alters, mit scharf geschnittenem Gesicht, von kräftiger Statur und auf altmodische Art gekleidet. An seinem Gürtel befanden sich etliche Waffen, und in der Hand hielt er eine Peitsche.
    »Du«, wandte sich der Fremde an Talatashar, »binde diesen Mann los.«
    Er deutete mit dem Peitschenstiel auf Trece, der noch immer gefesselt und geknebelt war.
    Talatashar überwand seine Überraschung.
    »Du bist ein Würfelgeist. Du bist nicht wirklich!«
    Die Peitsche pfiff durch die Luft, und ein langer roter Striemen zog sich über Talatashars Handgelenk. Blutstropfen perlten hervor und trieben neben ihm durch die Luft, bevor er wieder sprechen konnte.
    Veesey brachte kein Wort heraus; ihr Kopf war leer, und sie fühlte ihren Körper nicht mehr.
    Als sie zu Boden sank, sah sie, wie Talatashar sich schüttelte, zu Trece hinüberging und seine Fesseln zu lösen begann.
    Sobald Talatashar den Knebel aus Treces Mund entfernt hatte, fragte Trece den Fremden: »Wer bist du?«
    »Ich existiere nicht«, erwiderte der Fremde, »aber ich kann euch alle töten, wenn ich will. Es ist besser, wenn ihr macht, was ich euch sage. Hört genau zu. Auch du«, fügte er hinzu, drehte sich halb herum und sah Veesey an. »Auch du hörst zu, denn du hast mich gerufen.«
    Alle drei lauschten. Der Kampf war vorüber. Trece rieb seine Handgelenke und schüttelte die Hände, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu bringen.
    Auf würdevolle und elegante Art drehte sich der Fremde zur Seite und wandte seine Worte direkt an Talatashar.
    »Ich entstamme dem Würfel der jungen Dame. Habt ihr bemerkt, wie die Lampen trüber wurden? Tiga-belas hat einen falschen Würfel in ihre Kältebox gelegt und mich im Schiff versteckt. Als sie die Schlüsselworte dachte, entstand eine Spannung vom Bruchteil eines Mikrovolts und orderte mehr Strom für meine Kontrollen. Ich bestehe aus dem Gehirn eines kleinen Tieres, aber ich besitze die Persönlichkeit und die Kraft von Tiga-belas. Ich werde eine Milliarde Jahre lang leben. Als die Spannung hoch genug war, entstand ich als Störung in euren Gehirnen. Ich bin nicht wirklich«, sagte er und meinte insbesondere Talatashar, »aber wenn ich meine imaginäre Pistole in die Hand nehme und dir damit in den Kopf schieße, dann werden deine Knochen meinen Befehlen gehorchen, so stark ist meine Kontrolle. Das Loch wird in deinem Kopf entstehen, und dein Blut und dein Gehirn werden heraustropfen, genau wie das Blut jetzt aus deiner Hand tropft. Schau dir deine Hand an und glaube mir, wenn du willst.«
    Talatashar verzichtete darauf.
    In einem bedächtigen Tonfall fuhr der Fremde fort: »Keine Kugel wird aus meiner Pistole dringen, kein Strahl, kein Feuer, nichts. Absolut nichts. Aber dein Fleisch wird mir glauben, selbst wenn sich deine Gedanken weigern. Deine Knochenstruktur wird mir glauben, ob du es nun willst oder nicht. Ich stehe mit jeder einzelnen Zelle deines Körpers in Verbindung, mit allem, von dem ich fühle, daß es lebt. Wenn ich Kugel denke, dann werden sich deine Knochen für die imaginäre Wunde öffnen. Deine Haut wird sich

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