Interview mit einem Buchpiraten
besitzt, selbst darüber gibt es aufgeweckte Zweifel. Südeuropäisch ja, aber Medea war eine Gottgezeugte, da ist es ein langer Weg. Sie vertraut nur ihren wenige Hofdamen und dem wie ein Siegelring treuen Ritter Zidharta.
In ihrer Burg, die wie eine Festung ist?
Die Umgebung, mein Freund macht es. Das sind Nomaden. Alles, was die Kamelrücken tragen, entwenden sie. Das ist ihre Natur. Es fehlt in der Burg an vielem, an allem. Die Rüstung von Ritter Zidharta - statt Beinscharnieren gehälfte Blechtassen, die Arme unterschiedlich lang, weil der rechte Arm zum Halt in den Innenstoff genäht werden musste. Die Schuhwehr - silbrig bemalte Holzpantinen. Es klappert, wenn er läuft. Also steht er meist - grimmig und treu. Das Schwert - schon lange fort. Der Helm - vor zwei Nächten im stehenden Schlaf entwendet. Ein Ritter ohne Rüstung. Vom Glauben an die Glorie seines Standes zusammengehalten
Aber diese Burg ist wie eine Wehr. Welcher Dieb drang hier ein?
Von innen geschah es. Sie wird verschlossen wie jeden Abend, aber die Diebe sind die Bewohner darin. Sie entwenden die Stücke und werfen sie über die Mauer, wo draußen in der Dunkelheit die Kamele warten und ihre Kumpane das Diebesgut zu Päckchen verschnüren
Eine solch stolze Burg - von innen ausgeraubt. Wer macht so etwas? Gibt es denn keine Landessitten?
Es sind Nomande, keine Landbewohner. Wo Sitten keinen Nutzen haben, werden sie nicht in Gebrauch genommen. Der Stolz der Burg kommt aus den wenigen innersten Hofgemächern, von der Fürstin, den wenige Hofdamen, die selbst schon in Treue nicht unterschiedlicher sein könnten. Von Zidharta, dem stehenden Ritter.
Aber die eigene Fürstin zu bestehlen? Wie kam es dazu?
Jemand fing damit an. Ein Bediensteter, ein Händler, der einem Nomandestamm entstammte? Irgendwann fehlten die ersten Silberteller, dann - als die Sonne vorhanglos das Tischobst verbrannte - begann ein Wettlauf. Da zerbrach die dünne Schale der Hofkultur. Zwar tragen die Händler Titel wie "Hoflieferant" und die Diener nennen sich "Kammerherr" und "Page", aber was heißt das schon, wenn Nomadenblut in den schwärzlichen Adern fließt.
Der Fürstin ist nichts geblieben?
Nun, die Mauer stehen, wie du siehst. Die Treuesten der Treuen sind - was bleibt ihnen auch - treu fortwährend. Ritter Zidharta steht, wie er immer stand, allein. Die treuesten Hofdamen - ein hofständisches 'B' beginnt ihrem Namen - stehen zusammen. Und die Fürstin ruft ihre Ahnin Medea an - mal irrlichtern wie eine Elfe, mal tobend wie ein Wehrzwerg.
Und was wird werden? Was wird aus ihr, der Fürstin? Was aus der Burg?
Es gibt touristische Einnahmen. Nachdem die Gegenstände der Burg im Kreislauf des Handels verschwunden waren, herrschte eine Zeitlang Ratlosigkeit bei den Nomaden. Was gab es noch zu holen, was nicht alt und der Mühe nicht wert war? Dann kamen die Europäer, mit ihnen die Geschichtslehrer, in deren Gefolge Klassenfahrten, denen wiederum die Eltern folgten und Scharen von eilig Belesenen. Zuerst - zugegeben - hat ein Kredit die Burg von innen beleuchtet. Doch die Nomanden sind zufrieden. Hier entstehen Kosten, anderswo fallen Gewinne an.
Und die Fürstin?
Sie klagt. Es bleibt ihr nichts, als hofstaatlich immer bescheidener zu warten, dass die Nomaden sesshaft werden und ihnen mit eigenem Besitz der Nutzen von Eigentumsrechten erkennbar wird.
Mein Freund, der Lyriker
SAMSTAG, 12. MAI 2012
Wie heißt dein Freund denn? Ich kenne keine Lyriker!
Mein Freund ist der Michael Krüger. Er hat kürzlich in der FAZ geschrieben: Link . Jetzt kennen ihn alle! Er hat sich bitter beklagt, dass ihr seine Bücher ins Netz stellt!
[Pause für eine Internetrecherche]
Nee, ich find ihn nicht. Da ist nichts von ihm im Netz, ganz bestimmt nicht! Der kann also wieder ruhig schlafen, dein Freund! Wir stellen ja auch nur rein, wo das Interesse da ist. Gedichte, nun ja ... Er muss seine Sachen selbst posten, sonst wird das nichts mit der Copyrightverletzung. Wir nennen die Leute 'Selbstlader'. Da gibt's durchaus ein paar, die das machen!
Er hat ja auch allgemein gesprochen, für alle Schriftsteller. Er gehört zur Gruppe der über Tausend, die den Appell unterschrieben haben.
Du meinst, wo Cornelia Froebess, Mario Adorf und Heinz Rühmann unterschrieben haben?
Ja, genau die.
Von denen reden sie doch nur noch in den Bridgerunden im Altersheim. Was hat das mit uns zu tun?
Es sind ja andere dabei. Und du wirst zugeben müssen, dass ihr
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