Interview mit einem Buchpiraten
schon die ein oder andere Copyrightverletzung ...
Vergiss das Copyright! Der Keks ist gegessen. Jetzt ist die Zeit für Witzchen und Händeschütteln. Die Politiker überlegen nur noch den Namen: 'Rettungsschirm' klingt ja besser als 'Sprungtuch' - diese Richtung eben!
Das macht es für die Schriftsteller nicht besser!
Du musst doch unterscheiden: Da sind die Bestsellerautoren. Schon untereinander respektieren sie kein geistiges Eigentum. Das tut niemand, der Erfolg haben will, nicht der Designer, nicht der Musiker, nicht der Modemacher, nicht Christian Kracht. Warum auch? Sie sagen sich, von denen, wo sie es herhaben, kommt es eh nicht, sondern wieder von anderen!
UND es gibt die unbekannten Schriftsteller, die mittlerweile ein echtes Existenzproblem haben!
Aber nicht wegen uns Buchpiraten! Das Existenzproblem soll denen der Staat lösen. Da geht die Diskussion ja auch hin. Die Künstlersozialkasse soll nicht nur bei Krankheit einspringen, sondern auch den Lebensunterhalt absichern. Aber ich sage dir, dann fang ich auch an Gedichte zu schreiben! Und nicht nur ich!!
Ich hoffe, dass es nicht dazu kommt!
Sag mal, dein Freund, der Lyriker, hat der wirklich den Kopf ins Gras gelegt und bitterlich geweint? Oder ist das nur Lyrikerkitsch?
Das war im Biergarten, ja! Für solche Aktionen ist der immer wieder mal gut. Außerdem ist er nur eine Kneipenbekanntschaft, kein Freund!
Copyright - wer mit wem wohin?
MITTWOCH, 16. MAI 2012
Die Diskussion über das Copyright ist lebhaft, aber unübersichtlich! Viele Autoren, viele Meinungen, viel Durcheinander!
Da sind zum einen die Schriftsteller, die sich von der Digitalisierung allgemein bedroht fühlen. Du darfst nicht vergessen, dass Musiker und Filmemacher per se aufgeschlossener sind, was neue Techniken anbelangt. Von allen Künstlergruppen sind die Schrifsteller sicherlich die am wenigsten fortschrittliche.
Alle Autoren? Gibt es da nicht Unterschiede?
Am wenigsten sicherlich die verlagsfreien Autoren, die sogenannten 'Indies'. Ein Papierbuch setzt einen Verlag voraus, ein Digitalbuch nicht. Auch viele Bestsellerautoren sehen nicht ungern, dass die traditionelle Gewinnschöpfungskette verzichtbar ist. Das sind Autoren wie Clive Cussler und natürlich auch Joanne K. Rowling, die überaus geschickt und skrupellos agiert.
Sind es also die Buchhandelsautoren, die das Copyright hochhalten?
Diese Autoren profitieren am stärksten von der bisherigen Situation. Das Copyright soll sie vor der Digitalisierung schützen. Sie begreifen schon instinktiv, dass 'Copyright' und 'Digital' nicht zusammenpasst. Sie haben ja auch viel erreicht bisher.
Das Ebook hat sich aber mittlerweile durchgesetzt.
Zuerst haben sich die Verlage dem Ebook verweigert. Buchhändler, Verlagsmanager und Autoren fanden sich noch einmal zum Gruppenbild zusammen. Dann haben einzelne Verlage mit starken Kontakten in den angelsächsischen Sprachraum umgeschwenkt. Jetzt vollziehen die deutschsprachigen Verlage auf der ganzen Linie die Digitalisierung. Ganz plötzlich, seit Anfang des Jahres.
Warum diese Kehrtwendung?
Ganz klar, das Weichnachtsgeschäft war für die Thalia und die Großbuchhandlungen, was die Bücher anbelangt - sie verkaufen ja mittlerweile alles mögliche - eine Katastrophe. 'Was ist, wenn die Großbuchhandlungen, die Umsatzbringer, verschwinden? Was wird dann aus uns, den Verlagen?' - das war plötzlich die Frage, die still und leise gestellt wurde.
So schnell wird das doch nicht gehen?
Das geht schneller als schnell! Die Thalia ist ein Zuschussgeschäft für die Douglas-Gruppe. Sie suchen einen Käufer, aber sie finden keinen. In US kippt eine Kette nach der anderen in die ungeordnete Insolvenz. Noch suchen Douglas und Hugendubel und Weltbild einen Käufer, noch!
Nehmen wir mal an, der Buchhandel auf der Einzelhandelsfläche verschwindet. Was dann?
Ein Wort: Amazon!! Wenn du mal siehst, wer frühzeitig in die Digitalisierung von Büchern eingestiegen ist, dann siehst du Amazon. Wir waren die ersten, ganz klar. Das Ebook haben die Piraten quasi erfunden mit ihren Scans. Aber Amazon hat früh die Zeichen der Zeit erkannt. Und jetzt ernten sie die Früchte.
Verkaufen die Verlage eben an Amazon.! Wo ist das Problem?
Amazon ist mittlerweile selbst ein Verlag! Und der Plan ist sicherlich nicht, ein Verlag unter vielen zu sein. Autoren werden erfolgreich mit günstigsten Konditionen (70 % vom Erlös statt 5%) abgeworben. Die deutschsprachigen Verlage haben sich
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