Interview mit einem Buchpiraten
hohen, die andere fast ohne Vertriebs- und Herstellungskosten - können nicht nebeneinander existieren. Das klappt nicht. Papierbuch und eBook nehmen sich gegenseitig die Aussicht.
Und damit ändern sich alle Bedingungen!?
Alles ändert sich: Jeder Leser kann - da keine Kosten entstehen - Autor werden. Schreib einen sauberen Text in Doc, lad ihn bei Amazon hoch, ein Cover, ein Preis - und schon bist du ein Autor!
Du brauchst aber eine Idee, du musst schreiben können!
Klau dir eine Idee. Lass dich inspirieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass du eine bereits geklaute Idee klaust, ist ziemlich hoch. Die größten Moralisten sind auch die größten Heuchler. Nimm mal 'Fifty Shades of Grey'. Haben wir heute auf Englisch released. Ein Riesenerfolg in GB und US! Ich sagen dir, die Profis sitzen schon im Zugabteil. Also sprinte los, den Soft-SM-Zug erwischt du noch!!
Das ist doch erbärmlich! Was ist daran noch Kunst?
In der Tat, du hast recht, die Verlage waren auch Qualitätsrichter. Sie haben eine Auslese getroffen. Die Herstellung eines Buches war teuer und mühevoll. In der Malerei - daher mein letzter Blogbeitrag - ist die Herstellung aber keine große Sache. Selbst ein berühmter Maler wie Gerhard Richter malt Blumen, Lesende Mädchen und Sonnenuntergängen - ein Kitschmaler sagen nicht wenige. Der Kunstmarkt ist klar Käufermarkt. Ein Qualitätsrichter, der einmal im sechsstelligen Eurobereich daneben lag, kann beim Securitytürken anfangen! So ein Giermarkt kennt mit Gewinnversagern keine Gnade!!
So stellst du dir den Buchmarkt der Zukunft vor?
Meine Wünsche habe ich dir schnell aufgezählt! Darum geht es nicht. Wenn es keine Verlage mehr gibt, keinen stationären Buchhandel, dann folgt etwas daraus. Stell dir eine Buchhandlung als ihr digitales Abbild vor. Selbst dem eingeschlafensten Verlagsautor wird auffallen: Es gibt kein Platzproblem mehr! Die andere Seite des Buchregals ist die Unendlichkeit!
Zukunftsmusik, denke ich ...
Nicht im Kindle Store. Bereits jetzt sind 70% aller Neuerscheinungen dort von Selbstverlegern schätze ich. Nimm dir einen Tag vor und zähl sie durch. Und Amazon baut auf diese Autoren! Sie sind nicht Beipack der Verlagsautoren. Sie werden hofiert. Ihnen werden beste Konditionen geboten. Für Amazon sind sie die Autoren der Zukunft!
Ist das nicht kurzfristig gedacht, nicht auf Qualität zu achten?
In der Tat füllt Amazon nur die Regale. In der Tat hat Amazon den Papierbuchhandel wohl abgeschrieben, mit ihm das ganze Personal, die Vertriebswege und die Vorkoster der Bücher. Amazon überlässt den Lesern die Auswahl. Das hat den unendlichen Vorteil, dass es nichts kostet. Das hat den unendlichen Vorteil, dass der Leser viel näher am Käufer ist, als ein Verlagslektor sein kann. Da hast du ihn, deinen Käufermarkt der Zukunft! Alle schreiben, alle malen und alle finden schön, was allen gefällt!
'Leseprobe' oder Raubkopie?
DIENSTAG, 29. MAI 2012
Was sagst du einem jungen Autor, der seinen Beitrag gelöscht haben will.
Ich hatte den Fall kürzlich. Keine Drohungen, keinen Moraltrief, einfach nur: 'Leute, ich muss von was leben ... ' Vor die Frage gestellt, habe ich ihn tatsächlich gelöscht. Ich habe ihn aber auch gefragt, ob er nicht denkt, dass er sich dadurch mehr schadet als nützt.
Was hat er geantwortet?
Gerade die jungen Autoren - ein anderer hätte uns kaum gefunden! - sind unsicher in dieser Frage. Er hat ja zugegeben, dass er selbst Downloads macht, nur eben keine Bücher. Diesem Autor war sehr bewusst, dass er auf den jugendlichen Teil seines Publikums verzichtet, wenn er seine Sachen nicht freigibt.
Worauf habt ihr euch geeinigt?
Er wird uns sein Buch zum Upload anbieten, wenn seine Verkaufszahlen zurückgehen. Im Augenblick läuft es gut für ihn. Aber wenn das Interesse nachlässt, dann kann so eine Leseprobe ohne Frage seine Bekanntheit auffrischen.
'Leseprobe' nennst du das. Andere würden es 'Raubkopie' nennen!
Von einer Seite wie vorablesen.de unterscheidet uns wenig! Deren Angebot ist mit dem Verlag abgesprochen, klar. Aber auf dieselbe Weise nutzen viele Leser das Piratenangebot. Runtergeladen wird erstmal sehr viel. Dann lesen die Nutzer rein. Zu Ende gelesen wird nur das, was wirklich interessiert. So gesehen bieten wir eine Art translegale Leseprobe an.
Glaubst du wirklich, dass ein Downloader von Ebooks später zum Käufer wird?
Ein Autor kann sich den Vorableseseiten ja verweigern. Das ist sein gutes Recht! Tut er sich
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