Interview mit einem Verführer - Caprice: Erotikserie (German Edition)
Plisseerock und ein Abendkleid in zartem Rosé vorgesehen, das sie gegen Ende der Show zeigen sollte. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es bald so weit war. Wie auch schon am Abend der anderen Show setzte jetzt bei ihr ein Anflug von Nervosität ein. Es wäre schön gewesen, wenn sie jetzt noch einen aufmunternden Blick von Robert hätte erhaschen können. Doch sie hatte ihn, seit Karin mit der Zeitung aufgetaucht war, nicht mehr gesehen. Seltsam , dachte sie. Aber gut, vielleicht hatte ihn die Auflösung seines gordischen Knotens so mitgenommen, dass er eine Auszeit brauchte. Er hatte ja Karin, und die Direktrice würde den Laden schon schaukeln.
Ein kurzes Aufflackern des Lichtes in der Umkleide rief die Models hinüber zum Aufgang auf den Laufsteg. Leise kichernd stellten sie sich in der Reihenfolge auf, in der sie die Stücke präsentieren sollten. Maren fühlte sich in ihre Schulzeit versetzt, als eine Horde wildgewordener Girls zur Theateraufführung gelotst wurden. Sie schmunzelte bei diesem Gedanken und versuchte sich dann auf ihren Auftritt zu konzentrieren. In ihrer rechten Hand hielt sie wieder die kleine Digitalkamera fest umschlossen. Es hatte beim letzten Mal so gut funktioniert, und Robert hatte nichts dagegen gehabt, sodass sie diesen Coup heute wiederholen würde. Ein wenig feucht vor Aufregung waren ihre Hände schon. Sie zählte die Mädchen ab, die vor ihr standen: Maren wäre die Dritte von Zwölfen.
Ihr bevorstehender Lauf war es nicht, was sie nervös machte. Sie wusste nicht, was es war. Aber irgendwas war heute anders. Maren bezeichnete sich nicht als alten Hasen, aber sie hatte ein gutes Gespür für Stimmungsänderungen. Und hier lag ganz eindeutig was in der Luft, das sie nervös machte.
Leise sphärische Musik setzte ein. Der Vorhang zum Catwalk wurde langsam geöffnet. Das erste Model stand bereit, straffte sich und ging dann langsam, sehr langsam den langen Weg hinunter. Maren rief sich die Halle ins Gedächtnis. Im hohen Dach waren Scheinwerfer installiert, die genau auf den Laufsteg zeigten. Sie würde also – wie alle anderen Mädchen auch – im vollen Licht wandeln. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis das erste Mädchen zurückkam und die anderen aufrückten. Marens Herz klopfte ihr bis zum Hals. So etwas hatte sie schon lange nicht mehr verspürt. Beinahe hätte sie den Moment verpasst, an welchem sie sich auf die Treppe hätte stellen sollen, um ihren Auftritt zu beginnen.
Maren atmete tief durch, nickte der Assistentin zu ihrer Rechten zu, schloss für einen Moment die Augen, und dann spürte sie die Scheinwerfer auf ihrer Haut.
Ihr stockte der Atem. Der Catwalk lag in vollkommenem Nebel, die Musik trug die Schwaden über die Köpfe des Publikums hinweg und behinderte Marens Sicht. Na, das kann ja heiter werden , dachte sie und trat einen Schritt vor. In diesem Augenblick veränderte sich die Musik. War sie vorher wie von einer Fantasie getragen, stampften nun Bassdrums durch die große Halle, und die Akustik verzog den Sound so sehr, dass Marens Ohren dröhnten. Das Licht der Scheinwerfer wechselte und spiegelte nun das ganze Farbspektrum wider.
Langsam machte sie den ersten Schritt, blieb stehen, spürte die Musik und fand ihren Rhythmus. Jetzt fühlte sie sich sicher. Hatte wieder den Boden unter den Füßen, den sie brauchte. Der Hosenanzug, den sie vorführte, schwebte bei jedem Schritt um ihre langen Beine. Die übergroße Kapuze, die Robert noch hatte annähen lassen, bauschte sich auf, tauchte ihre zarten Züge in gespenstisches Licht. Ihren Blick starr nach vorne gerichtet, die Hand an der Hüfte, begleitet von den Blitzen ihrer Kamera ging Maren den Catwalk entlang. Vor Kopf blieb sie stehen und riskierte einen langen Blick ins Publikum, das zu ihren Füßen saß. Mit einem leichten Ruck, der durch ihren schlanken Körper ging, drehte sie sich um und ging zurück. Innerlich jauchzte sie darüber, dass sie es geschafft hatte. Und noch ein Gefühl breitete sich in ihr aus. Erregung. Sexuelle Erregung. Sie lachte leise auf und versuchte, dieses Lachen bis zum Vorhang, hinter dem sie verschwinden würde, zu verbergen. Aber es war wahr. Es erregte sie über den Catwalk zu laufen, die Blicke der Zuschauer auf sich zu spüren, mit den Gefühlen im Publikum zu spielen und im Applaus zu baden. Ein unbeschreibliches Erlebnis.
Bevor sie hinter dem Vorhang verschwand, blieb sie noch einmal stehen, drehte sich noch einmal zum Publikum um und verharrte den Moment
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