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Intimitaet und Verlangen

Intimitaet und Verlangen

Titel: Intimitaet und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schnarch
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Äußerungen wurden durch das, was sein Gesicht ausdrückte und was in seinem Geist vorging, nicht bestätigt. Ich wusste, was er versuchte, und mir fiel auf, wie geschickt er sich dabei verhielt: Er lobte Nicole, um zu verhindern, dass sich das Gespräch auf ihn konzentrierte.
    Â»Ich bewundere Ihre Fähigkeit, wahre Aussagen zu benutzen, um die Wahrheit zu verzerren. Sie haben es darin zu echter Meisterschaft gebracht. Um mit Hilfe der Wahrheit eine falsche Sicht etablieren zu können, müssen Sie den Geistanderer Menschen unglaublich gut spiegeln können – und Sie müssen verhindern können, dass andere Ihren eigenen Geist spiegeln.«
    Â»Was meinen Sie damit?« Philipps Gesicht wirkte ausdruckslos, und in seiner Stimme schwang Misstrauen mit.
    Â»Sie loben Nicole, weil sie sich hat nehmen lassen und weil sie genossen hat, was Sie ihr haben geben können. Bei alldem versuchen Sie, völlig über Nicoles Wahrnehmung hinwegzugehen, dass Sie sich darum gedrückt haben, genommen zu werden. Sie hat Sie aufgefordert, den Tatsachen ins Auge zu blicken und ihr zu sagen, was Sie davon halten.«
    Â»Ich habe Nicole gebeten, mit mir so zu vögeln, wie ich glaubte, dass es mir gefallen würde.«
    Â»Okay, wenn wir einmal annehmen, dass dies wahr ist, sind Sie immer noch nicht bereit oder in der Lage, sich mit den Dingen auseinanderzusetzen, auf die Nicole Sie hingewiesen hat.«
    Â»Das kann ich nicht, weil ich es einfach nicht so sehe.« Alles, was von Philipps kollaborativer Allianz mit Nicole oder mit mir noch übrig gewesen war, war nun ebenfalls dahin. Philipp sah das Schlamassel, in dem er sich befand, und versuchte trotzdem weiterhin hartnäckig, es zu vermeiden. Ich merkte mir, welche Methode er zu diesem Zweck anwendete: Er behauptete einfach, er sehe nichts dergleichen.
    Philipp stand kurz vor einem Wutanfall, und er versuchte Nicole und mir zu signalisieren, dass wir es besser dabei bewenden ließen. Ich musste nach einer anderen Möglichkeit suchen, sein Interesse zu wecken und ihn zur Kooperation zu bewegen. Ich stellte mir die sexuelle Begegnung an jenem Nachmittag vor. Zunächst schwieg ich eine Weile, um Philipps Anti-Haltung abklingen zu lassen, und dann fing ich langsam und mit leiser Stimme an zu sprechen.
    Â»Sie müssen sehr enttäuscht gewesen sein.«
    Â»Wie bitte? Was meinen Sie damit?« Philipp war auf der Hut.
    Â»Ich meine, als Sie so schnell kamen. Da müssen Sie doch sehr enttäuscht gewesen sein, oder?« Philipp stritt weder etwas ab, noch bestätigte er etwas. Ihm ging es nur um Informationen von mir.
    Ich hielt inne, um durchzuatmen. »Ich versuche, Ihnen zu helfen, aber das bedeutet nicht, dass ich Lust habe, mit Ihnen zu kämpfen. Das hier ist mein Beitrag zum Wiederaufbau unserer kollaborativen Allianz: Entscheidend ist nicht, woher ich dies weiß, sondern die Frage lautet: ›Ist es wahr?‹«
    Philipp zögerte, um zu überlegen, was er jetzt tun sollte. Dann ließ er ein langesund langsames »… Jaaaaaaaaaa!« ertönen. Ich hatte unsere kollaborative Allianz zur Disposition gestellt, und er hatte sich entschlossen, sie nicht zu gefährden.
    Â»Schnell zu kommen, nachdem man sich vorher darum herumgedrückt hat, zu empfangen, und Oralsex zu vermeiden, muss Sie sehr geschmerzt haben.«
    Â»â€¦Â Ja.« Philipp ergab sich. Unsere kollaborative Allianz war wiederhergestellt.
    Â»Warum haben Sie gekniffen?«
    Â»â€¦Â Ich weiß nicht.«
    Â»Nun kommen Sie schon. Sie haben an jenem Tag gekniffen, und was Sie dazu motiviert hat, das muss an jenem Tag, in der Situation geschehen sein. Ihnen war die Bedeutung des Geschehens völlig klar. Warum sind Sie davor zurückgescheut?«
    Â»Ich weiß es nicht.« Philipp sprach nachdrücklich, aber nicht trotzig.»Können Sie sich vorstellen, wie Nicole Sie an jenem Tag oral stimulieren wollte?«
    Â»â€¦Â Ja, ich sehe es vor mir.«
    Â»Gut. Sehen Sie sich auch mit ihr zusammen?«
    Â»Ja.«
    Â»Gut. Sehen Sie sich selbst in jenem Augenblick?«
    Â»Ja.«
    Â»Gut. Dann sagen Sie mir nun, was dieser Kerl fühlt und denkt.«
    Philipp schwieg einen Moment lang. »Er denkt … das wird jetzt wahrscheinlich sehr merkwürdig klingen … er denkt, dass seine Frau ihm jetzt auf die Pelle rückt … so dass er keine Wahl mehr hat … etwa so, dass er es

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