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Intruder 4

Intruder 4

Titel: Intruder 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nichts gesehen habe, bedeutet ja nicht, dass ich dir nicht glaube«, fuhr Frank fort - allerdings in einem Ton, der kein bisschen versöhnlich klang. »Bei dem Schnee sieht man ja kaum die Hand vor Augen. Mike hatte Recht, weißt du? Wir hätten in diesem Motel übernachten sollen.«
    »Und was heißt das?«, fragte Stefan unsicher. »Willst du umdrehen?«
    »Das wäre noch irrsinniger, als weiterzufahren.«
    Frank musste beinahe schreien, um den Wind zu übertönen.
    Er schüttelte heftig den Kopf. »Habt ihr das Schild gelesen?«
    »Was für ein Schild?«, fragte Stefan. Mike hatte auch nichts gesehen. Er hatte genug damit zu tun gehabt, die endlosen drei Sekunden Gegenwart zu überleben.
    »Vielleicht eine Meile zurück!« Frank musste nun wirklich schreien, um den Sturm zu übertönen, der warnungslos zu doppelter oder dreifacher Lautstärke anschwoll; es war beinahe so, als wolle er verhindern, dass sie hörten, was Frank zu sagen hatte. »Ich habe es kaum gesehen, aber ich glaube, es gib t ein Motel, nur drei oder vier Meilen entfernt.«
    »Versuchen wir es«, sagte Mike. »Wenn wir es finden, übernachten wir dort.«
    Diesmal widersprach niemand. Was hatten sie auch zu verlieren? Es gab ohnehin nur eine mögliche Richtung. Das Problem war nur, dass in dieser Richtung noch etwas anderes auf sie wartete. Etwas, das im Sturm verborgen war. Vielleicht der Wendigo, der mit dem Wind geht.

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    »Also los!«, bestimmte Stefan. »Bevor wir hier noch festfrie-ren.«
    Sie gingen zu ihren Maschinen zurück. Mike wendete mit einiger Mühe auf der schmalen Straße und nahm seinen Platz in der Kolonne wieder ein. Obwohl Stefan nun langsamer fuhr, hielt Mike einen deutlich größeren Abstand ein als zuvor.
    Zu allem Überfluss begann sich der Wind nun auch noch zu drehen, sodass ihnen der Schnee oft direkt ins Gesicht getrieben wurde, nahezu unsichtbar, aber dünn und schneidend wie Rasierklingen. Die Straße war weniger abschüssig als bisher.
    Die Reifen quälten sich nun durch eine Mischung aus Schnee-matsch und fingernagelgroßen Eiskristallen, die nicht nur Mike große Schwierigkeiten bereitete. In manchen der Hundertachtzig-Grad Kurven, die immer wieder jäh aus dem Schneetreiben auftauchten, mussten sie nahezu anhalten, und sowohl Stefan vor als auch Frank neben ihm verschwanden mehr als einmal vollkommen spurlos in dem tobenden weißgrauen Chaos.
    Mikes Hände schmerzten mittlerweile unerträglich. Er hatte das Gefühl, dass sie am Lenker festgefroren wären. Die Scheibe hatte sich in eine milchige, undurchsichtige Skulptur verwandelt. Die Maschine musste mittlerweile eine Tonne wiegen, so viel Eis hatte sich bereits daran festgesetzt.
    Stefan verringerte plötzlich das Tempo, sodass seine Maschine wieder aus dem Schneegestöber auftauchte. Er verzögerte weiter, stemmte sitzend beide Füße gegen den spiegelglatten Boden und deutete mit der Linken in den Sturm.
    »Da vorne! Ich glaube, da ist das Motel!«
    Er hatte Recht. Die Straße verlief für ein kurzes Stück geradeaus und weitete sich dann zu einem halbrunden Platz, an dessen gegenüberliegendem Rand sich ein anderthalbge-schossiges Holzhaus im typischen Western-Stil erhob. Jedenfalls vermutete Mike das. Sehr viel zu erkennen war nicht. Der Sturm tat sein Möglichstes, um das Gebäude zu verschlingen, und er war nicht schlecht in dem, was er tat. Manchmal 101
    tauchten Teile der anscheinend weitläufigen Anla ge für kurze Zeit aus dem tobenden Schneechaos auf, als könne sich der Sturm nicht entscheiden, welchem Teil des Gebäudes er gestatten sollte, Wirklichkeit zu werden.
    Die letzten zwanzig Meter entpuppten sich als das schlimmste Stück. Auf dem Parkplatz lagen zehn Zentimeter Schnee, in dem die Reifen der Motorräder zwar gut griffen, aber auf der freien Fläche gab es keinen Schutz vor dem Wind, der plötzlich aus allen Richtungen zugleich auf sie einzuprügeln schien.
    Nicht nur Mike musste all sein fahrerisches Können aufbieten, um die Maschine lange genug unter Kontrolle zu halten, damit sie den Parkplatz überqueren und vor dem Hauptgebäude anhalten konnten.
    Das Unglück geschah, als er abzusteigen versuchte. Seine Muskeln schienen zu Eis erstarrt und unfähig zu sein, ihn zu tragen. Seine Finger, die den Lenker hielten, waren zu Krallen verkrümmt und pulsierten vor Schmerz. Er trat den Ständer heraus, aber der Bewegung fehlte die nötige Kraft. Der Ständer schnappte zurück, und die hastige Bewegung, mit der er den Fuß auf den Boden

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