Intruder 4
Frank klemmte sich zwei Bündel Holz unter den Arm und warf Mike ein Drittes zu.
Mikes Finger waren noch immer steif vor Kälte und so taub, dass er es fallen ließ.
»Es ist gleich das erste Zimmer, draußen neben dem Haup t-haus.« Stefan klaubte sich gleich eine ganze Hand voll Streic h-holzbriefchen aus dem großen Glas, das auf der Theke stand, und kam herüber, um sich ebenfalls ein Bündel Feuerholz zu holen. »Am besten machen wir erst einmal Feuer, bevor wir das Gepäck holen.«
Es schien noch kälter geworden zu sein, als sie ins Freie traten. Der Sturm hatte tatsächlich an Gewalt zugenommen und heulte nun so laut, dass jede Verständigung unmöglich wurde.
Als sie die bezeichnete Tür erreichten, fror Mike bereits wieder erbärmlich. Während er darauf wartete, dass Stefan ungeschickt den Schlüssel ins Schloss fummelte, drehte er sich noch einmal herum und sah, dass Stefan Recht gehabt hatte: Sie waren keine zehn Meter weit gegangen, aber ihre Motorräder waren bereits nicht mehr zu sehen. Ein besseres Versteck als diesen Sturm gab es nicht. Solange er anhielt, waren sie hier vollkommen sicher, und sobald er aufhörte oder auch nur 107
nennenswert nachließ, würden sie weiterfahren. Es kam ihm immer unglaublicher vor, dass sie noch vor weniger als zwölf Stunden an einem der heißesten Orte dieses Planeten gewesen sein sollten.
Die Tür sprang auf, und Stefan trat mit einem überraschten Ausruf hindurch, als er den flackernden roten Lichtschein bemerkte, der das Zimmer erfüllte. »He! Der Kamin brennt ja schon! Das nenne ich Service ...«
Etwas stimmte nicht. Mike spürte es allein an der Art, in der Stefan mitten im Satz abbrach und wie angewurzelt stehen blieb. Rasch und mit klopfendem Herzen trat er an ihm vorbei und prallte ebenfalls erschrocken zurück.
»Hallo Freunde«, sagte Marc Strong, der mit überkreuzten Beinen auf dem Bett saß und mit seinem gewaltigen Revolver auf sie zielte. »Ihr habt aber lange gebraucht.«
»Was ...?«, murmelte Frank ungläubig.
Strong sprang mit einer Bewegung vom Bett auf, die so fließend und schnell war, dass man sie kaum sah. Trotzdem wirkte sie irgendwie nicht hastig. »Macht die Tür zu!«, befahl er scharf. »Und dann die Hände hoch und rüber zum Kamin.
Aber ganz vorsichtig, wenn ich bitten darf.« Er wedelte drohend mit seinem Revolver, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Mike konnte sich vor Schrecken nicht rühren, aber Frank drehte sich langsam herum und zog die Tür ins Schloss. Dann ging er ebenso langsam zum Kamin, lud das Brennholz auf dem Boden daneben ab und hob die Arme.
Stefan - und nach kurzem Zögern auch Mike - folgte seinem Beispiel.
»Sehr gut«, lobte Strong. »Da neben dem Kamin ist es ho ffentlich warm genug.« Er lachte böse. »Ich bin extra etwas eher gekommen, damit ich auf euch warten und euch richtig einheizen kann.«
»Das ist sehr komisch«, sagte Frank. »Was wollen Sie?«
»Aber Frankie-Boy!« Strong sah ihn mit gespielter Ver-108
ständnislosigkeit an. »Du hast doch nicht etwa unser Abkommen vergessen, oder?«
»Ich kann mich nicht erinnern, irgendein Abkommen mit Ihnen getroffen zu haben«, stieß Frank gepresst hervor.
»Jetzt enttäuschst du mich aber wirklich«, sagte Strong stirnrunzelnd. »Geht man so mit seinen Freunden um?«
»Freunde zielen im Allgemeinen nicht mit Pistolen aufeinander«, sagte Stefan.
Strong lächelte. »Das ist ein Revolver«, sagte er. »Genau genommen ein 44er-Magnum-Colt, der Dank des Single-ac-tion-Prinzips eine hohe Schussfolge zulässt.«
Vollkommen warnungslos schlug er Stefan die Waffe ins Gesicht. Stefan schrie auf, taumelte zurück und prallte gegen Frank. Hätte die Wand neben dem Kaminsims sie nicht aufgehalten, wären beide zu Boden gestürzt.
»Aber wenn es euch beruhigt, stecke ich ihn gerne weg.«
Strong ließ den Colt zweimal um den ausgestreckten Zeigefinger wirbeln und versenkte ihn in der gleichen Bewegung im Holster, das er am Gürtel trug. Der Kerl hat zu viele Wild-West-Filme gesehen, dachte Mike. Allerdings hatte er zugleich auch das sichere Gefühl, dass Strong wahrscheinlich ebenso meisterhaft mit dieser Waffe schießen konnte, wie er damit herumzuspielen verstand. Seltsamerweise machte ihm das überhaupt keine Angst.
Stefan war auf die Knie gesunken und presste stöhnend die Hände vors Gesicht. Zwischen seinen Fingern quoll Blut hindurch; allerdings nicht sehr viel. Frank beugte sich zu ihm hinab und wollte ihm helfen, aber Stefan
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