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Intrusion

Intrusion

Titel: Intrusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Elliott
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wissen, wen du vor dir hast.« Aden trat zur Seite, als sich die hölzerne Schlange an seinen Füßen vorbeischlängelte. Sie schaute zu ihm auf, schien die Stirn zu runzeln und züngelte dann nach einer Lichtpfütze.
    Der Mann kam Hände ringend einen Schritt näher. »Die meisten Jungen in deinem Alter ducken sich, wenn sie mich erspähen, und wechseln rasch die Straßenseite. Ja, ich kenne die Gerüchte, ich kenne sie gut. Die meisten stimmen. Du scheinst ruhig zu bleiben. Faszinierend.«
    »Ihr Name – ja, ich glaube, ich kenne ihn …« Aden versetzte sich noch einmal zurück in Herbert Keenans Arbeitszimmer: Ein Skizzenbuch, in dem diverse Rollenspiel-Charaktere festgehalten sind. Aden blättert darin, als Herb den Raum ein paar Minuten verlässt. Manche der Zeichnungen belustigen ihn, obwohl er alle Figuren ein wenig lahm findet. Da gibt es einen ›Herzog‹. Eine Gestalt mit dem Untertitel ›Mörder – noch namenlos‹. Und eine in einer Robe, mit einem Schlangenstab.
    »Der Ratgeber des Herzogs!«, sagte Aden. Die unterstrichene Bleistiftnotiz am oberen Rand der Seite. »Torak. Der Ratgeber des Herzogs. Jawohl! Ich kenne Sie. Hey, darf ich Sie mal was fragen?«
    »Äh-hem. Ähm.«
    »Die Sterne, die hier bei euch am Himmel stehen. Die sind nicht echt, oder? Keine echten Sterne wie – nun ja, wie in der echten Welt eben? Keine heißen, zu Kugeln zusammengeballten Gase. Oder doch?«
    »Ähm. Ah-hem.«
    »Sie wissen es nicht? Na schön.« Aden bückte sich und nahm eine Handvoll Erde auf. »Und das hier? Woraus besteht dieses Zeug? Aus Atomen oder etwas anderem? Habt ihr hier Atome oder wisst ihr wenigstens, was das ist? Ich nehme mal an, dass ihr welche habt. Atome? Protonen, Elektronen, Quarks? Zellen, Partikel?«
    Die Hände des Mannes verkrampften sich ineinander. »Fremder Dialekt, wie mir scheint, die Worte vielleicht in aller Hast erfunden, für eine Art … ÄHEM … Jux auf meine Kosten. Ich soll mich wohl fragen, was ich von deiner fortgesetzten Existenz als fühlendes Wesen halte, als Verfechter deines eigenen freien Willens, einer Existenz, der ich nach rascher Schlussfolgerung nicht trauen kann und die ich möglicherweise auslöschen werde, sobald sich meine Faszination zu unumwundenem Zorn gewandelt hat – was nicht mehr lange dauern kann. Sie beißt, diese Schlange. Wenn ich es ihr befehle. Betrachten wir das als Ausgangspunkt für weitere Debatten.«
    »Wenn Sie mich umbringen wollen – bitte sehr. Ich war schon einmal tot. Wenn Sie mich umbringen, kehre ich wahrscheinlich wieder ins Leben zurück. An einem anderen, vielleicht noch unheimlicheren Ort.«
    »Du behauptest, dass du tot bist?«
    »Ich behaupte es nicht nur. Es stimmt. Klingt irgendwie bizarr, ich weiß. Alles, was ich von der realen Welt in Erinnerung habe, ist so allgemeines Zeug. Bruchstücke. Orte und Geschichtsereignisse. Der Zweite Weltkrieg. Präsident Kennedy. Solche Sachen. Aber ich weiß nicht viel über mich .« Torak starrte ihn völlig perplex an. Um die Stille, die seinen Worten folgte, zu füllen, setzte Aden hinzu: »Ich glaube, ich bin aus einem Bilderrahmen erwacht.«
    »Aus einem Bilderrahmen?« Torak zupfte an seinem Bart. »Einer Art Gemälde?«
    »Ja.«
    »Hm. Hm. Hm. Rätsel über Rätsel.« Unvermittelt brüllte er die Schlange an: »Bist du noch nicht fertig?«
    »Gleich«, entgegnete sie gelassen und leckte die letzte Lichtpfütze auf.
    »Ein Bilderrahmen«, sagte der Mann zu Aden. »Nun mal ganz ehrlich! Kennst du zufällig eine Frau namens Muse?«
    »Nein. Ich kenne sie nicht. Ich kenne nur ihren Namen.«
    »Hm. Gut. Spricht sehr zu deinen Gunsten.«
    »Ich versuche sie zu finden.«
    Torak musterte ihn erneut mit scharfem Blick. »Gut! Ein junger Mann braucht Ziele. Aber noch steht deine fortgesetzte Existenz auf der Kippe. Deshalb zunächst folgende Frage: Hast du viel von dem Gespräch zwischen mir und der Schlange mitbekommen?«
    »Über den Waisenjungen? Den Haferbrei? Ja.«
    »Und deine Meinung dazu, junger Mann?«
    »Ich erlaube mir kein Urteil.«
    »Guter Junge«, sagte der Mann. Dann runzelte er die Stirn. »Warum nicht?«
    Aden überlegte. »Weil sich nichts davon wirklich ereignet haben kann. Ich meine, wenn Sie ein Unrecht begingen, dann nicht in der realen Welt. Es ist wie … wie ein Gedanke, der nicht in die Tat umgesetzt wurde. Sie könnten mich in diesem Moment töten, wenn Sie wollten. Es wäre nicht falsch. Oder richtig. Es würde einfach keine Rolle spielen. Jedenfalls glaube

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