Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Intrusion

Intrusion

Titel: Intrusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Elliott
Vom Netzwerk:
welcher Seite du in dieser Debatte stehst.«
    »Wenn dir das lieber ist, stimme ich dir in allem zu, was du sagst. Ich dachte allerdings, ich sei erschaffen worden, um dir auf deinen einsamen nächtlichen Wanderungen die Zeit durch Streitgespräche zu verkürzen. Gib mir einfach Bescheid, wenn sich dein Sinn gewandelt hat.« Es entstand eine längere Pause, nur von schlurfenden, mitunter zögernden Schritten unterbrochen. »Du musst wissen, das Ganze geht auf meinen Vater zurück. Der Mann konnte so brutal sein. Grausam, aber mit einer gewissen Unentschlossenheit. Ich kann sie nicht genug betonen, diese Unentschlossenheit. Die Grausamkeit war eher passiver Natur, das sollte nicht verschwiegen werden. Es gab selten Prügel , das nicht. Aber Prügel sind ja kaum das Maß aller Grausamkeit.«
    »Letzte Nacht wurdest du bei einer Geschichte über Haferbrei unterbrochen.«
    »Ja! Genau! Du hast keine Ahnung … also, Mutter war bettlägerig. Also übernimmt er es, das Frühstück herzurichten, diesen schrecklichen Haferbrei. Ich meine, du hast keine Ahnung. Dick wie Beton. Kalt, bis ich was davon bekam, das sollte nicht unerwähnt bleiben. Versalzen. Nicht mal Honig konnte die Pampe retten. Ich weigerte mich, den Brei zu essen. Und natürlich ist der Mann verunsichert. Läuft stundenlang niedergeschlagen durchs Haus.«
    »Ich verstehe.«
    »Diese Leichenbittermiene ! Macht mich fertig. Da bin ich, ein neunjähriger Junge, wissbegierig, auf der Suche nach Vorbildern. Nach seinem Platz in der Welt. Und schon damals fragte ich mich: Das soll Stärke sein? Das soll Rückgrat sein? Weiß dieser Mann nicht, dass ich das alles aufnehme? Machtlos, vor einer Schüssel Haferbrei.«
    »Erschütternd.«
    »Untröstlich war ich. ?Wer stillt meinen Wissensdurst??, fragte ich mich. Ist es das, was die Zukunft für mich bereithält? Werde ich eines Tages genau so ? Später dann, als Teenager, hielt ich den Mann auf Abstand. Emotional jedenfalls. Versuchte eine Respektsperson aus ihm zu machen, verstehst du? Wenn er sich mir näherte, betont fröhlich, gab ich mich mürrisch, trotzig, abweisend. Ich konnte es einfach nicht ertragen. Der Mann wollte geliebt werden. Dann wieder wickelte ich ihn ein, mit einem warmen Lächeln, Vater, schau mal, was ich da Tolles mache. Gab mir Mühe, ihm zu gefallen. Mein Königreich für ein verdrießliches Nicken! Für einen Klaps mit dem Handrücken, ein ›Lass mich in Ruhe, ich habe zu tun!‹. Aber nein. Diese armselige Dankbarkeit, wenn ich ihn in meine Nähe ließ! Es zerriss mir das Herz.«
    »Um nicht vom Thema abzuschweifen …«
    »Oh, bitte. Ich entblöße nur mein Inneres. Es gibt wichtigere Dinge. Das Wetter. Diskutieren wir über das Wetter!«
    »Es fällt mir nur schwer, die Verbindung zwischen deinen Ausführungen und …«
    »Nur heraus damit, verdammt noch mal!«
    »… dem Mord an diesem Waisenjungen herzustellen.«
    »Wie kannst du es wagen!«
    Die zweite Stimme, gedehnt mit einem leichten Zungenschlag, stieß einen Seufzer aus. »Ich wollte dich nicht verärgern. Einen Mord begangen zu haben, macht dich nicht notwendigerweise zum Mörder.«
    »Ich – also gut, sprich weiter!«
    »Ein Mörder ist jemand, der mordet. Präsens. Um ein Beispiel zu nennen: Ein Mann, der früher Obstpflücker war, jetzt aber als Schuhputzer arbeitet, ist kein Obstpflücker mehr. Ich hoffe, dass dir meine Erklärungen helfen. Da ist schon wieder dein Gesichtszucken.«
    »Undankbarer Hundsfott! Glaubst du, es ist leicht, ein Kind zu ermorden? Es erfordert moralische Festigkeit. Haben dir diese Leben nichts bedeutet? Schüttelst du das einfach ab, als wäre nichts gewesen? Metzger! Unhold! Leichenschänder! Es war ein Akt, der Entschlossenheit erforderte. Ich tat das nicht zu meinem Vergnügen. Mir war in jenem Moment klar: ›Es muss geschehen, durch bewusstes Handeln. Das ist der einzige Weg. Jemand muss dafür sorgen , dass der Tod eintritt. Es hat keinen Sinn, auf das Wirken des faulen Schicksals zu warten. Nein, das wäre zu bequem und feige.‹ Ich musste mich zwingen. Musste tief durchatmen, vorher und nachher. Und diese Schweinerei, igitt! Nichts für zarte Gemüter. Glaub mir, mein Vater hätte sich dagegen gesperrt. Du und deine rechtliche Bewertung! Hör mal, ich habe gute Lust, dich in den Fluss zu werfen. Mein Tic verstärkt sich. Meine ganze Wange zuckt! Mein Augenlid flattert!«
    »Dann will ich lieber das Thema wechseln. Ist dir bewusst, dass wir verfolgt werden?«
    Die Schritte hielten

Weitere Kostenlose Bücher