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Intrusion

Intrusion

Titel: Intrusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Elliott
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Papier zu stehlen. Er wird Gefallen an seinem neuen Hobby finden. Er kann die gebrauchten Pinsel haben, solange er die Finger von meinen Spezialfarben lässt. Wir beide werden uns in naher Zukunft mal ausführlich unterhalten. Und du, Julius, hast wieder mal ein lebendes Spielzeug gefunden. Aber ich warne dich! Wenn dem Jungen hier nur das Geringste zustößt, wirst du es bereuen! Mach’s gut, Aden. Bis bald.«
    Julius war entgeistert über die formlose Anrede. Seine Kinnlade klappte nach unten, und er brachte kein Wort hervor. Muse wandte sich ab und ging, bevor er sich von seinem Schock erholt hatte. Die Dorfbewohner, an denen sie vorbeikam, starrten ihr neugierig nach und unterhielten sich im Flüsterton, sobald sie außer Hörweite war. Allem Anschein nach flößte sie den Leuten Angst ein. Aden richtete sich halb auf und überlegte, ob er ihr folgen solle – aber sie hatte ihn nicht dazu aufgefordert, und er fühlte sich mit einem Mal zu erschöpft, um etwas auf eigene Faust zu unternehmen.
    Raydon schenkte Aden zum ersten Mal seine Aufmerksamkeit. Ein sonderbarer Ausdruck lag in seinem Blick, und seine Zunge fuhr unentwegt über die dunklen, feuchten Lippen. »Nun, Julius – der Bursche hier ist offenbar nicht so gewöhnlich und notleidend, wie wir dachten. Immerhin scheint er mit einer Hexe befreundet zu sein.«
    »Sieht ganz danach aus«, warf der Meuchelmörder ein. Er beobachtete Aden mit halb geschlossenen Augen.
    »Du bist eine Truggestalt«, sagte Aden zu ihm. »Dich gibt es nicht wirklich.«
    Slythe hob einen Finger an die Lippen. Schsch!
    Julius hatte sich gefangen. Er glättete seine Toga und atmete tief durch. Allmählich kehrte die Farbe in sein Gesicht zurück. »Weiter, Ray, zur Kirche! Ich fürchte, ich brauche heute eine ganz besondere Medizin gegen mein Unwohlsein. Vielleicht gibt mir der sogenannte Namenlose etwas von dem Pulver, das mich diese komischen Lichter sehen lässt.«
    Der Wagen nahm wieder Fahrt auf. Julius schüttelte den Kopf. »Der Namenlose! Irgendwann sollte er diesen Unsinn lassen und sich für einen richtigen Namen entscheiden. Warum macht er das, Ray?«
    »Eine ganz verteufelte Tradition, Julius. Es geht um das Individuum als allgemeiner Charakter, als Archetyp, den jeder beliebige Schauspieler übernehmen kann, egal, auf welche Rolle er sonst festgelegt ist, denn im Grunde zählt nur, wie der Weltenmacher ihn sieht …«
    »Oh, diese Erklärung langweilt mich im höchsten Grade! Dann müssen wir ihn eben selbst benennen. Wie sollen wir ihn heute nennen? Lass dir bitte etwas besonders Peinliches einfallen!«
    Raydon überlegte. »Dummes Gackerhuhn, Julius?«
    »Perfekt!«, rief Julius und reckte einen Arm den Göttern entgegen. Der Motor summte leise, und der Wagen rollte an den Märkten vorbei.
    Lange Zeit herrschte Schweigen. Dann räusperte sich Aden. »Hey, Leute? Euer Gnaden?«
    Julius wirbelte herum, zog eine Augenbraue hoch und warf den Kopf in den Nacken. »Ich gestatte dir, das Wort an Uns zu richten!« Er wandte sich an Raydon. »Wie fandest du das eben? Das ging mir doch wunderbar glatt von der Zunge. Obwohl es eigentlich heißen müsste: ›Es sei dir gestattet.‹ So müsste es doch heißen, Ray, nicht wahr? Und? Wie hat es dir gefallen?«
    »Ein Highlight des Vormittags, Julius«, sagte Raydon und betrachtete gelangweilt den Horizont.
    Julius schloss die Augen. »Ich fürchte, ich muss dich warnen , Ray. Als ich vorhin ein wenig stichelte, um dich auf die Palme zu bringen, war ich durchaus auf deine Gegen-Sticheleien gefasst. Aber nun sind Gegen-Sticheleien unerwünscht. Ich meine das völlig ernst, Ray. Spirituell habe ich heute Vormittag einen herben Schlag erlitten. Aber ich gedenke, ihn abprallen zu lassen und an andere weiterzugeben. Deiner Antwort entnehme ich jedenfalls, dass du nicht der Meinung warst, mein Gedicht sei das Highlight des Vormittags gewesen.«
    Raydon zuckte zusammen. »Keineswegs, Euer Gnaden, keineswegs …«
    »O doch. Das hast du zumindest angedeutet, versehentlich oder gar mit Absicht. Und gebrauche jetzt keine Ausflüchte! Ich hatte von Anfang an den Eindruck, dass dir mein Gedicht nicht gefiel, Ray. Und wir alle wissen, dass mich solche Dinge sehr zornig machen können. Es wäre nicht das erste Mal. Was wolltest du mit ›keineswegs‹ zum Ausdruck bringen, hmm? Dass mich mein Eindruck getäuscht hat? Ich kenne deine Gedanken, Ray, ich kenne sie genau …«
    »’tschuldigung«, warf Aden ein.
    »Das grenzt an eine

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