Intrusion
Störung!«, schrie Julius und wandte sich mit einem Ruck Aden zu. »Das grenzt sogar sehr stark an eine Störung!«
»Dieser … äh … Erlass, den der Typ da verkündete«, sagte Aden. »Bevor Sie Ihr erstaunliches Gedicht vortrugen. Erinnern Sie sich? Darin hieß es, dass ein junger Mann in der Gegend unterwegs sei. Ein böses Omen. Das bin ich. Ich bin das gefährliche Omen. Verwandt mit diesem Alten, den ihr den ›Weltenmacher‹ nennt. Ich bin sein Enkel. Das gebe ich zu. Tötet mich also, wenn euch danach ist. Ich habe es satt, dass mich der da …«, er wies mit dem Daumen auf Slythe, »… ständig anstarrt.«
»Kommt nicht infrage«, schnaubte Julius. »Ich bestimme, wann du getötet wirst. Erst muss Ray in seiner Chronik vermerken, auf welche Weise ich dir geholfen habe, und bislang konnte ich wenig für dich tun, außer dass du dich ein wenig im Glanz meines Ruhmes sonnen durftest. Ich muss dich mit Speis und Trank versorgen, mit Kleidung, mit Verbandsmaterial und … einem Besteck. Und ich muss dir Kultur beibringen. Das bringt mich auf meiner Suche nach dem guten Leben einen großen Schritt weiter. Ich werde es finden, gemeinsam mit dem lieben Ray.«
Als der Herzog gerade abgelenkt war, rückte Slythe ganz nahe an Aden heran. Ein metallischer Klang begleitete seine Bewegung. »Du bist einem Bild entstiegen«, sagte er. »Stimmt doch, oder?«
Aden musterte ihn und verglich seine Züge mit der Skizze in einem Notizblock, die ihm in Erinnerung geblieben war. »Klar«, erwiderte er. »Was hattest du gedacht? Dass ich dem Schoß einer Frau entsprang?«
»Schon gut«, meinte Slythe. »Still jetzt. Wir reden weiter, wenn wir mal einen Augenblick allein sind.«
Der Wagen hielt an dem kleinen Weg, der zum Portal der Kirche führte. Im Licht des Tages war das Bauwerk eine wahre Monstrosität, zusammengeschustert aus allen möglichen nicht miteinander harmonierenden Teilen. An einem der Fenster bewegte sich ein Vorhang.
»Da wären wir!«, rief Julius. »Zuerst eine Medizin gegen mein … Unwohlsein. Das war es doch, oder? Danach entsorgen wir den Notleidenden. Er langweilt mich allmählich, Ray. Sitzt einfach da und verbraucht allerlei Dinge. Die Luft zum Beispiel.« Julius starrte Aden an. Sein Stirnrunzeln wirkte seltsam ausdruckslos. »Nun gut. Slythe, wie steht es mit deinem Unwohlsein?«
»Alles in Ordnung heute, Euer Gnaden.«
»Also keine Medizin für dich! Komm, Ray, wir begeben uns nach drinnen. Reich mir deine Hand, Ray, und hilf mir beim Absteigen! Nein, nicht so! Du gibst dir überhaupt keine Mühe, Ray! Wo bleibt dein Enthusiasmus? Hmm? Eine Hand an meinem Ellbogen genügt nicht, um mich zu stützen. Deine Finger sind kraftlos, sage ich dir. Schlaff.«
»Ich bin ein Literat, Julius, keine Sportskanone.«
»Ich buchstabiere S C H L A F F!«, kreischte Julius. Er raffte seine Toga, damit sie nicht den Boden berührte, und schritt auf das Kirchenportal zu. Raydon warf einen besorgten Blick über die Schulter und rief Slythe zu: »Pass auf, dass er die Finger von meinen Schriften lässt!«
Slythe zog eine Augenbraue hoch und spuckte auf den Buchdeckel.
»Dummes Gackerhuhn – so werden wir dich nennen!«, hörten sie Julius kreischen, bevor sich das Portal hinter ihm und seinem Chronisten schloss.
Slythe starrte Aden an, starrte ihn nur an. Eine Minute verstrich, und Aden erhob sich mit dem Vorsatz, seitlich vom Wagen zu springen und zu Fuß weiterzugehen. »Warte«, sagte Slythe. »Du bist also aufgewacht und aus einem Bilderrahmen gestiegen. Ist das deine erste Erinnerung?«
»Was geht dich das an?«
Der Meuchelmörder winkte den Einwurf wie das lästige Gequengel eines Kindes ab und wartete auf seine Antwort. Aden zuckte mit den Schultern. »In diesem Leben? Ja.«
Slythe nickte. »Nun, ich weiß, was du bist und was du zu sein glaubst. Das sind zwei Paar Stiefel. Es gab kein Leben vor diesem hier.«
Aden nahm wieder Platz. »Also schön. Vielleicht schaffst du es, mich davon zu überzeugen, dass dieser verdammte Acid-Trip die Realität ist – dass ich mir alles andere eingebildet habe. Was bin ich dann?«
»Blendwerk. Wenn du in einem Bilderrahmen erwacht bist, erschuf dich die Göttin Muse, so wie sie mich und andere Wesen erschuf. Ich trat auf die gleiche Weise ins Leben. Muse war die Frau, die mit uns sprach, nachdem sich der Herzog in Days Past so blamiert hatte. Weißt du, warum du erschaffen wurdest, Aden? Sie experimentiert gerade mit neuen historischen Rollen,
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