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Intrusion

Intrusion

Titel: Intrusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Elliott
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Kiefern und Eichen. Zwei wie glatte, hüfthohe Kakteen geformte Gewächse umklammerten einander mit dicken Ranken, die an Arme erinnerten. Ringsum lagen ähnliche Pflanzen zerfetzt am Boden.
    Gehöfte und Hütten bedeckten nun die Hügelflanken. In Lumpen gehüllte Menschen huschten Insekten gleich durch ferne Hauseingänge. Manche blieben stehen und schauten dem Wagen des Herzogs drunten auf der Straße mit unverhohlener Feindseligkeit nach. Allerdings schien ihr Hass eher der Welt als Ganzes und nicht ihren Einzelaspekten zu gelten. Sie passierten Blockhäuser aus dicken Kieferstämmen und einen Sportplatz mit verwischten weißen Markierungen und Zielpfosten aus Metall, die hexagonal in Form von Blütenblättern angeordnet waren. Ein Gerichtsgebäude kam in Sicht. Es ähnelte einem bizarren Tier mit Marmorsäulen anstelle von Beinen; den Haupteingang bildete das Maul eines zum Fressen oder Trinken gesenkten Kopfes. Auf dem Vorplatz standen Galgen, um die sich eine kleine Schar von Neugierigen versammelt hatte, welche die letzten Sekunden eines zum Tode Verurteilten begaffte. Der Mann trug eine Schlinge um den Hals und hatte ein fröhliches Lächeln auf den Lippen; er war eindeutig der glücklichste Mensch weit und breit. Wie befohlen, winkte Raydon ihm und seinem Henker zu. Sie winkten zurück, im gleichen Moment, als der Verurteilte nach unten sackte und frei am Strick pendelte. Da sich die Zuschauer umgedreht hatten, um zu sehen, wem er winkte, versäumten sie den Augenblick seines Todes und bewarfen den Henker wütend mit Obst, bis er vom Holzpodest stürzte und selbst unter einem wilden Ansturm der aufgebrachten Menge starb.
    Sie kamen an einem Markt vorbei, auf dem ein lebhaftes Treiben herrschte. In der Luft lagen Bratendüfte, Federn wirbelten umher, Geflügel gackerte und kreischte, Händler priesen ihren bunten Tand an, Hausfrauen in Schürzen und Häubchen beäugten misstrauisch die ausgestellten Waren, und über allem lag der süße Klang von Münzen, die ihre Besitzer wechselten. »Der Hauptplatz«, sagte Julius und spähte ausdruckslos umher. »Ziemlich viel los heute. Sollen wir die Hupe betätigen, Ray? Die Hupe, die dem Volk signalisiert, dass ich ihm etwas Wichtiges mitzuteilen habe? Die Hupe, die dem Volk befiehlt, mir zu lauschen?«
    »Ganz wie Ihr meint.«
    »Ähm«, sagte Julius. »Also, ich persönlich ergötze mich an deinem Schmollen. Es macht das Reisen kurzweiliger. Aber das Volk beobachtet uns, und das Volk soll auf gar keinen Fall denken, ich ließe dich in aller Öffentlichkeit den Gekränkten spielen. Oder wie siehst du das?«
    Es kostete Raydon ganz erhebliche Mühe, sich gerade hinzusetzen und einen heiteren Ton anzuschlagen. »Ihr habt recht, Julius. Ich benehme mich wie ein … Rohling. Ich hoffe, Ihr verzeiht mir noch einmal.«
    Julius warf ihm einen geringschätzigen Blick zu. »Nun, das muss ich mir erst überlegen. Aber jetzt betätige endlich die Hupe, Ray, du … Trantüte, du!« Auf dem Geländer hinter dem Chronisten befand sich eine Drucktaste. Raydon drehte sich mühsam um, behindert von einem zu engen Hemd, das über dem Bauch spannte, und presste die Taste nach unten. Ein schrilles Heulen drang aus dem Maul des Gefährts. Es klang wie der Schmerzensschrei einer geschundenen Kreatur. Die Dorfbewohner in Sichtweite bewegten sich langsam auf den Wagen zu, der auf einer ebenen Kopfsteinpflasterfläche angehalten hatte. Mürrisch umringten sie den hohen Besuch.
    »Verkünde ihnen den Erlass, Ray!«, befahl Julius und fuchtelte wild mit den Händen, bis die Menge ihr Gemurmel eingestellt hatte. Stille breitete sich aus. »Slythe, was hältst du von diesem Erlass? Der gute, alte Torak schob ihn letzte Nacht unter meiner Tür durch. Ich dachte zu diesem Zeitpunkt gerade darüber nach, ob die Angelegenheit korrekt sei, aber ich weiß nicht mehr, zu welchem Ergebnis ich kam. Lies vor, Ray!«
    Raydon zog eine Pergamentrolle aus seiner Tasche. Er blickte mit müder Verachtung in die Gesichter der Umstehenden, während er das Schreiben glatt strich und sich räusperte. »Erlass an die Bewohner von Days Past bezüglich Eisennetz. Uns wurde zur Kenntnis gebracht, dass ein junger Mann unter Missachtung der Sperrstunde diese Gegend durchstreifte und die absurde, ketzerische Behauptung aufstellte, er sei eine Art Blutsverwandter des Weltenmachers. Ruhe! «, blaffte Raydon zwei alte Weiber an, die hinter vorgehaltener Hand miteinander tuschelten. Zornig fuhr er fort: »Das ist nicht nur

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