Invasion 02 - Der Angriff
»Oh.«
Das Gesicht des alten Mannes verzog sich zu einem gewinnenden Lächeln. Kari hatte immer das Gefühl, dass er um dreißig Jahre jünger wurde, wenn er das tat. Er hatte immer noch die grünsten Augen, die sie je gesehen hatte. Einen Moment lang fragte sie sich, wie er wohl als junger Mann gewesen war. Sie wusste, dass er sich erst ziemlich spät für seinen augenblicklichen Beruf entschieden hatte. Und ehe sein Haar weiß geworden war, war es feuerrot gewesen. Als Junge muss-te er klasse gewesen sein, dachte sie.
»Also«, fragte er, »haben Sie immer noch vor, zur Flotte zu gehen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Sie haben mich wieder einmal mit perfekter Logik überzeugt.« Sie erwiderte sein Lächeln. »Und wie steht’s bei Ihnen?«
Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. »Nun ja. Das Ministerium hielt es nicht für notwendig, einen ehemaligen Subalternen zu reaktivieren, ganz gleich, was er später geleistet hat.«
Sie schüttelte den Kopf. »Diese Idioten. Die könnten Sie im Nachrichtendienst der Flotte einsetzen. Ich habe stets das Gefühl, dass Sie die Galakter und die Posleen besser verstehen als irgendjemand sonst, der mir beim Militär über den Weg gelaufen ist.«
Seine Gesichtszüge ließen nicht erkennen, welchen Schrecken ihm diese Bemerkung eingejagt hatte. Er hatte immer geglaubt, dass es ihm gelungen sei, sein Wissen und seine Kenntnisse um ihre galaktischen »Verbündeten« und deren mutmaßliche Feinde sorgfältig zu verbergen. Offenbar war er nicht immer genügend vorsichtig gewesen.
»Na ja, wenn man die Menschheit und ihre zahlreichen Schwächen kennt, reicht das anscheinend aus, um auch unsere Alliierten und Feinde zu begreifen. So schrecklich anders sind wir ja schließlich gar nicht.«
Sie nickte und konnte dabei ein Gähnen nicht unterdrücken. »Oh!«, rief sie aus und hielt sich die Hand vor den Mund. »Entschuldigung!«
»Kein Problem, meine Liebe«, sagte er und zwinkerte ihr zu. »Ich glaube, Sie sollten sich einfach ein wenig ausruhen.«
»Mhm.« Sie nickte, stand auf und ging zur Tür, während er sich mit fast anachronistisch wirkender Höflichkeit erhob. In der offenen Tür blieb sie noch einmal stehen. »Ich werde eine Weile ziemlich viel zu tun haben und deshalb kaum dazu kommen, Sie zu besuchen. Passen Sie gut auf sich auf, Mon-signore.«
»Sie auch, meine Liebe«, erwiderte er, als sie den Raum verließ. »Sie auch. Passen Sie wirklich gut auf sich auf.«
Er setzte sich wieder und wandte sich dem Sanskrittext auf dem Bildschirm zu, während ihm tausend verschiedene Gedanken durch den Kopf gingen. Dann murmelte er ein Liedchen, das mittlerweile ziemlich in Vergessenheit geraten und allenfalls noch als Kinderreim erhalten geblieben war.
»Yankee Doodle went to town a-ridirion a pony …«
8
Fort Indiantown Gap, Pennsylvania
United States of America, Sol III
1023 EDT, 6. Juni 2009
»Kann der Mann eigentlich auch mal lachen?«, fragte Lieutenant Nightingale, als sie unter das Vordach der Kompaniezentrale trat. Der schlanke blonde XO hatte gerade eine O’Neal’sche Standpauke über sich ergehen lassen müssen. Jetzt blieb sie einen Augenblick im Schatten stehen, an einer Stelle, wo die Soldaten sie nicht sehen konnten, und mühte sich, ihre Fassung zurückzugewinnen.
»Das glaube ich nicht«, meinte Lieutenant Arnold, der ihr Leidensgenosse gewesen war. Der zweiunddreißigjährige Führer des Waffenplatoons, ein hoch gewachsener Mann mit schütter werdendem Haar, schüttelte den Kopf.
Bis zum Eintreffen der zweiten Welle von Wehrpflichtigen war er der XO der Bravo-Kompanie gewesen. Er wusste genau, wie streng und unnachgiebig ihr Kommandeur war, und hatte sich mit diesen Maßstäben abgefunden; Teri andererseits hatte noch Probleme damit.
Aus Sicht des Captains waren die Schwächen der beiden Lieutenants einfach zu zahlreich, als dass man sie hätte aufzählen können.
Die Aufgabe eines XO bestand gewöhnlich in erster Linie darin, für ein reibungsloses Funktionieren der Einheit zu sorgen, zum Zweiten aber auch, zu lernen, wie man eine Kompanie führt. O’Neal hatte aber die »Feinabstimmung« der Kompanie in die Hände ihres äußerst tüchtigen First Sergeant gelegt und darauf bestanden, dass Nightingale lernte, die Kompanie im Kampf ebenso kompetent einzusetzen, wie er selbst das konnte. Bis zur Stunde hatte sie darin jämmerlich versagt.
Sie hatte große Schwierigkeiten, ihren Befehlsstil auf Kampftruppen anzupassen. Mit sanftem
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