Invasion 02 - Der Angriff
stand offen. Der Colonel sah zu, wie die noch von der Schlacht geschwärzte Gestalt durch den Flur auf ihn zukam, ohne dass sein Gesichtsausdruck sich dabei veränderte. Der Anzug war von Streifschüssen zerkratzt und mit allmählich trocknendem Posleen-Blut bespritzt. Er sah aus wie ein mechanischer Dämon aus einer ganz der Schlacht gewidmeten Hölle. Als dem Kommandanten klar wurde, was dieses Monstrum in den Armen hielt, veränderte sich sein Gesichtsausdruck, seine Augen wurden glasig und die Kinnlade sackte ihm herunter.
Duncan ging auf den Schreibtisch des Kommandeurs zu und legte die sterblichen Überreste des Captains bedächtig auf die dort verstreuten Papiere. Einer der allgegenwärtigen Käfer, von denen Barwhon zu wimmeln schien, schwebte über dem offenen Mund und dem schrecklich entstellten Gesicht. Der tödliche Schlag eines Posleen-Säbels hatte Thomas’ Kopf wie ein Ei gespalten. Duncan tippte an einen Schalter am Unterarm seines Anzugs und aktivierte damit seine Lautsprecher. »Ich habe ihn heimgebracht«, sagte er.
Der Colonel starrte unentwegt das gepanzerte Monstrum vor seinem Schreibtisch an. Der Anzug strahlte noch Wärme von Treffern mit kinetischen Energiewaffen ab, und der Gestank von verwesendem Posleen-Fleisch lag dick und drückend in der Luft. Dann setzte er zum Reden an, machte den Mund auf, hielt aber inne, als wolle er sich räuspern.
»Ich habe ihn heimgebracht«, wiederholte Duncan und legte den Stock über die Leiche des Captains.
Das Symbol war seit der Landung allgemein vertraut geworden. Man konnte bei den Soldaten der Nachhut viele solche Stöcke finden, und alle waren angeblich authentisch. Tatsächlich waren nur acht bestätigt geborgen worden, und diese echten Stöcke wurden alle mit Bedacht mit ihren Besitzern zur ewigen Ruhe gelegt. Zusammen hatten die Besitzer dieser Stöcke vier Medals of Honor, drei Distinguished Service Crosses und unzählige Silver Stars angesammelt. Der Stock alleine garantierte einem wenigstens den Silver Star.
Die Hand des Colonels legte sich über seinen Mund, dann rollten ihm beim Anblick des neunten Stocks unmännliche Tränen über die Wangen. Er räusperte sich erneut und atmete tief durch. »Danke, Sergeant«, sagte er und riss seinen Blick gewaltsam von dem Kriegerstab los. »Danke.« Der Anzug schwankte vor seinen Augen, und einen Moment lang glaubte er, es sei eine optische Sinnestäuschung. Aber bald wurde klar, dass das nicht der Fall war. Duncan sank mit einem Dröhnen, das den zerbrechlichen Behelfsbau in seinen Grundfesten erzittern ließ, auf die Knie und schlang beide Arme um sich.
Was jetzt im Inneren dieses Anzugs vor sich ging, war unmöglich zu erkennen, aber der Colonel konnte es sich recht gut vorstellen. Er stand auf und ging um seinen Schreibtisch herum, versetzte dabei seinem ehemaligen Untergebenen, der jetzt sein Blut über einen Bericht mit dem Titel »Mannschaftsanforderung FY 2008« verströmte, einen leichten Klaps auf die Schulter und kauerte sich dann nieder und legte dem gigantischen Anzug die Arme um die Schultern.
»Kommen Sie, Sergeant«, sagte er, während ihm immer noch Tränen über die Wangen rannen. »Wir holen Sie jetzt aus diesem Anzug raus.«
2
Fort Indiantown Gap, Pennsylvania
United States of America, Sol III
1423 EST, 18. Januar 2009
Das h ätte völlig anders laufen sollen , dachte Lieutenant Colonel Frederic (Fred) Hanson.
Der neue Kommandeur des First Battalion 555th Mobile In-fantry Regiment war bereits vor Jahren als Führungsoffizier der 82nd Airborne Division Brigade in den Ruhestand getreten. In seiner langen Dienstzeit hatte er die Erfahrung gemacht, dass das Militär fähig ist, manchmal geradezu monumentalen Mist zu bauen, aber was er hier erlebte, stellte alles bisher Erlebte in den Schatten.
Normalerweise wird eine Einheit von oben nach unten in Dienst gestellt – gleichgültig, ob sie nun neu aufgestellt oder aus »Regimentsreserven« aufgebaut wird. Die Kommandeure der jeweils aktivierten Einheiten trafen sich dazu mit ihren Offizieren und arbeiteten sich gemeinsam durch den Aktivierungsplan, der ihnen entweder vorher zur Verfügung gestellt worden war oder den einer von ihnen erstellt hatte. Dann trafen allmählich die verschiedenen leitenden Unteroffiziersdienstgrade ein, in der Regel etwa gleichzeitig mit den nach-geordneten Offizieren der Kommandostruktur und ihren Stäben. Anschließend trafen die Soldaten ein, zwar ehe die ganze Struktur funktionierte, aber
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