Invasion 03: Der Gegenschlag
brechen.« Sie blickte nachdenklich und zuckte dann die Achseln. »Also, um entscheiden zu können, ob ein Kerl es wert ist, dass ich mit ihm ins Bett gehe, warte ich. Und wenn er nicht fragt … Ich könnte ja auf eine Stelle schießen, wo es nicht so wehtut. Mit einer .22.«
»Du trägst eine .22?«, fragte Wendy und lachte. »Mann, da müssen aber die Posleen wirklich Angst kriegen! Du machst doch Witze, oder?«
Cally lächelte verkniffen. »Gehen wir zum Schießstand hinunter. Dann werden wir ja sehen, wer zuletzt lacht.«
19
Rabun Gap, Georgia, Sol III,
2325 EDT, 25. September 2014
»Das ist also eine .22?«, fragte Wendy ungläubig. Die Waffe sah seltsam aus, sie erinnerte an eine etwas klein geratene Maschinenpistole aus den Gangsterfilmen um die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, eine so genannte »Tommy Gun«, mit einem trommelförmigen Magazin an der Oberseite. Sie konnte die winzige Öffnung im Lauf zwar sehen, aber die Vorstellung, dass dieses Kriegerkind eine .22 trug, das Kaliber, mit dem gewöhnlich achtjährige Jungen auf Ratten schossen, schien ihr lächerlich. Die Waffe sah aus wie ein Spielzeug, aber sie wusste auch, dass das eine äußerst gefährliche Denkweise war.
»Mhm«, sagte Cally und ging auf den Schießplatz. »Der Schießplatz ist kalt , Leute, es wird nicht gezielt, keineswegs geschossen, Waffen sichern.« Sie griff sich einen Hohlblockstein von einem Stapel und trug ihn verblüffend mühelos zum ersten Ziel und stellte ihn auf einen Baumstumpf, den man offenbar zu diesem Zweck dort gelassen hatte. »Das ist die Standarddemonstration für die American 180«, fuhr sie fort und ging zur Feuerlinie zurück.
Auf dem O'Neal-Gelände gab es zwei Schießplätze. Der erste, wo sie sich jetzt befanden, war ein Standardschießplatz mit mehreren Klappscheiben, kreisförmigen Schießscheiben sowie Silhouetten von Menschen und Posleen, die bis auf eine Distanz von zwei- oder dreihundert Metern reichten. Der andere Schießplatz parallel zur Zufahrt war ein taktischer Parcours.
Cally musterte ihre Begleiter und runzelte die Stirn. »Normalerweise erledigt das Papa O'Neal, aber ich nehme an, dass ich hier gewählt bin. Wie viele von euch waren schon mal auf einem Schießplatz?«
Die meisten der Kinder waren ihnen gefolgt, und sie runzelte jetzt die Stirn, als keines davon die Hand hob. »Von euch ist noch keines auf einem Schießplatz gewesen? Wo macht ihr denn eure Waffenausbildung?«
»In der Urb ist es Personen unter sechzehn verboten, Waffen zu benutzen«, sagte Wendy mit finsterer Miene.
»Das ist … lächerlich«, meinte Cally.
Wendy zuckte die Achseln.
»Hast du je auf einen Posleen geschossen?«, fragte Shari. »Ich frage das nur … weil ich mir nicht vorstellen kann, wie jemand im Alter von Billy …«
»Nützlich sein könnte?«, schnaubte Cally. »Hast du den Bunker neben dem Haus gesehen? Ich habe meinen ersten Posleen erledigt, als ich so alt wie Billy war, ich habe damals Grandpa mit meiner Flinte Feuerschutz gegeben; er saß an dem Mini-Gun. Das war während der Landung bei Fredericksburg. Eine Kompanie Posleen war am Eingang zum Tal gelandet und kam den Weg herauf. Kein Einziger von denen ist lebend rausgekommen; wir haben sie mit den Claymores erledigt, und die das überlebt haben, haben wir anschließend abgeknallt. Ja, doch, ich glaube schon, dass Billy ziemlich nützlich sein könnte, wenn ihr das nur zulassen würdet.«
»Ich habe die Regel nicht gemacht«, erklärte Shari und zuckte die Achseln.
»Ist ja auch egal«, erwiderte Cally. »Macht's dir etwas aus, wenn er hier schießt?«
»Ist das auch nicht gefährlich?«, fragte Shari und musterte die seltsame kleine Waffe unsicher.
»Natürlich nicht«, erklärte Cally. »Das Erste, was hier erklärt wird, sind die Sicherheitsvorkehrungen.«
Sie hielt ihnen einen kurzen Vortrag über die Sicherheitsregeln, äußerte sich dabei zu Gehörschutz, dem Sichern der Waffen, dass man den Finger nie am Abzug lassen durfte und stets davon ausgehen sollte, dass eine Waffe geladen war. »Aber das jetzt ist das Wichtigste: Ihr dürft nie eine Waffe, auch nicht eine ›ungeladene‹, auf etwas richten, auf das ihr nicht schießen wollt. Aus Sicherheitssicht ist jede Waffe geladen. Gewehre und Pistolen sind kein böser Zauber; sie sind bloß Werkzeuge, um damit etwas aus der Ferne zu töten. Betrachtet sie als nützliche, aber gefährliche Werkzeuge, so, wie eine Kreissäge oder eine Kettensäge, und es kann
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