Invasion 03: Der Gegenschlag
ein, bis die Haken sich in der Vegetation eingekrallt hatten. Danach war das kleine Gerät offenbar zufrieden und verstummte wieder.
Orostan schlug erregt mit dem Kamm und blickte erneut auf das tragbare Tenaral. Die Menschen waren nicht seitlich ausgebrochen, also war mit Sicherheit anzunehmen, dass sie ihren Weg hügelaufwärts fortsetzten. Der Oolt'ondai hatte seine Truppe um das Artilleriefeuer herum aufgespalten – es war offenkundig, dass sie nicht beobachtet wurden – und hatte auf diese Weise ernsthafte Verluste vermeiden können. Aber sie würden einen schmalen, offen daliegenden Landstrich überqueren müssen, um die Hügelkuppe zu erreichen, und das würde gewaltige Verluste mit sich bringen.
»Angenehm wird das nicht werden«, sagte Cholosta'an.
»Du könntest mir auch sagen, dass ich essen soll, Nestling«, brauste der Oolt'ondai auf. »Tut mir Leid, aber das ist ja wohl offenkundig. Trotzdem, wenn wir diese Abat Fatt erwischen wollen, müssen wir sie zu packen bekommen.«
»Na ja«, meinte der jüngere Kessentai mit einem leichten Kammflattern, »wir könnten auch hier sitzen bleiben und sie aushungern.« Er sah zu dem Oolt'ondai hinüber und zischte, als er den Ausdruck in dessen Krokodilsgesicht sah. »Aber da bist du wohl anderer Meinung.«
Allem Anschein nach hörte der Oolt'ondai das gar nicht, sondern atmete bloß ein paar Mal durch und schrie dann: » Fuscirto uut ! Vorwärts!«
Jake ließ sich in eine kleine »Höhle« zwischen zwei mächtigen Granitfelsen fallen und atmete tief durch. Diese Position war für ihn geradezu perfekt, und im Übrigen hätten ihn wohl seine Beine auch nicht mehr weitergetragen. Die zwei »Felsbrocken« – beide jeweils etwa so groß wie ein Fernlaster – waren in Wirklichkeit Vorsprünge, denen das Wetter über die Jahrhunderte so lange zugesetzt hatte, bis schließlich einer auf den anderen gefallen war. Dazwischen hatte sich eine kleine, einigermaßen trockene Spalte gebildet, die an der Westseite etwa mannshoch war und sich im Osten auf etwa Kniehöhe verengte. Ein Stück unter der Hügelkuppe nach militärischer Definition und ein Stück westlich vom eigentlichen Berggipfel gelegen, überblickte sie eine fast senkrechte Partie an der Ostseite des Berges, die zu dem Sattel hinunterführte, den die Posleen würden überqueren müssen. Seine Verfolger würden nicht nur diesen Sattel überqueren, sich in die Höhe quälen und dann den eigentlichen Gipfel überqueren müssen, dabei ständig in voller Sicht, sondern sein Standort war auch noch für alles, mit Ausnahme ihrer schweren Waffen, beinahe undurchdringlich – ein Betonbunker hätte möglicherweise noch eine leichte Verbesserung dargestellt, aber nicht sehr – und verfügte zusätzlich über einen Hinterausgang. Freilich führte dieser »Hinterausgang« zu einer hundertzwanzig Meter hohen, senkrechten Klippe. Aber eine andere Wahl hatte er nicht gehabt.
Früher einmal hatte man diesen Berg offenbar gern besucht. Man konnte noch vage die Umrisse von ein paar alten Schuppen und auch zwei Feuerstellen erkennen. Er war ganz von knorrigen Bäumen bedeckt, Weißfichten und Eichen und ein paar Ahornstämme dazwischen, deren verkrüppelte Stämme und Äste sich weitgehend nach Süden neigten. Weshalb sie so verkrüppelt waren, ließ sich deutlich erkennen; was unten im flachen Land eine leichte Brise gewesen war, wehte hier oben auf der Höhe beinahe mit Orkanstärke und peitschte die Blätter um ihn herum mit voller Wut.
Es gab ein paar größere Felsbrocken und Auswucherungen, aber zum größten Teil war der Boden mit lehmiger Erde und Buschwerk bedeckt. Die Ausnahme war die Partie unmittelbar vor der Klippe, wo die Lehmschicht vielleicht vier Meter vom Rand entfernt abrupt endete. In den ersten paar Metern der Felswand waren an der einen Seite eine ziemlich geräumige Höhle, einige vom Wind zerzauste Weißfichten sowie ein paar Felssimse zu erkennen. Dahinter freilich fiel die Felswand über hundertzwanzig Meter weit ab, bis hinunter zu dem mit Bäumen bestandenen Bergsockel. Von dort reichten die Bäume fast einen Kilometer weit nach draußen, ehe sie auf die Anfänge von »Zivilisation« und ein weiteres freies Feld stießen.
Jake klappte das Zweibeinstativ seines Barrett aus, dann das Visier hoch und schob eine alte Jack-Daniel's Flasche weg. Die Distanz zum Sattel, genauer gesagt dessen oberer Rand, wo nichts den Blick auf den Bergpfad versperrte, betrug gerade achthundert Meter.
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