Invasion der Götter
Grand. Ich nehme an, dass es heute Nacht in Bagdad zu keinen Zwischenfällen kam«, entgegnete der Oberkommandierende vor ihm, der bequem hinter seinem provisorischen Schreibtisch saß. Außer diesem einzelnen Möbelstück zierte nur noch eine Landkarte des Irak eine der olivfarbigen Zeltwände des Brigadier Generals.
»Keine Zwischenfälle, Sir. All meine Männer sind wohlbehalten zurückgekehrt«, antwortete er ihm. »Aber aus diesem Grund haben Sie mich sicherlich nicht direkt nach meiner Patrouille zu sich zitieren lassen – oder liege ich falsch, Sir?«
»Keineswegs, Major. Wie mir zu Ohren gekommen ist, sind Sie und Ihr Team bereits seit zwei Wochen jede Nacht im Dienst. Aufgrund dieser Tatsache gebe ich Ihrer Einheit die nächsten drei Tage Zeit zur Erholung. Mir liegt nichts ferner, als übermüdete Soldaten in ein Gefahrengebiet zu schicken. Zudem sind Sie das einzige Team, das nach dem Anschlag vor vier Tagen noch keine freien Tage anforderte. Daher wird Lieutenant Colonel Walters’ Einheit diese Aufgabe die nächsten drei Nächte übernehmen. Haben Sie dem noch etwas hinzuzufügen, Major?«
»Ja, Sir«, entgegnete Major Grand harsch. »Bei allem Respekt, aber diese Entscheidung halte ich für Bullshit. Mein Team ist hart im Nehmen. Zudem haben wir stichhaltige Hinweise für den Aufenthaltsort der Separatisten, die den letzten Anschlag verübten. Wir bekommen diese Schweinehunde nur dann, Sir, wenn wir an der Sache dranbleiben.«
»Major! Ich weiß, Sie sind tough, und Sie sind abgesehen von Ihrem zu großen Mundwerk einer meiner besten Männer hier. Aber Ihr Team braucht diese Atempause. Ich habe kein Verlangen danach, Sie oder einen Ihrer Männer schwer verletzt oder gar in einem Sarg nach Hause zu schicken. Lieutenant Colonel Walters bekommt es die nächsten drei Nächte auch ohne Sie hin. Das ist also keine Bitte, sondern ein Befehl. Haben Sie das verstanden, Major?«
»Ja, Sir. Brigadier General Murphy, Sir«, entgegnete Grand scharf und ohne Blickkontakt zu Murphy.
»Na, dann wünsche ich Ihnen gute Erholung. Wegtreten, Major!«
»Darauf kann ich verzichten, Sir«, entgegnete Grand salutierend und verließ das Zelt seines Vorgesetzten.
Major Tyler Grand lief geradewegs zu seiner Einheit, die noch immer dort versammelt stand, wo er sie nach der nächtlichen Patrouille verlassen hatte, als er von einem Offizier zum General zitiert worden war. Erwartungsvoll sahen sie ihren Commander an, da es außergewöhnlich war, dass der General jemanden umgehend sehen wollte.
»Was wollte der General, Sir?«, fragte Mutch, der mit knapp zwei Metern der Größte und zugleich Kräftigste des Teams war. Auch wenn er mehr Muskeln als Hirnmasse besaß, war er für Tyler, abgesehen von seinen aggressiven Aussetzern, ein unersetzbares Mitglied.
»Nun, der General kam irgendwie auf die irrwitzige Idee, dass wir eine Pause nötig haben. Das heißt, dass wir für die nächsten drei Tage aufs Abstellgleis verfrachtet werden«, erwiderte Tyler genervt. »Sollte also jemand es für nötig befinden, seine eingeschissenen Unterhosen zu waschen, hat er nun die Möglichkeit dazu. Also rührt euch.« Mit diesen Worten verließ er die Crew. Wenige Augenblicke später saß der Major nachdenklich auf seinem Feldbett im Truppenzelt und streifte sich durch sein dunkelblondes kurzgeschorenes Haar, als plötzlich sein First Lieutenant vor ihm stand. Baker war afroamerikanischer Abstammung und sein bester Freund.
»Hey Tyler. Alles in Ordnung?«, fragte er ihn besorgt.
Tyler sah seinen First Lieutenant mit seinen grün-blauen Augen zornig an.
»Nichts ist in Ordnung!«, antwortete er ihm gereizt. »Murphy hatte sich bisher einen Dreck darum geschert, ob wir müde sein könnten oder nicht, selbst wenn wir drei Monate am Stück patrouillierten. Warum dieser plötzliche Sinneswandel?«
Baker zeigte sich sichtlich überrascht, denn er wusste, was sein Kommandierender damit andeuten wollte.
»Hältst du es etwa für möglich, dass einer unserer Männer beim General war und sich bei ihm ausgeheult hat?«
»Für möglich? Meiner Meinung nach ist das eine Tatsache«, erwiderte Tyler scharf.
Baker spürte die Anspannung in Tyler. Die beiden waren bereits in der Grundausbildung Freunde geworden, und er kannte ihn wahrscheinlich besser als jeder andere im Camp. Ihm ging es weniger darum, eine Pause einzulegen. Auch wenn sein Mundwerk oftmals schärfer war als ein Samuraischwert, war er dennoch alles andere als ein Sklaventreiber.
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