Invasion der Götter
bedrückt.
Als Antwort vernahm sie nur das laute, schwere Atemgeräusch von ihrem Gegenüber.
»Verschwinden Sie! Lassen Sie mich in Ruhe!«, rief sie. Der Mann jedoch verschwand nicht. Er stand einfach nur da und atmete – laut, beinahe schon ekstatisch klang das Schnaufen.
»Du bist eine ziemlich zähe kleine Schlampe, das muss ich schon sagen. Aber nun kannst du mir nicht mehr entkommen. Jetzt bist du fällig! Du wirst mir meine Quote nicht versauen. Man nennt mich nicht umsonst Highscore-King.«
Dass sie es mit einem Irren zu tun hatten, war Iris bereits zuvor klar, doch diese Worte aus seinem Mund bestätigten dies endgültig. Zum Glück normalisierte sich ihr Sehsinn wieder ein wenig, und sie war imstande zu sehen, wer der Mann war, der vor ihr stand. Seine Augen waren schwarz wie die Nacht, kalt und herzlos.
»Das ist schön!«, sagte sie und versuchte ihn trotz ihrer Angst in ein Gespräch zu verwickeln, in der Hoffnung, ihn von seinem Plan abzubringen. »Haben Sie diesen Namen von Ihren Freunden bekommen? Sicherlich sind Sie ein Ass im Spielen von Shooter-Games. Haben Sie eine Playstation oder eine Xbox? Mein Neffe hat eine Xbox, und der ist richtig talentiert mit dem Ding.«
»Lady, was reden Sie für einen Unsinn? Diese Kinderkacke ist doch etwas für Weicheier. Der wahre Krieg ist das Leben. Keiner kann sich mir in den Weg stellen, und niemand sagt mir, was ich zu tun oder zu lassen habe. Diese Erfahrung mussten schon viele machen. Das ist also kein Computerspiel, in dem es um irgendwelches sinnloses Zeug geht. Bei mir müssen Menschen dran glauben, die das Leben nicht verdient haben. Menschen, die es Leuten wie mir schwer machen und uns für minderwertig halten.«
»Ich gehöre nicht zu diesen Menschen. Ich habe nie irgendjemand für minderwertig gehalten oder dafür verurteilt, was er ist oder tut. Jeder soll so leben, wie er es für richtig hält. Ehrlich!«, entgegnete Iris mit ängstlicher Stimme.
»Halt die Schnauze, Lady. Ich kenne Menschen wie dich, die denken, sie seien etwas Besseres. Ich bringe Ordnung in diese gottlose Welt.«
»Sie kennen mich doch gar nicht. Ich habe Ihnen doch nie etwas getan!«
»Schweig, Schlampe!«, sagte er und hielt ihr den Lauf seines Gewehrs an die Stirn. Iris brach in Tränen aus. Sie flehte um ihr Leben, doch der Mann sah sie nur mit irren, mordlustigen Augen an. Zufällig fiel ihr Blick auf seine Hose und wie sich dort mehr und mehr etwas zu regen begann. In Iris stieg nun noch mehr Panik auf. Nicht nur dass er sich selbst als Rächer aller Unterdrückten sah, vor allem schien ihn seine Macht sexuell zu erregen. Ihr war klar, dass nichts, was sie sagte oder tat, ihn davon abhalten würde, sie zu töten.
»Jetzt ist es Zeit zu sterben!«, sagte er mit dem Finger auf dem Abzug. Der Mann war derart auf sein Opfer konzentriert, dass er nicht bemerkte, wie das schwere Regal neben ihm langsam zu kippen begann. Schließlich fiel es um und begrub den Wahnsinnigen mit Geschrei und einem lauten Rums unter sich.
Iris begab sich, angetrieben von einem Adrenalinstoß, auf ihre Beine, als Jamie auch schon um die Ecke gestürmt kam.
»Wie hast du das Regal zu Fall bringen können?«, fragte sie ihn mit erstauntem Blick.
Jamie grinste und deutete in den dahinterliegenden Gang.
»Da stand ein Gerät, das man auf und ablassen kann. Ich habe es einfach unter das Regal gefahren und es so umgeworfen«, antwortete er ihr stolz.
Sie strich ihm über sein Haupt und gab ihm einen Kuss auf die Stirn.
»Danke! Du bist mein kleiner Held. Du hast mir das Leben gerettet.«
Jamie stieg ein wenig die Röte ins Gesicht, und er senkte eingeschüchtert seinen Kopf, als er unter dem umgestürzten Regal eine halb herausragende Handfeuerwaffe entdeckte.
»Sieh mal!«, sagte er und deutete darauf.
Iris wollte eben danach greifen, als sich plötzlich der Mann unter dem schweren, mehrbödigen Warengestell rührte. Statt nach der Waffe zu greifen, packte sie Jamie an der Hand und die beiden liefen in den hinteren Teil des Ladens.
Leise schloss Iris die Tür des Büros, in dem sich schlafend auch die kleine Kimi befand. Der winzige Raum war äußerst spärlich ausgestattet. Ein ordentlich aufgeräumter Schreibtisch, ein klappriger Bürostuhl, ein kleiner Konferenztisch und sechs Stühle. Zudem noch eine Kommode, auf der eine verschmutzte Kaffeemaschine stand. An einer Wand befand sich eine Schreibtafel, auf der die Namen und Schichten der Angestellten dieses Geschäfts eingetragen
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