Invasion - Die Ehre des Clans - Ringo, J: Invasion - Die Ehre des Clans - Honor of the Clan
und jetzt musste er auf der Erde auf etwas so Vertrautes verzichten.
Für seine Begriffe war der ein paar Liftstationen und Korridore entfernte Stadtpark »outdoors«. Dort gab es Pflanzen. Pflanzen sollten schmücken und dort bleiben, wo jemand sie eingepflanzt hatte – wo sie einen nicht störten. Und die Geräusche im Freien – nun, da erwartete er sich Vogelgezwitscher, gedämpfte Musik und Meeresrauschen aus versteckten Lautsprechersystemen.
Und deshalb hasste er es, auf der Erde im Freien zu sein, und am allermeisten hasste er den Darien. Tag und Nacht, und zwar wirklich jede Stunde, kreischte oder brüllte da das eine oder andere Tier so laut es konnte, und die Vegetation war einem nicht etwa nur gelegentlich im Wege, sondern ständig. Und dann diese Insekten, die ständige Hitze und die widerwärtige Luftfeuchtigkeit!
Normalerweise hielt er sich in seinem klimatisierten Büro oder seinem Zimmer auf, solange das irgendwie möglich
war. Seine gottverdammte Klimaanlage war wieder einmal hin, aber die war auch älter als die letzte Darhel-Unterhose – und noch dazu von Anfang an ein Stück Scheiße gewesen. Er konnte sich nicht den ganzen Tag in seiner Bude verstecken, sonst würden ihn alle für ein Weichei halten. Hier draußen bestand wenigstens die Chance, dass einmal eine leichte Brise wehte.
Und außerdem, das gab er ja zu, wollte er seinen Vorgesetzten deutlich zeigen, was für Widrigkeiten er im Namen der Tong auf sich nahm, wenn er seinen Boss anrief und ihm einen Lagebericht lieferte. Er hatte auch den Bericht des Befehlshabers der O’Neal-Armee, den er liefern wollte, aber den konnte er ebenso gut nach dem Gespräch als E-Mail schicken. Es war verdammt bequem, dass die O’Neals ihren ganzen Verkehr über die Tong hin und her schicken mussten. Sehr nützlich.
Bei diesem Deal riskierte der Boss wirklich Kopf und Kragen, und Li steckte da mit drin, ob er wollte oder nicht. Aber allmählich glaubte er, dass es vielleicht klappen könnte. Offenbar wussten diese Militärtypen, was sie taten, und hurten und soffen auch nicht ganz so schlimm herum, wie er das erwartet hatte. Er wusste eigentlich nicht, weshalb es ihn so überraschte, dass die O’Neals jetzt ihre eigene Privatarmee hatten. Eine ungewöhnlich gute Söldnertruppe übrigens, von denen eine ganze Menge tatsächlich Blutsverwandte der Familie waren. Wenn sie schlau waren und zur rechten Zeit die richtigen Leute bestachen und zu guter Letzt auch begriffen, dass sich eine pragmatische Einstellung durchaus lohnte, gab es keinen Grund, weshalb sie dabei nicht ganz gut rauskommen sollten. Da sie sich für einen Tätigkeitsbereich entschieden hatten, der die Aktivitäten der Tong ergänzte statt mit ihr zu konkurrieren, besaß diese Geschichte wirklich einiges an Potenzial. Und auf lange Sicht konnte es sich durchaus auch für seine eigene Zukunft lohnen, sich in dieser Saunahölle aufzuhalten.
Er sah auf die Uhr. Bis elf waren es nur noch ein paar Minuten, und sein Boss war gewöhnlich pünktlich, was auch zu seiner militärischen Vergangenheit passte. Offiziell war sein Boss plötzlich aus heiterem Himmel aufgetaucht. Inoffiziell war er so etwas wie ein Offizier beim Militär gewesen, ehe die Tong ihn rekrutiert hatte.
»Michael, Ihr Boss ist in der Leitung«, sagte sein PDA mit seiner angenehmen Tenorstimme.
»Danke, Huan. Bitte durchstellen.«
Ein Holo von Yan Kato erschien über dem Buckley, wobei der Stream ausreichend Hintergrund lieferte, um anzudeuten, dass sich sein Boss im hinteren Bereich eines Ladens befand. Im Hintergrund des Holo ragten Regale mit darauf aufgestapelter Ware in die Höhe und verblassten an den Rändern.
Sein Vorgesetzter hatte genau die Art von Gesicht, das die Tongs Leuten verpassten, die ihre Laufbahn nicht als Asiaten begonnen hatten. Wenn jemand nicht besonders gut in eine spezielle Ethnie passte, achteten sie darauf, dass die Gesichter einem bestimmten ethnischen Typus nicht zu deutlich entsprachen, und sorgten dafür, dass sie wie eine Kreuzung aus mehreren asiatischen Ethnien wirkten. Es kam häufig genug vor, dass Leute wirklich halb Vietnamese und halb Koreaner oder halb Chinese, ein Viertel Koreaner und ein Viertel Japaner, oder halb Chinese und halb Weißamerikaner waren. Wenn jemand ein solches Mischmaschaussehen hatte und seine Vergangenheit zu lückenhaft war, nahmen die Leute einfach an, dass da ein Rundauge im Spiel gewesen war, aber sonderlich höflich war es nicht, wenn man das sagte. Auf
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