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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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versuchte es mit einem, dann mit einem anderen, bis der dritte schließlich ins Loch glitt, sich drehen ließ, und die Tür sich öffnete.
    »Nein!« wimmerte Stike, während er sich beinah aus dem Griff der beiden Wachmännern freigerungen hätte. DeWar sah sich schnell um, aber es war niemand da, der hätte helfen können. Er zog den Schlüssel heraus und nahm den ganzen Satz mit, als er den inneren Bereich des Harems betrat. Hinter ihm bemühten sich die beiden Wachmänner nach Kräften, das wilde Toben des Chefeunuchen einigermaßen zu beherrschen.
    DeWar war noch nie hier gewesen. Er hatte sich den Grundriß der Räumlichkeit jedoch auf Plänen angesehen, deshalb wußte er, wo er war, auch wenn er nicht wußte, wo UrLeyn war.
    Er rannte durch einen kurzen Flur zu einer weiteren Reihe von Türen, wobei Stikes wütende Schreie und Beschimpfungen ihm immer noch in den Ohren klangen. An seinem Ende war ein runder Innenhof, sanft beleuchtet von einer einzigen durchscheinenden Stuckkuppel hoch oben. Den schimmernden Raum umliefen drei von Säulen gestützte Ebenen. Ein kleiner Brunnen plätscherte in der Mitte, und Couchen und Sessel standen überall verstreut herum. Mädchen in unterschiedlichen Graden des Be- und Entkleidetseins sprangen auf oder zuckten zusammen, wo immer sie es sich gerade gemütlich gemacht hatten, aufschreiend und kreischend, als sie DeWar sahen. Ein Eunuche, der aus einem Raum seitlich der untersten Kolonnade kam, sah ihn und schrie laut auf. Er schwenkte die Arme und rannte auf DeWar zu, und erst als er sah, daß DeWar ein Schwert hielt, verlangsamte er seine Schritte und blieb schließlich stehen.
    »Die Dame Perrund«, sagte DeWar schnell. »Der Protektor.«
    Der Eunuche stand erstarrt da, als ob ihn die Schwertspitze hypnotisiert hätte, obwohl sie noch einige Schritte von ihm entfernt war. Er hob eine zitternde Hand zu der blassen Kuppel.
    »Sie sind da«, flüsterte er mit bebender Stimme. »Auf der obersten Ebene, Herr, im kleinen Hof.«
    DeWar sah sich um und entdeckte die Treppe. Er rannte zu ihr und dann in einer Spirale hinauf, bis ganz nach oben. Um den oberen Absatz herum waren etwa zehn Türen angeordnet; jenseits des Brunnens im Innenhof entdeckte er einen breiteren Eingang, der in einen kurzen Gang mit einer doppelflügeligen Tür an seinem Ende führte. Er rannte, jetzt schwer atmend, im Rund der Galerie zu dem kurzen Flur und der doppelflügeligen Tür. Sie war verschlossen. Mit dem zweiten Schlüssel, mit dem er es versuchte, ließ sie sich öffnen.
    Er befand sich wieder in einem von einer Kuppel überdachten Innenhof. Dieser hatte nur eine einzige Ebene, und die Säulen, die das Dach stützten, und die durchscheinende Stuckkuppel waren zierlicher als die im Haupthof. Auch hier war ein Brunnen und ein Badebecken in der Mitte des Hofes, der auf den ersten Blick verlassen zu sein schien. Der Brunnen war in der Form von drei ineinander verschlungenen Jungfrauen gestaltet und kunstvoll aus weißem Marmor gearbeitet. DeWar spürte Bewegung hinter der blassen Steinmetzarbeit des Brunnens. Dahinter, auf der entgegengesetzten Seite des Brunnens, hinter den Säulen, stand eine Tür angelehnt.
    Der Brunnen plätscherte gleichmäßig. Das war das einzige Geräusch in dem ausgedehnten runden Raum. Schatten huschten über den polierten Marmor des Bodens in der Nähe des Brunnens. DeWar warf einen Blick nach hinten, dann schritt er weiter, um den Brunnen herum.
    Die Dame Perrund kniete am erhabenen Beckenrand des Brunnens, wo sie sich bedächtig und methodisch die Hände wusch. Ihre unversehrte Hand massierte die verkrüppelte, die knapp unter der Wasseroberfläche in der Schwebe lag, wie die Gliedmaße eines ertrunkenen Kindes.
    Sie war mit einem dünnen roten Gewand bekleidet. Es war halb durchsichtig, und das Licht von der schimmernden Stuckkuppel fiel über ihr aufgelöstes blondes Haar und hob ihre Schultern, Brüste und Hüften unter dem zarten Stoff hervor. Sie blickte nicht auf, als DeWar um die Seite des Brunnens herum erschien. Statt dessen konzentrierte sie sich auf das Händewaschen, bis sie zufrieden war. Sie hob den verkrüppelten Arm aus dem Wasser und brachte ihn behutsam neben sich, wo er schlaff und schmächtig und blaß hing. Um ihn zu bedecken, rollte sie den Ärmel aus dem dünnen roten Stoff herunter. Dann wandte sie langsam den Blick um und sah DeWar an, der sich ihr bis auf wenige Schritte genähert hatte, mit blassem Gesicht und einem schrecklichen Gefühl und

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