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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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gefunden hatte.
    Ich entschied mich dafür, die Geschichte an der Stelle enden zu lassen, wo ich sie enden ließ, denn ab diesem Punkt weichen die beiden Versionen sehr kraß voneinander ab. In der ersten Version, die ich gelesen habe, und zwar in der Form eines Dramas in drei Akten, durchbohrte der Leibwächter die Dame mit seinem Schwert, um seinen toten Herrn zu rächen und dann in seine Heimat in den Halbverborgenen Königreichen zurückzukehren, wo sich seine wahre Identität als Prinz offenbarte, der von seinem Vater aufgrund eines unseligen, aber keineswegs ehrenrührigen Mißverständnisses verstoßen worden war. Eine Totenbett-Versöhnung, ausgeschmückt mit hübschen Reden, wurde mit dem sein Leben aushauchenden König inszeniert, und DeWar regierte fürderhin zum Wohl seines Volkes. Ich gebe zu, ich halte dies für das moralisch zufriedenstellendere Ende.
    Die Version, die angeblich von der Dame selbst stammte – und die sie, wie sie behauptete, nur deshalb zu Papier gebracht hätte, um die sensationell aufgeplusterten Unwahrheiten der dramatischen Version richtigzustellen – hätte kaum abweichender davon sein können. Darin nahm der Leibwächter, dessen Vertrauen sie soeben erschüttert und dessen Herrn sie auf überaus grausame Weise zu Tode gebracht hatte, sie bei der Hand (von dem sie noch kaum das Blut seines Herrn gewaschen hatte) und führte sie aus dem Harem. Sie erklärten den ungeduldig draußen Wartenden, daß es UrLeyn gutgehe, daß er jedoch endlich tief schlafe, als ob er bereits wüßte, daß die Ursache für die Krankheit des Jungen entdeckt sei.
    DeWar sagte, er werde die Konkubine Perrund zur Amtsstube des Wachkommandanten ZeSpiole führen, um sie dem Kindermädchen gegenüberzustellen, das sie beschuldigt hatte. Fälschlicherweise, wie er vermutete. DeWar entschuldigte sich beim Chefeunuchen Stike und gab ihm seine Schlüssel zurück. Er wies einige der anwesenden Wachen an, an Ort und Stelle zu bleiben, und die anderen, sich wieder auf ihre normalen Posten zu begeben und die üblichen Aufgaben zu erfüllen. Dann führte er die Dame Perrund ab, höflich, aber energisch.
    Der Stallknecht, der sie mit Reittieren versorgte, sah sie beim Verlassen des Palastes, und verschiedene ehrenwerte Bürger beobachteten sie beim Verlassen der Stadt.
    Etwa um die Zeit, als sie durch die Nordpforte der Stadt galoppierten, versuchte Stike, die Tür in den kleinen Innenhof auf der obersten Ebene des Harems zu öffnen.
    Der Schlüssel wollte nicht richtig ins Schloß passen, in dem etwas verklemmt zu sein schien.
    Die Tür wurde aufgebrochen. Der Fremdkörper, der in das Schloß eingeführt worden war, nachdem die Tür zugeschlossen worden war, entpuppte sich als ein Stück Marmor in der Form eines kleinen Fingers, abgebrochen von einer der Jungfern im Brunnen in der Mitte des erhabenen Beckens in dem kleinen Innenhof.
    UrLeyns Leiche wurde in dem an den Innenhof angrenzenden Schlafzimmer gefunden. Sein Blut hatte die Laken durchtränkt. Sein Körper war schon ziemlich kalt.
    DeWar und Perrund wurden nie geschnappt. Sie gelangten nach unberichteten Abenteuern nach Mottelocci, in den Halbverborgenen Königreichen, wo DeWar überraschenderweise überhaupt nicht bekannt war, über das er jedoch sehr gut Bescheid wußte und wo er sich sehr bald einen guten Ruf erwarb.
    Die beiden wurden Kaufleute und gründeten später eine Bank. Perrund schrieb den Bericht, dem ich die Hälfte meiner Geschichte entnommen habe. Sie heirateten, und ihre Söhne – und angeblich auch ihre Töchter – führen bis zum heutigen Tag ein Handelsunternehmen weiter, das sich allem Vernehmen nach mit dem unseres hiesigen Mifeli-Clans messen kann. Ihr Firmenzeichen ist angeblich ein schlichter Torus, ein Ring, so wie man ihn von einem Ende eines Rohres schneiden könnte. (Dieses Emblem ist eine Hälfte dessen, was meiner Vermutung nach nicht das einzige Bindeglied innerhalb und zwischen diesen beiden Erzählungen ist, aber ich habe es – in Anbetracht der Auslegung, die für meinen alten Kopf bei weitem zu trügerisch ist, als daß er sie nachvollziehen könnte – dem Leser überlassen, sich eine eigene Meinung über Übereinstimmungen und Ähnlichkeiten zu bilden, eigene Schlüsse zu ziehen und eigene Wege der Spekulation zu beschreiten.)
    Jedenfalls starben DeWar und Perrund, so kam uns zu Ohren, beide in den Bergen, in einer Lawine an einem Gebirgspaß, vor fünf Jahren. Der Schnee und das Eis der gnadenlosen Gipfel ist ihr

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