Irische Liebesträume
freundlich zu ihr zu sein. “Es war schrecklich sauber dort”, sagte sie, “so als hätte jemand kurz vorher alles ausgescheuert. Ich habe nirgendwo ein Staubfleckchen entdeckt. Die Anlage sah nicht aus, als würde sie aus der Bronzezeit stammen. Und oben auf dem Grabhügel hat ein Kalb gestanden und Gras gefressen. Als ob, nun … als ob es gar nichts Besonderes wäre.”
“Glaubst du, Newgrange sei nur für Touristen da?”, fragte Feargal.
Ellie beachtete ihn nicht weiter und lächelte seine Mutter an.
“Und wo waren Sie sonst noch?”, fragte Mrs. McMahon schnell.
“Oh, in Navan, und dann in Trim. Anschließend bin ich zurückgefahren. Unterwegs habe ich ein hübsches Cottage entdeckt, das irgendjemand in einen Kunstgewerbeladen umgestaltet hat. Die Frau darin meinte, es sei schon seit einer Ewigkeit kein Mensch mehr dagewesen. Sie können sich vorstellen, wie sie sich gefreut hat.”
“Wollten Sie sich denn etwas kaufen?”
“Ja. Ich habe mir einen Wollhut besorgt. Der hält schön warm im Winter.” Ellie zog die Hand hervor, die sie bis jetzt hinter dem Rücken verborgen hatte, und hielt den Hut hoch. “Die Verkäuferin hatte keine Tüte, um ihn einzupacken.”
“Haben Sie sich auch Mellifont Abbey angesehen?”
“Nein. Vielleicht schaue ich auf der Rückfahrt mal dort vorbei.”
“Sie bleiben nicht bis zur Hochzeit? Nein”, beantwortete Mrs. McMahon die Frage selbst und warf ihrem Sohn einen kurzen Blick zu. “Vielleicht ist es besser so.” Es hatte sich angehört, als wäre sie wirklich enttäuscht darüber. Obwohl sie doch eigentlich froh sein sollte, sie loszuwerden.
“Ja”, sagte Ellie. “Aber ich würde gern mit Ihnen sprechen, bevor ich gehe. Allein.”
Mrs. McMahon wirkte mit einem Mal nervös, und Feargal drehte sich um und sah Ellie an.
“Und sagen Sie mir bitte, was ich Ihnen für Kost und Logis schulde”, fügte sie hinzu.
“Ich glaube nicht”, bemerkte Feargal gefährlich ruhig, “dass du deine Schuld jemals bezahlen kannst.”
Sekundenlang hielt sie seinem Blick stand, dann seufzte sie. “Vielleicht nicht, aber was geschehen ist, war unbeabsichtigt, Feargal. Ich wünschte, du würdest das glauben.”
“Ja, das kann ich mir denken.” Er nickte kurz, richtete sich auf und ging hinaus. Er schloss die Tür äußerst behutsam. Würde er jetzt draußen stehen und zuhören? Wahrscheinlich. Oder hatte er eine Abhöranlage in dem Zimmer eingebaut?
Ellie wandte sich Feargals Mutter zu und sagte: “Wir müssen miteinander reden.”
“Nein, ich …”
“Doch”, beharrte Ellie leise, aber entschlossen. “Es geht mich zwar nichts an, doch ich muss wissen, warum Sie jedem erzählt haben, dass Großvater Phenas Vater sei. Nein …” Sie schüttelte kurz den Kopf und verbesserte sich: “Ich muss wissen, ob Großvater wusste, was Sie über ihn erzählt haben.”
“Wieso sind Sie so sicher, dass er nicht der Vater war?”, fragte Mrs. McMahon.
“Weil er nicht Vater werden konnte”, stellte Ellie fest. “Sein Sohn und seine Tochter wurden adoptiert.”
Mrs. McMahon sah Ellie erstaunt an, dann begann sie, leise zu lachen. “Oh, du meine Güte. Das ist wieder typisch, dass ich mir genau den Mann ausgesucht hatte, bei dem es nicht möglich war. Und typisch, dass er nie ein Wort darüber verloren hat.”
“Also wusste er es?”
“Ja, natürlich wusste er es. Auch ich habe meine Grundsätze”, tadelte sie.
“Oh nein, es tut mir leid. Ich wollte Ihnen nicht unterstellen …”
“Ich weiß.” Mrs. McMahon lehnte sich im Sessel zurück und seufzte tief auf. “Ich habe schon immer geahnt, dass es eines Tages herauskommen würde. Irgendwann kommt jeder dunkle Punkt einer Familiengeschichte ans Licht. Und für gewöhnlich im ungünstigsten Augenblick. Setzen Sie sich, mein Kind.”
Ellie setzte sich und fragte zögernd: “War es sein Sohn, der …”
“Sein Sohn? Du meine Güte, nein. Wie kommen Sie nur auf diesen Gedanken?”
“Durch den Namen in der Geburtsurkunde. Feargal sagte, er laute David Anthony Kent. Großvater und sein Adoptivsohn hatten den gleichen Namen – David Anthony. Und wenn Großvater es nicht gewesen war …”
“Ich verstehe. Feargal hat anscheinend viel geredet. Aber warum auch nicht, wenn er annimmt, Sie wüssten schon alles. Es tut mir leid, Ellie. Ich habe Ihnen ganz schön viel Ärger gemacht, wie?”
Ellie lächelte und gestand: “So schlimm wäre es gar nicht gewesen, wenn ich gewusst hätte, wovon Feargal
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