Iron Man - Von Black Sabbath bis Heaven & Hell
verdammt viel Zeit.
Meine Eigenanfertigungen von damals nutzten sich schnell ab, doch die heutigen Fingerhütchen sind beständiger geworden, bis auf das Leder, das sich durchscheuert. Jedes Prothesen-Set hält mindestens einen Monat, auf Tour vielleicht nur zwei Wochen. Wenn die Abnutzung beginnt, muss die ganze Prozedur wiederholt werden. Ich gebe immer noch die Vorlage in die Klinik, mit der ich vor über 40 Jahren begann. Sie ist zwar schon ganz schön abgenutzt, sollte aber noch einige Jährchen halten. Obwohl der Fingerersatz recht primitiv ist, funktioniert er einwandfrei. Entweder man gibt auf, oder beginnt den Kampf und arbeitet damit. Es ist eine harte Arbeit, denn nicht nur die Herstellung wird jedes Mal kompliziert, auch das Spiel mit Prothesen ist nicht einfach, denn das Gefühl fehlt. Ich muss ständig üben, um die Feinmotorik zu beherrschen.
Ein Charakteristikum meines Sounds liegt beim bevorzugten Spiel mit den beiden gesunden Fingern. Ich baue Akkorde mit dem kleinen und dem Zeigefinger auf und moduliere sie durch ein Vibrato. Die verkrüppelten Finger setze ich vornehmlich bei den Soli ein. Beim Saitenziehen, das viel Kraft erfordert, habe ich gelernt, den ersten und vierten Finger zu benutzen. Mit dem Mittel- und Ringfinger kann ich eine Saite nämlich nur leicht nach oben drücken. Vor dem Unfall benutzte ich nie den kleinen Finger, und somit musste ich mich extrem umstellen. Trotzdem ist meine Spieltechnik beschränkt, denn mit den Fingerhütchen werde ich bestimmte Akkorde niemals greifen können. Früher waren Barré-Akkorde kein Problem. Jetzt kann ich einige nicht mehr spielen, und muss mir Alternativen einfallen lassen, um einen voluminöseren Klang zu kreieren. Zum Beispiel schlage ich einen E-Akkord an und spiele die Note E mit einem leichten Vibrato, damit es voller klingt. Das ist quasi ein Ersatz für einen vollständigen Griff. Ich entwickelte einen individuellen Stil, passend zu meinen physischen Beschränkungen. Er ist recht unorthodox, funktioniert aber.
7: Eine Karriere, die an einer dünnen Saite hängt
Nach dem Unfall war ich gezwungen, das Gitarrespiel zu überdenken – von den Fingerhütchen bis hin zum geeigneten Gitarrenmodell. Ich kann nicht mit jeder Klampfe spielen, denn die Saiten und besonders die Saitenstärke müssen sich eignen. Die Probleme begannen gleich am ersten Tag der neuen Zeitrechnung. Damals gestaltete sich alles noch sehr schwierig, denn es gab keine Firmen, die extra-dünne Saiten herstellten. Zudem fand ich nirgendwo Gitarrenbauer, zumindest im Bereich der E-Gitarren, die in der Lage gewesen wären, Sonderwünsche umzusetzen. So blieb ich vollkommen mir selbst überlassen.
Ich spielte immer noch eine Fender Stratocaster, die ich unzählige Male auseinander baute, um sie für meine Bedürfnisse zu modifizieren. Ich feilte die Bundstäbchen ab, damit die Saitenlage bequem genug für mich war. Im Gegensatz zu gesunden Gitarristen, kann ich den Saitendruck der Finger nicht kontrollieren, da ich beim Mittel- und Ringfinger kein Gefühl habe. Ich tendiere zu einem härteren Griff, damit mir die Saiten nicht wegrutschen. Außerdem brauche ich sehr dünne Saiten, da ich stärkere nicht problemlos ziehen kann.
Damals waren 11er oder 12er die dünnsten Saiten. Heute zählen sie zu den stärksten! Das entsprach aber dem Stil der Ära, den der Gitarrenlehrer Bert Weedon mit seinem Buch Play In A Day bestimmte. Jeder spielte mit den „Stacheldrähten“. Folglich produzierte die Industrie nur solche Saiten-Sets. Ich war der erste mit der Idee, dünnere Sets zu benutzen, da ich einen Weg finden musste, um es mir so leicht wie möglich zu machen. Die dickeren Saiten rissen das Leder schnell ab, ich hatte nicht die Kraft sie zu ziehen, und darüber hinaus bereiteten sie mir Schmerzen. Die Verkäufer in den Musikgeschäften meinten immer: „Es gibt keine dünneren Saiten. Finde dich damit ab.“
Woraufhin ich fragte: „Tja, gibt es überhaupt keine dünneren Saiten?“
„Nein, mal abgesehen von den Banjo-Sets.“
„Na, dann gib mir doch mal einen Satz.“
Ich zog die beiden dünnsten Saiten des Banjo-Sets als hohes H und hohes E auf, was bedeutete, dass ich den Gitarren-Satz theoretisch von der G- bis zur tiefen E-Saite benutzen konnte. Allerdings ersparte ich mir diese unglaublich fette, tiefe E-Saite, die ich durch eine A-Saite ersetzte. Das war für mich praktikabel. Aus reiner Notwendigkeit heraus hatte ich also die dünneren Saiten-Sets erfunden,
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