Irrflug
Sommertag mit diesen idealen Wetterbedingungen zuhauf unterwegs. Diese Maschinen waren auf den Radarschirmen nichts weiter als kleine Punkte, die sich aber nicht identifizieren ließen.
Die Ermittler beschränkten sich deshalb auf die Kleinarbeit am Tatort und auf die Lautsprecher-Durchsage auf dem Campingplatz. Danach war Deutschländer mit seinem Dienst-VW-Golf über einen schmalen Asphaltweg direkt von der Hahnweide nach Kirchheim zurück gefahren, unter der Autobahn hindurch, vorbei an Kleingärten und den Gebäuden der Wasserversorgungsgruppe. Als er hinter der Bahnbrücke das Stadtzentrum erreichte, blickte er auf die Uhr. Zwölf. Kein Wunder, dass sich der Verkehr staute.
Es dauerte noch eine geschlagene Viertelstunde, bis er die Kriminalaußenstelle in der Max-Eyth-Straße erreichte, ein unscheinbares Gebäude, das sich hinter dem mächtigen Arkaden-Bau der Kreissparkasse in die Front der Stadthäuser einreihte.
Deutschländer öffnete die Gittertür, mit der innerhalb des Gebäudes der Treppenaufgang ins erste Obergeschoss gesichert war. Er ging über den schmalen Flur und sah durch eine geöffnete Tür seinen Kollegen Stefan Knödler am Schreibtisch sitzen. Dieser altgediente Beamte, der nicht nur ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel hatte als sein Chef, sondern auch wesentlich kleiner war, strich sich gerade mit der flachen Hand über den Glatzkopf, den nur noch ein schmaler Kranz weißer Haare umgab. Knödler war auf den seitlich stehenden Computerbildschirm konzentriert, drehte sich dann aber auf seinem Bürostuhl um, als Deutschländer am Schreibtisch gegenüber Platz nahm. Die beiden Männer begrüßten sich kurz, worauf Knödler sofort zur Sache kam: „Die Kollegen haben mir am Funk gesagt, dass sie ziemlich ratlos seien. Keine Spur.”
„Nix, aber auch gar nix”, bestätigte der Chef.
„Und auch keine Hinweise auf die Identität der Frau?”, hakte Knödler nach.
Deutschländer lehnte sich einigermaßen erschöpft auf seinem Bürosessel zurück und schüttelte den Kopf. „Nein, keine Handtasche, nichts in den Hosentaschen, was uns weiterhelfen könnte. Nur der Chef dieser Motorflugschule glaubt sich zu entsinnen, sie schon einmal auf dem Flugplatz gesehen zu haben.”
„Das ist doch schon was”, meinte Knödler und spielte mit einem Kugelschreiber.
„Na ja, da wär’ ich mir nicht so sicher, was glaubst du, wie viele Piloten und Passagiere sich da draußen tummeln …”
„Um ehrlich zu sein, ich hab’ zu diesen Fliegern keinen Draht, spiel’ lieber Tennis.”
„Und was gedenkst du jetzt zu tun?”, wollte Knödler wissen.
„Die Sekretärin vom Flugplatz will mir bis zum frühen Nachmittag eine Liste aller Piloten und Flugschüler ausdrucken, die mit der Motorflugschule zu tun haben. Einer von denen wird ja wohl unsere Tote kennen.”
„Und wie stellst du dir das vor? Wir haben doch kein Foto. Nicht mal als Leiche kannst du sie ablichten – bei den Verletzungen.”
Deutschländer biss sich auf die Unterlippe und blickte auf den Ventilator, der die stickige Büroluft in Bewegung brachte, ohne sie abzukühlen. „Ich weiß, das ist nicht einfach, wir werden die Piloten eben entsprechend befragen. Nach einer Passagierin, dunkelbraune Haare, groß, na ja, irgendeine Beschreibung werden uns die Jungs von der Gerichtsmedizin doch abgeben können.” Er zuckte mit den Schultern, um dann fortzufahren: „Gehst du mit auf eine Pizza?”
Knödler, für seine schwäbische Sparsamkeit bekannt, lehnte wie erwartet ab. Während Deutschländer zur Bürotür ging, rief ihm sein Kollege nach: „Wart’ mal, habt ihr eigentlich überlegt, wie der Täter zum Flugplatz gekommen ist? Ich meine, wenn er’s bei Nacht und Nebel getan hat und dann davongeflogen ist, müsste er entweder hergebracht worden sein oder irgendwo ein Fahrzeug stehen haben.”
Deutschländer drehte sich um. „Mensch, Stefan, du hast Recht.”
„Ich werd’ veranlassen, dass die Kollegen den Parkplatz und das Gelände um die Hahnweide nach abgestellten Autos absuchen.”
Deutschländer runzelte nachdenklich die Stirn. „Du weißt aber hoffentlich schon, was da draußen an so einem Tag wie heute los ist? Spaziergänger mit und ohne Hunde, Segelflieger, Camper – da stehen jetzt Dutzende Fahrzeuge rum. Vielleicht sogar Hunderte.”
„Wir lassen einfach mal alle Kennzeichen notieren”, blieb Knödler hartnäckig und drehte sich mit seinem Bürosessel hin und her.
„He”, entfuhr es dem Kripo-Chef, der
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