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Irrflug

Irrflug

Titel: Irrflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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annähernd 200 Namen samt Adressen und Telefonnummern aufgelistet waren. Nicht nur lizenzierte Piloten, sondern auch zahlreiche Flugschüler, denen man auf der Hahnweide bereits zutraute, eine Maschine allein fliegen zu können.
    „Oh Gott”, entfuhr es ihm resignierend, „da sitzen wir ja nächstes Jahr noch dran.”
    „Ich hab’ aber auch was Erfreulicheres”, sagte Knödler und lehnte sich lächelnd zurück, „die Lautsprecher-Durchsage auf dem Campingplatz hat tatsächlich etwas erbracht. Zwei Männer und eine Frau haben den Flieger starten hören. Sie sind sich ganz sicher. Allerdings gehen die Ansichten über die Uhrzeit auseinander. Während die Männer behaupten, es sei um halb fünf gewesen, meint die Frau, es sei kurz vor vier gewesen.”
    Deutschländers Gesicht erhellte sich. „Ist doch schon was. Aber gesehen hat den Flieger keiner?”
    „Nein. Allerdings hat sich einer der Männer, er ist Segelflieger und kennt sich in der Fliegerei aus, noch darüber gewundert, dass schon so lange vor Sunrise, wie er sich ausdrückte, also vor Sonnenaufgang, ein Flugzeug starten darf. Aber gefährlich sei dies ja nicht, es habe ja schon der Morgen gegraut. Sei halt ein Verstoß gegen die Luftverkehrsordnung.”
    Deutschländer überlegte einen kurzen Moment. „Und wie war das jetzt mit dem Erreichen des Flugplatzes? Das mit den Autos hat zu nichts geführt?”
    „Die Kollegen haben über 50 Kennzeichen notiert, werden derzeit abgecheckt”, berichtete Knödler.
    „Wir müssen unsere öffentlichen Suchmeldungen präzisieren und ergänzen”, stellte Deutschländer fest, „wir müssen fragen, ob jemand in der Nacht verdächtige Personen gesehen hat, die sich im Bereich der Hahnweide aufgehalten haben.”
    Knödler machte sich Notizen. „Ich werd’ den Ö drauf anspitzen”, erklärte er und meinte damit den Beamten, der für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig war, Wilfried Mehldorn.
    „Und jetzt will ich von diesem Chef der Motorflugschule wissen, wer ihm von diesen Personen auf seiner Liste ein bisschen merkwürdig erscheint. Und ob er sich, verdammt noch mal, nicht doch entsinnen kann, wem er die Tote am ehesten zuordnen würde.” Er machte eine Pause und fügte hinzu: „Von der Gerichtsmedizin noch keine Nachricht?”
    Knödler schüttelte den Kopf.
    „Die sollen uns so bald wie möglich eine detaillierte Personenbeschreibung geben. Ruf dort mal an. Ich fahr’ noch mal zur Hahnweide raus.” Deutschländer faltete die drei Fax-Zettel zusammen und verließ den drückend heißen Raum.
     

4
    Altmann, der Finanzbeamte, der sich auf die Prüfung von Konzern- und Firmengeflechten spezialisiert hatte, war mit dem Fortschritt seiner Arbeiten bei ›Steinke Network GmbH & Co. KG‹ zufrieden. Ein Unternehmen dieser Größenordnung stellte ihm ein eigenes Büro zur Verfügung, in dem er sich monatelang in Buchungen und Daten vertiefen konnte. Manchmal schien es ihm dann so, als gehöre er schon zum Personal. Er benutzte die Kantine und holte sich Kaffee am Automaten. Alles natürlich gegen Bezahlung. Darauf legten er und seine Dienststelle allergrößten Wert. Bloß keine Abhängigkeiten, auch nicht andeutungsweise, aufkommen lassen. Nicht den geringsten Verdacht der Bestechung. Altmann, der gleich nach der Realschule die Laufbahn des Finanzbeamten eingeschlagen hatte, war überaus korrekt. Sein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn ließ ihn, wenn es sein musste, auch mal gnadenlos durchgreifen. Steuern sollten nicht nur die kleinen Bürger zahlen, sondern auch die Großen, pflegte er oft zu sagen. Er war deshalb froh, sich nicht auf die Kleinbetriebe, auf die Handwerker oder Mini-Selbstständigen, stürzen zu müssen. Er wusste nur zu gut, dass denen nur wenig Spielraum und vor allem Zeit blieb, sich der vielen legalen und meist illegalen Tricks zum Steuersparen zu bedienen. Das waren rechtschaffene Menschen. Doch in den großen Konzernen, in den unübersichtlichen Firmengeflechten, da wurde jede Möglichkeit, und sei sie scharf am Rande der Legalität oder schon ein bisschen in den Grauzonen darüber, hemmungslos ausgeschöpft, um dem Staat nichts überweisen zu müssen.
    Altmann kannte sich in den Gesetzen ebenso aus, wie in den Machenschaften der Wirtschaft. Er las eifrig die Nachrichten- und Wirtschaftsmagazine, verfolgte die entsprechenden Fernsehsendungen und legte sich Akten an. Manchmal, das wusste er aus Erfahrung, reichte auch schon ein aufmerksamer Blick aus dem Fenster seines ihm zugewiesenen

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