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Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry
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anders als das Duftgemisch im letzten Zimmer roch. Wie dort erstreckten sich auch hier die Regale bis ... Karls Gedanken stockten. Ja, bis wohin eigentlich? Er blickte nach oben, konnte aber keine Decke sehen. In der Nähe stand eine Leiter. Daran stieg er empor, erst zehn, dann zwanzig, dann dreißig Sprossen. Endlich kapitulierte er vor seinem wild pochenden Herzen und kletterte mit weichen Knien wieder zurück. Phantastisch, diese Bibliothek!, dachte er und lief durch den linken Durchlass in einen noch größeren Raum.
    Auf diese Weise erkundete Karl vier oder fünf weitere Zimmer, die alle ein wenig anders rochen und von denen jedes über noch mehr Übergänge in neue, noch geräumigere Säle verfügte. Ja, inzwischen konnte man nicht mehr von Kabinetten sprechen, die Regale reihten sich in Hallen, deren Ausdehnung jeder Vernunft hohnsprach. Karl versuchte sich die Dimensionen des Gebäudes, in dem sich der Laden von Herrn Trutz befand, zu vergegenwärtigen. Es musste mit mehreren weiteren Häusern im Hinterhof verbunden sein, die allesamt mit duftenden »Leuchtbüchern« voll gestopft waren.
    Oder rauchte der alte Mann tatsächlich Opium, und Karl war zu viel davon in die Nase gestiegen? Argwöhnisch blickte er sich um, betastete ein Buch mit dem Titel Die empörende Puderdose der Frau Aschenbrödel und schnupperte an einem anderen, das Die Abgründe der Phantasie hieß. Alles wirkte so real! Als er die Abgründe zurück ins Regal stellte, bemerkte er über den dort aufgereihten Büchern ein Strahlen, das sich von der hier üblichen Illumination deutlich abhob.
    »Tageslicht?«, murmelte Karl. War das etwa wieder so eine Unmöglichkeit? Er ging mit den Augen so dicht wie möglich an das Regal heran, um besser durch den schmalen Spalt über den Büchern hindurchspähen zu können. Tatsächlich! Dahinter befand sich ein strahlend helles Zimmer. Über dessen Zweck musste er nicht lange grübeln – die zentralen Möbelstücke waren ein Stuhl mit niedriger runder Lehne und ein Schreibtisch. Erheblich rätselhafter erschien ihm dagegen die Quelle des warmen gelben Lichts: ein großes, oben in einem weiten Bogen endendes Sprossenfenster an der gegenüberliegenden Wand. Hastig suchte er in den tiefer gelegenen Regalböden nach kleineren Büchern, die ihm einen besseren Durchblick gewährten, aber die Zwischenräume waren überall ähnlich schmal, weshalb er schließlich wieder zu dem Spalt auf Augenhöhe zurückkehrte.
    Ungläubig betrachtete er die lichte Fensterwand. Sie bestand aus einem dünnen Gitter mit zahllosen viereckigen Scheiben, jede etwa so groß wie eine Handspanne im Quadrat. In der Mitte befand sich, nur durch einen Drehknauf und die etwas dickere Umrahmung erkennbar, eine Glastür. Die höchste Stelle des Rundbogens mochte etwa fünf Meter messen. Karl schüttelte benommen den Kopf, weil er sich das helle goldene Licht im Fenster noch immer nicht erklären konnte. Es spiegelte sich in den Scheiben zu stark, als dass zu erkennen war, was sich dahinter befand. Auf jeden Fall müsste es draußen längst dunkel sein. Oder hatten sich die Wolken verzogen, und er sah die letzten Sonnenstrahlen des scheidenden Tages ins angrenzende Zimmer fallen? Ja, so musste es sein. Wie sonst...?
    »Kommen Sie zurecht, Herr Koreander?«
    Die Stimme des Buchhändlers drang aus weiter Ferne an Karls Ohr. Er riss sich vom Anblick des sonnendurchfluteten Fensters los, formte mit den Händen einen Trichter und rief: »Ja, Herr Trutz! Sie haben aber eine Menge Bücher! Ein richtiges Bücherlabyrinth ist das hier.«
    »Das ist Ihnen aufgefallen!«, kam die prompte Antwort aus dem Laden. Der Inhaber klang so erfreut, als hätte sein junger Bewerber gerade eine fünfte Himmelsrichtung entdeckt.
    »Vielleicht kommen Sie jetzt besser zurück«, fügte er hinzu, und sein Tonfall verriet, dass er allmählich ungeduldig wurde.
    Karl warf noch einen sehnsüchtigen Blick auf das Sonnenlicht hinter dem Regal, dann kehrte er um. Nicht ohne Schwierigkeiten fand er zum vorderen Teil des Ladens zurück; seine empfindliche Nase leistete ihm dabei wertvolle Dienste. Herr Trutz saß noch immer in seinem Sessel, die eine Hand auf den Silberknauf seines Gehstocks gestützt, die andere hielt die Meerschaumpfeife. Auf dem Beistelltischchen lag jetzt eine schwarze Dokumentenmappe, die von einem roten Gummiband zusammengehalten wurde.
    Der alte Mann empfing seinen Gast in gelöster, fast beschwingter Stimmung. »Was haben Sie gesehen, Herr

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