Isis
Steinarbeiter anwesend, bevor neue Reisen zur Materialbeschaffung ihn wieder in andere Regionen Kemets führen würden.
»Das läppische Holzding unter uns schwankt bereits wie bei hohem Seegang.« Schepenupet äugte vorsichtig nach unten.
»Was ausnahmsweise einmal nicht an meinem Gewicht liegt. Vielleicht hätten wir Nitokris doch besser ein Stück entgegensegeln sollen. Oder wir engagieren beim nächsten Mal Zimmerleute, die ihre Arbeit wirklich ernst nehmen.«
»Mir wird auf einmal so bang zumute«, sagte Amenardis, ohne auf Schepenupets launigen Tonfall einzugehen.
»Meinst du, wir haben wirklich die richtige Entscheidung getroffen?«
Es war das erste Mal, dass Schepenupet solche Worte von ihrer Nichte hörte. Ein Stück entfernt konnte sie Montemhet eingekeilt in einer Menschentraube sehen. Nickte er ihr heimlich zu? Ihre Augen waren zu schwach, um es eindeutig zu entscheiden. Sie machte eine Handbewegung, die er als Gruß betrachten konnte.
»Es gibt kein Zurück«, sagte sie und schob die leise Warnung beiseite, die in ihrem Herzen erklang. »Psammetich wird nicht länger zögern, den Thron zweier Länder zu besteigen.
Und seine Nitokris machen wir heute zu unserer geliebten ältesten Tochter.«
»Ist das der Preis für ein geeintes Kernet?«
»Auf jeden Fall ist es der Preis für die Freiheit Wasets«, erwiderte Schepenupet. »Und ich finde, wir sind dabei noch glimpflich weggekommen.«
»Ein hoher Preis«, beharrte Amenardis. »In der Adoptionsurkunde überschreibst du ihr praktisch deinen gesamten Besitz: Ländereien, Schiffe, die regelmäßigen Lieferungen des hiesigen Tempels und anderer Gotteshäuser .«
». und bekomme durch ihre Mitgift ein Vielfaches wieder zurück. Was übrigens alles ausnahmslos unter deine Verwaltung fällt, sobald ich einmal nicht mehr bin. Die Stellung der >Gottesgemahlin des Amun< wird stabiler sein denn je. Was stört dich daran, Amenardis?«
»Ich weiß es nicht.« Das schmale, gütige Gesicht sah plötzlich ganz unglücklich drein. »Ich habe auf einmal Angst, Tante, große Angst. Wir waren uns immer so nah, auch ohne viele Worte. Aber dieses Mädchen aus dem Delta ist eine Fremde.«
»Dann lass uns alles tun, dass sie bald heimisch bei uns wird! Schon wegen dieser Männer dort drüben, die sich das Gegenteil wünschen.« Schepenupet wies mit dem Kinn in Richtung der Priester, die sich ganz vorn aufgebaut hatten.
»Soll Horachbit nur weiterhin glauben, die Ankunft der kleinen Saitin sei einzig und allein seinen Intrigen zu verdanken! Solange er sich als Sieger fühlt, wird er uns wohl in Ruhe lassen.«
»Bist du dir da ganz sicher, Tante?«
Ein Ruck ging durch die Menge. Jubelrufe wurden laut, als die fremde Barke anlegte.
»Worauf wartest du noch, Amenardis? Geh und begrüße unsere neue Tochter!«, sagte Schepenupet.
Leichtfüßig verließ die junge Frau das schwankende Gerüst und fing unter allgemeinem Applaus das Schiffstau auf, um es an einem Pfosten festzumachen. Planken wurden ausgelegt, und an der Hand des Vorstehers des Oleandergaues, General Tef-nacht, kam Nitokris ans Ufer. Amenardis ging ihr langsam entgegen.
»Sei gegrüßt, Tochter Psammetichs«, sagte sie. »Die Stadt Amuns erwartet dich mit offenen Armen. Lass uns eintreten in den Tempel, um den Vater der Götter und all seine göttlichen Kinder zu lobpreisen!«
Das Mädchen, um einiges größer, als sie erwartet hatte, schaute sie ernst an. »Und du?«, sagte sie leise. »Erwartest du mich auch mit offenen Armen?« Sie hatte eine hohe
Stirn, schmale Lippen und eine kantige Nase. Ihre Stimme war hoch, die Augen aber, tief liegend unter dichten Brauen, verrieten Skepsis und frühe Reife.
Amenardis war zu überrascht, um sofort zu antworten. Stattdessen umarmte sie Nitokris.
»Klug von dir«, flüsterte das Mädchen an ihrer Wange, »und geistesgegenwärtig reagiert! Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als miteinander auszukommen.«
Hand in Hand gingen sie zu Schepenupet, die auf dem Podest thronte. Sie trug ein weites, grünlich schimmerndes Festgewand und balancierte auf dem Kopf mit großer Anmut ihren Kultschmuck mit dem goldenen Geierkopf und den bunten Federn.
»Wie eine Königin spielt sie sich auf«, flüsterte Irti giftig, »dabei ist sie nur die Magd Gottes, die ihr Sistrum zu schütteln hat!«
»>Herrin des Lebens<, so nennt sie sich jetzt großspurig in einigen Urkunden«, wusste Harwa beizusteuern. Seitdem ihm Gerüchte zu Ohren gekommen waren, dass die
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