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Isola - Roman

Isola - Roman

Titel: Isola - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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hatte, und vielleicht war es das, was mich sofort zu ihm hinzog. Obwohl … nein. Ich glaube, was mich von der ersten Sekunde an zu ihm hinzog, war etwas anderes. Es lag in seinem Lächeln und ich kannte es, ich kannte es so verdammt gut. In seinem Lächeln lag Einsamkeit.
    Ich tat etwas, was ich bisher nie getan hatte. Ich lächelte zurück.
    Dann beugte sich das Gesicht des Jungen wieder über die Zeitschrift.
    »Siehst du?«, sagte Elfe triumphierend. »Ich wette, da haben wir schon Nummer vier.« Sie kicherte. »Ich glaub, der mochte dich. Zumindest wirkt er nicht so arrogant wie die blonde Zicke. Komisch … « Elfe drehte sich noch einmal zu dem Jungen um. »Irgendwie kommt er mir bekannt vor. Komm, wir fragen ihn, ob er dabei ist.« Elfe zog mich am Ärmel, aber ich schüttelte den Kopf.
    »Lass mal. Ich brauch ein bisschen Ruhe. Hab nicht viel geschlafen letzte Nacht.«
    »Ooch … « Elfe zog eine Flunsch. »Aber halt mir den Platz frei, okay?«
    Dann rauschte sie zu dem Jungen hinüber. Ein paar Sekunden später drang ihre helle Stimme an mein Ohr.
    Ich schloss die Augen.
    Die Maschine hatte die Lufthöhe erreicht und der Pilot meldete sich mit ersten Informationen zum Flug. Wir würden in São Paulo zwischenlanden und am nächsten Morgen um sechs Uhr brasilianischer Zeit in Rio de Janeiro ankommen.
    Hitze stieg in mir auf, eine unangenehme, kribbelnde Hitze, die ich fast nicht aushalten konnte. Ich angelte meinen Rucksack zwischen meinen Füßen hervor und öffnete ihn.
    Die weiße Kerze.
    Das Feuerzeug.
    Das Foto von Esperança.
    Das waren die drei Dinge, die ich mit auf die Insel nehmen würde.

Zwei
    ICH HÄTTE weglaufen können. Noch heute spukt dieser Gedanke oft durch meinen Kopf. Ich hätte mich heimlich von der Gruppe entfernen können, genügend Gelegenheiten hatte es gegeben; in Rio am Flughafen, auf dem Weg zu den Wagen, die uns nach Angra dos Reis brachten, oder am Hafen, kurz bevor wir ins Boot stiegen und zur Insel fuhren. Aber hätte das etwas geändert? Hätte Tempelhoff mich suchen lassen und wäre das Projekt dann womöglich abgebrochen worden? Wäre vielleicht kein Blut geflossen? Es ist so sinnlos, sich diese Fragen zu stellen, mein Verstand weiß das. Aber die Fragen wissen es nicht. Sie kommen – ohne vorher anzuklopfen und sich zu erkundigen, ob es gerade passt. Sie wollen, dass man sich mit ihnen beschäftigt, egal, zu welcher Zeit sie aufkreuzen. Ich habe mir angewöhnt, sie gut zu behandeln. Ich antworte ihnen, dass ich es nicht weiß. Manchmal sage ich ihnen auch, dass ich es nicht glaube. Es hätte nichts geändert. Vielleicht hätte es jemand anderen getroffen und vielleicht – oder sogar wahrscheinlich – wäre alles noch schlimmer gekommen, wenn ich weggelaufen wäre. Das beruhigt sie dann immer ein wenig.
    Tatsache ist, dass der Gedanke, mich von der Gruppe zu entfernen, vor dem Anflug auf Rio da war.
    Als über unseren Köpfen die Anschnallzeichen aufleuchteten und der Kapitän die Landung ankündigte, flüsterte eine Stimme in mir: Du kannst gehen. Du bist hier und gleich kannst du gehen. Du kannst die Telefonnummer auf der Rückseite von Esperanças Foto wählen, und wenn du Glück hast, bist du am Ziel. Wenn du Glück hast, bist du bei Esperança.
    Warum habe ich es nicht getan?
    Auf diese Frage gibt es nur eine Antwort: Ich konnte nicht.
    Unzählige Male hatte ich mir diesen Moment ausgemalt, aber auf das, was ich empfand, als es endlich so weit war, hatte mich nichts vorbereiten können.
    Ich saß noch immer allein. Elfe hatte ich während des zwölfstündigen Fluges nicht mehr zu Gesicht bekommen und trotz der drei Spielfilme, die ich mir auf dem kleinen Monitor über meinem Sitz angeschaut hatte, war die Zeit quälend langsam verstrichen.
    Jetzt ging plötzlich alles so schnell – viel zu schnell. Die Maschine sackte ruckartig tiefer und ich musste schlucken, um den schmerzhaften Druck in meinen Ohren auszugleichen. Aber viel mehr machte mir der Druck zu schaffen, der auf meiner Brust lastete. Wir waren unter die weiße Wolkendecke gesunken, die uns wie ein dichter Vorhang von der Erde getrennt hatte, und es kostete mich körperliche Überwindung, meinen Blick zum Fenster zu richten. Als ich in die Tiefe sah, schob sich hinter dem Zuckerhut gerade die Sonne hervor. Ein rosafarbener Schimmer überzog den Himmel und die Wolken sahen aus, als ob sie Feuer fingen. Sie begannen zu glühen, erst an den Rändern, dann durch und durch, bis sie voller Licht und Wärme

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