Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten
und Herausforderungen annimmt, weil sie sich für alles zu schwach und insgesamt hilfsbedürftig fühlt. Der alternde Pubertäre, der unernst herumspielt, es »leicht« haben will und Kritik und Anforderungen scheut wie der Grundschüler die Hausaufgaben.
Die meisten Eltern machen sich heute viele Gedanken darüber, wie ihre Kinder auf gesunde Weise erwachsen werden können. Ebenso sollten wir uns Gedanken darüber machen, wie unsere Liebe auf gesunde Weise reifen und reicher und erfüllter werden kann, statt steckenzubleiben, starr zu werden, jede Lebendigkeit zu verlieren und schließlich vorzeitig zu sterben.
Manche Eltern negieren die Krisen ihrer Kinder und erschweren es ihnen dadurch, sich selbst anzunehmen. Ebenso ist es für eine Partnerschaft notwendig, die Krisen anzuschauen, zu akzeptieren, für den eigenen Anteil geradezustehen und sie gemeinsam zu bewältigen.
Wie kann dieses Buch dabei helfen? Es hilft, Schritt für Schritt aus der Krise zu gehen. Unmerklich fast, indem ein Kapitel nach dem andern durchgearbeitet wird, verändert sich die Frau, der Mann, verändert sich die Partnerschaft, und mit einem Mal ist wieder Nähe da, Intimität, auf eine tiefere Weise.
Bis vor kurzem beschäftigten sich Paartherapeuten vor allem mit der neurotischen Verstrickung in der Partnerschaft. Es wirkte, als wäre Liebe ohne Neurose gar nicht möglich. Jeder Mensch hat entsprechend dieser Auffassung seine neurotische Störung, also auch alle Beziehungen zwischen
Menschen. Wovon die Unmenge an Leid und Destruktion in Partnerschaften ja auch Zeugnis ablegt. Seit einiger Zeit nun wird etwas anderes praktiziert: Die positive Psychologie setzt sich zwar auch mit destruktiven Mustern auseinander, aber sie sucht vor allem nach positiven Ansätzen, wie Menschen, wie Liebesbeziehungen glücklich gestaltet werden können.
So weiß man heute durch eine Unzahl von Untersuchungen, was das Strickmuster derjenigen Paare ist, die nicht nur zusammen-, sondern glücklich zusammenbleiben. Man weiß, dass diese Paare nicht im Geringsten von Krisen verschont wurden, oft wurden gerade sie durch heftige »außerplanmäßige« Krisen wie Krankheit, Arbeitslosigkeit, Tod eines Angehörigen geschüttelt, aber sie haben sie auf konstruktive Weise gemeistert. Ebenso wurde in der Glücksforschung herausgefunden, dass nicht die Menschen besonders glücklich sind, die es besonders leicht haben, die keine Rückschläge, keinen Kummer, kurz keine Krisen erlebt haben, sondern diejenigen, die diese Krisen als Herausforderung zum Wachstum angenommen und bewältigt haben. Konstruktiv also.
Konstruktiv?
Wie soll das gehen, wenn er mich betrogen hat, wenn sie nach der Geburt der Kinder vergessen zu haben scheint, dass sie auch noch einen Mann hat (beides geht auch umgekehrt), wenn einer schwer krank ist, Hartz IV droht usw.? Gar nicht so einfach. Eine Krise schüttelt alles durcheinander. Danach ist nichts mehr, wie es vorher war. Keine Rolle passt mehr, alle Sicherheiten sind flöten gegangen.
Zuerst einmal: Erkennt sie an.
Du hast dieses Buch gekauft, geliehen, liest es jetzt. Also hast du den ersten Schritt zur Anerkennung der Krise getan.
Paare, die zu mir in Therapie kommen, tun dies aufgrund einer Krise. Oft aber können sie das Problem in der Tiefe nicht erkennen: Wir haben ein Kommunikationsproblem,
sagen sie. Wir müssen nur lernen, wieder miteinander zu reden. Und dann lasse ich sie miteinander reden und greife ein, wenn es in destruktive Muster abdriftet. Kommunikationsregeln zu lernen ist nicht sehr kompliziert. Es ist ein bisschen wie stricken lernen, alles läuft auf eins links, eins rechts hinaus. Du sprichst, ich spreche, wir hören einander zu und teilen uns mit, was wir verstanden haben. Dann fragen wir nach. Das ist einfach. Das tun alle Verliebten. Sie sprechen und sprechen und fragen und antworten, und sie werden immer verliebter und immer glücklicher dabei. Niemand hat vorher ein Kommunikationsseminar für Verliebte besucht. Niemand!
Das Problem ist, miteinander zu sprechen, wenn einem übel dabei wird vor Schmerz, wenn der Bauch drückt und man meint, sich in die Hose zu machen vor Entsetzen, wenn die Worte in der Kehle steckenbleiben vor Angst, der andere würde auf der Stelle tot umfallen, wenn man sie sagt, oder wenigstens sofort die Beziehung kündigen.
Wir haben ein Kommunikationsproblem, sagte zum Beispiel ein Paar, das zu mir kam. Lisa, 34 . Henning, 34 . Zwei kleine Kinder, noch nicht schulreif. Henning und Lisa
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