Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten
Freunde kennen, aber immer, wenn sie über ihre Gefühle sprach, sagte er, er wisse nicht, ob er sie wirklich liebe. Er sei so verletzt worden, das wolle er nicht noch einmal riskieren. Bei dieser Haltung blieb er, als sie schwanger wurde. Sie ließ abtreiben und wollte sich trennen. Da wurde er aktiv, warb um sie, aber als sie sich entschied, bei ihm zu bleiben, zog er sich bei dem kleinsten Streit wieder zurück und sagte, er müsse sich schützen.
Erst als sie ein Kind miteinander bekommen hatten und sie entschied, nun nicht länger darauf warten zu wollen, ob er sich wirklich zu ihr bekennen würde, sagte er ihr, dass er sie liebe. Doch immer, wenn es Streit gab, verschloss er sich wieder.
Sie liebte alles Helle, Warme an ihm, all seine Talente und Fähigkeiten, die er selbst verkümmern ließ, weil er auch da das Risiko des Scheiterns scheute. Irgendwann aber fühlte sie sich zu allein neben ihm und verließ ihn. Allerdings nicht, ohne ihn vorher immer und immer wieder beschworen zu haben, aktiver zu werden und Konflikte aushalten zu lernen. Als sie sich von ihm trennte, warf er ihr vor, dass sie ihn verlassen und unglücklich gemacht habe.
Von ihm getrennt begriff sie allmählich, dass es nichts mit ihr zu tun gehabt hatte, wenn er sich zurückzog, dass er einfach viel Angst hatte, etwas falsch zu machen.
Beate stellte fest, dass das, was sie mit Felix entwickelt hatte, fünfzehn Jahre Beziehung mit vielen Aufs und Abs, nicht durch eine neue Liebe mit Aufregung und Abenteuer und Sex ersetzbar war. Also raffte sie ihren Mut zusammen und schlug ihm einen neuen Anfang vor. Sie wollte mit ihm gemeinsam um ihre Liebe kämpfen. Er antwortete, er liebe sie zwar auch, aber er habe zu viel Angst, es noch einmal zu wagen. Er wolle nicht noch einmal so verletzt werden.
Sie hatte in dem Jahr der Trennung vieles gelernt, auch dass sie selbst andere verletzen konnte, wie verwöhnt sie manchmal gewesen war, wie selbstverständlich sie vieles genommen hatte, was Felix für sie getan hatte und wie wenig selbstverständlich seine Fürsorge, seine Ehrlichkeit, seine Zärtlichkeit gewesen war. Also warb sie wieder wie am Anfang um seine Herzensöffnung. Sie war nun sogar bereit, das Risiko einzugehen, dass er sich wieder zurückziehen würde, wenn es Streit gäbe. Sie bat ihn inständig, das Risiko einzugehen, verletzt zu werden. Denn ihn nie zu verletzen konnte sie bei aller Liebe nicht garantieren. Er lehnte ab.
Beate ist inzwischen eine neue Beziehung eingegangen. Die ist auch nicht perfekt, sie muss viele Abstriche machen, und oft denkt sie wehmütig an die innigen Zeiten mit Felix zurück. Manchmal treffen sie sich, sie sind wenigstens Freunde geblieben und auch gute gemeinsame Eltern, dann greift er nach ihrer Hand und sagt, wie schön sie sei, und ihr geht das Herz auf. Aber wenn sie sagt: Versuchen wir’s noch mal!, antwortet er: Ich will nicht noch mal verletzt werden.
Er sucht eine Frau. Kurze Zeit hatte er eine Affäre, aber das war von beiden Seiten halbherzig. Bis jetzt hat er noch keine Liebe gefunden. Und Beate sagt: Es kann nur eine sein, die so beharrlich um seine Herzensöffnung kämpft, wie ich es getan habe.
Bedauerlich, aber so ist es: Wer sich vor Verletzung schützt, wagt die Liebe nicht.
Nele, eine hübsche junge Frau, ist ständig damit beschäftigt, an ihrem Äußeren etwas zu verändern. Sie pierct sich, ist tätowiert, färbt ihre Haare, geht ins Sonnenstudio, hat sich von einem blonden, blassen Typ in eine schwarzhaarige Frau mit südländischem Aussehen verwandelt. Sie mag sich nicht leiden, mäkelt ständig an sich herum.
Ihr Freund will sie nur am Sonntag treffen, dann haben sie Sex und sehen gemeinsam fern. Ihr Freund geht allein in Discos, chattet mit Frauen im Internet, hat intensiven Kontakt zu seinen früheren Freundinnen. Nele traut sich nicht, mit ihm ein offenes ehrliches Gespräch zu führen, in dem sie ihm von ihren Wünschen an eine Beziehung erzählt und dass sie so nicht glücklich ist. Sie wagt nicht, das Risiko einzugehen, dass er dann Schluss machen könnte. Sie wagt nicht, das Risiko einzugehen, dass er Ja zu ihren Bedürfnissen sagen könnte. Sie wagt nicht, das Risiko einzugehen, eine Abfuhr zu bekommen. Sie wagt nicht das Risiko, sie selbst zu sein. Stattdessen geht sie das Risiko ein, dass sich nichts ändert.
Es ist nicht immer das Risiko der Herzöffnung, das vermieden wird. Es ist auch das vermiedene Risiko der Grenzziehung, der Bedürfnisäußerung, des
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