Italienische Novellen, Band 1
desto mehr einzuschläfern und an etwaiger Flucht zu hindern, Hoffnung gemacht hatte, seine Gemahlin wieder mit ihm zu vereinigen. Von dieser eitlen Hoffnung erfüllt und von heute auf morgen lebend blieb er über ein Jahr in Mailand.
Während dieser Zeit trug es sich zu, daß einer der Hauptleute der fremden Kriegsvölker, die damals im Herzogtum Mailand lagen, diese ganze Geschichte unserem Delio erzählte und ihn überdies versicherte, es sei ihm zwar aufgetragen worden, diesen Bologna zu ermorden; da er aber andern zu Gefallen nicht zum Schlächter werden möge, so habe er ihn auf eine gute Art warnen lassen, ihm nicht in den Weg zu kommen, und ihm auch die Nachricht mitgeteilt, daß seine Frau mit den Kindern und der Kammerfrau ganz gewiß schon erwürgt worden seien. Als Delio eines Tages bei Frau Ippolita Bentivoglia war, schlug Bologna eben die Laute und sang dazu ein rührendes Lied, das er über sein Unglück selbst gedichtet und in Musik gesetzt hatte. Als Delio, der ihn bisher nicht gekannt hatte, erfuhr, daß er der Gemahl der Herzogin von Main sei, wurde er von solchem Mitleiden mit ihm ergriffen, daß er ihn beiseite rief, ihn des Todes seiner Gemahlin versicherte und ihm eröffnete, er wisse gewiß, daß in Mailand Mörder für ihn gedungen seien. Er dankte Delio und sagte zu ihm: »Ihr seid falsch berichtet, Delio: denn ich habe Briefe aus Neapel von meinen Freunden, die mir versichern, der Staat werde in kurzem meine Güter wieder herausgeben, und auch von Rom aus habe ich gute Hoffnung, der erlauchte und hochwürdige Kardinal zürne mir nicht mehr so sehr, und noch weniger sein Bruder, und ich werde meine geliebte Gemahlin unfehlbar wiederbekommen.«
Delio durchschaute die List, womit man ihn umstrickt hatte, sagte ihm, was ihm zweckmäßig schien, und ging von dannen. Diejenigen, die ihn zu töten suchten, sahen am Ende ein, daß sie ihren Zweck mit ihm durch den Kriegsmann, den sie zu seinem Morde angestiftet hatten, nicht erreichen würden, weil er seinen erhaltenen Auftrag ziemlich lässig behandelte, und vertrauten sich einem andern Hauptmanne aus der Lombardei an, den sie zu der Untat, die sie ihm zur Pflicht gemacht hatten, aufs ernstlichste anfeuerten. Delio hatte dem Herrn L. Scipione aus Attella den ganzen bisherigen Verlauf der Geschichte erzählt und sagte, er wolle sie in seine Novellensammlung aufnehmen, da er doch gewiß wisse, daß der arme Bologna werde ermordet werden. Als L. Scipione und Delio eines Tages in Mailand bei dem großen Kloster sich zufällig begegneten, kam eben Bologna auf einem ausgezeichnet schönen spanischen Pferde heran auf dem Wege nach San Francesco zur Messe, vor ihm her zwei Diener, von welchen der eine eine Speerwaffe, der andere die Stundengebete Unserer Lieben Frau in der Hand hatte.
Delio sagte sogleich zu dem Attellanen: »Das ist Bologna!«
Dem Attellanen aber kam es vor, als sei Bologna ganz verstört im Gesichte, und er sagte zu ihm: »Bei Gott, er täte besser, in seiner schlimmen Lage statt des Gebetbuchs sich noch eine zweite Lanze voraustragen zu lassen.«
Der Attellane und Delio waren nun noch nicht bis zu San Giacomo gelangt, als sie einen großen Lärm hörten; denn Bologna war noch nicht bis San Francesco gekommen, so ward er von dem Hauptmann Daniele von Bozolo mit drei wohlbewaffneten Spießgesellen angefallen und mit einem ihm den Leib durch und durch bohrenden Stiche elendiglich getötet worden, ohne daß ihm irgend jemand hätte Hilfe leisten können. Diejenigen aber, die ihn nach ihrer Gemächlichkeit umgebracht hatten, zogen nach vollbrachter Tat ungehindert ihres Wegs weiter, und es dachte kein Mensch daran, sie darum etwa auf dem Rechtswege zu verfolgen.
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